Darts-WM 2025: Endlich wurde auch der „Big Fish“ aufgetischt, der deutsche WM-Debütant serviert ebenfalls allererste Sahne und zum Abschluss das epische Drama
Das erste Match des Abends bestritten der US-Amerikaner Stowe Buntz und Nick Kenny. Der Waliser, der bei der German Darts Championship 2024 sowohl Ross Smith als auch dem Titelverteidiger Ricardo Pietreczko das Fürchten lehrte, sprich beide aus dem European Tour Event warf, konnte sich über die ProTour erst auf den letzten Drücker für die diesjährige WM qualifizieren. Stowe Buntz hatte sich letztes Jahr in die Herzen der Zuschauer gespielt, dabei half ihm nicht nur sein verbindliches Auftreten, sondern auch die Tatsache, dass er sich in Sachen Outfit (und möglicherweise auch sonst), Peter Wright zum Vorbild genommen hat.
Stowe Buntz hatte das Ausbullen für sich entschieden, aber Nick Kenny nahm ihm gleich zu Beginn mit dem 13-Darter (135 – 60 – 164 – 102 – 40), den Anwurf ab, 1:0. Obgleich ihm der Gegner knapp auf den Fersen war, verwandelte der Waliser im zweiten Durchgang seinen vierten Checkout-Dart und bestätigte das eben erzielte Break, 2:0. Im dritten Leg förderte Stowe Buntz mit der 180 den perfekten Set-up-Shot zutage, die verbliebene 28 löschte er mit der nächsten Aufnahme und verkürzte auf 1:2. Als der Amerikaner jedoch im vierten Durchgang zwei Breakmöglichkeiten ausließ, war für den Kontrahenten der Weg zum Satzgewinn frei. Mit zwei Treffern (16, D20) verabschiedete Nick Kenny 56 Restzähler, 1:0 in Sets. Im ersten Durchgang des zweiten Satzes hatte Nick Kenny seine erste 180 zur Verfügung, kurz darauf checkte er das 64er-Finish aus, 1:0. Ein signifikantes Ausrufezeichen setzte Nick Kenny im zweiten Leg: Triple-19, 18, Double-18, umgerechnet und zusammenaddiert ergab dies das High Finish von 111 gelöschten Zählern, erneut übernahm er das Leg des Gegners 2:0. Stowe Buntz revanchierte sich im dritten Durchgang im selben Stil und präsentierte seinerseits das High Finish, 116 (19, T19, D20). Somit hatte er postwendend das Re-Break gelandet, 1:2. Im vierten Leg versenkte Stowe Buntz zwei seiner Pfeile in der einfachen 18 und den dritten im Bullseye, es war das 86er-Finish, mit dem er das eben errungene Break bestätigte, das bedeutete Stowe Buntz hatte in diesem Satz ausgeglichen und den Decider erzwungen, 2:2. Der 45-Jährige aus in Portsmouth, Virginia, bereitete sich im Entscheidungsleg, das sein Gegenüber begonnen hatte, mit der 97 die 24 auf, doch dann genügten ihm drei weitere Versuche nicht, die verbliebene Restforderung von 24 Punkten zu begleichen. Nick Kenny probierte hingegen, 52 Rest mit Double-12 und Double-14 loszuwerden, aber nur der erste Pfeil landete im anvisierten Ziel. Insgesamt fünf Versuche benötigte er, aber dann war auch besagte Double-14 getroffen und das nächste Set eingetütet, 2:0.
Nick Kenny serviert den „Big Fish“ nach walisischem Rezept
Im ersten Durchgang des dritten Satzes entledigte sich „Nick“, der vollständig Nicholas Kenny heißt, des 64er-Finishs, mit insgesamt 15 Treffern hatte er das nächste Break eingeheimst, 1:0. Beide Akteure hatten im zweiten Leg das Maximum zur Hand, wiederum brauchte Nick Kenny nicht mehr als 15 Pfeile, um das Break abzusichern. Das 80er-Checkout eliminierte er mit Triple-20, Zehn und Double-5, der Waliser ließ heute wirklich gar nichts aus, 2:0. Mit dem gekonnten 109er-Set-up-Shot, den er mithilfe der 20, des Bullseye und der Triple-13 erzielt hatte, stellte sich Stowe Buntz im dritten Leg die 32. Beim nächsten Gang ans Oche traf er die Double-16, schon war er wieder dran am Gegner, 1:2. Aber zwischen dran sein und dran vorbeigehen, liegt halt oftmals noch eine ziemliche Wegstrecke, heute Abend lag ein ganzes Universum dazwischen. Denn während Stowe Buntz im vierten Durchgang noch auf der 238 parkte, warf Nick Kenny die Angelrute aus. Die ersten beiden „Köder“ brachte er in der Triple-20 unter, den dritten versenkte er im Bullseye. Als erster Spieler dieser WM hatte Nick Kenny den „Big Fish“ an Land gezogen, und vor allem hatte er so das Match in Style beendet. 3:0-Sieg für Nick Kenny über Stowe Buntz.
Nick Kenny | 3:0 | Stowe Buntz |
87,66 | Average | 87,26 |
3 | 180s | 2 |
170 | High Finish | 116 |
2 | 100+ Checkouts | 1 |
9/18 | Finishing | 4/13 |
Mensur Suljovic komplettierte das deutschsprachige Trio
Neben Niko Springer war heute Abend ein weiterer Protagonist aus dem deutschsprachigen Raum im Einsatz, Mensur Suljovic, der sich, nach einer gefühlten Ewigkeit mit zahlreichen Teilnahmen, letztes Jahr nicht für die WM qualifizieren konnte, war dieses Mal wieder am Start. Er bekam es mit Matt Campbell zu tun, dem Kanadier, der aufgrund seiner roten Haarfarbe, der „Ginja Ninja“ genannt wird.
Matt Campbell hatte den ersten Anwurf und präsentierte auch gleich zu Beginn das High Finish, 116 (T20, 16, D20), 1:0. Mensur Suljovic hatte im zweiten Durchgang die passende Antwort parat, das 100er-Finish, das er mit Triple-20 und Double-20 herausnahm, 1:1. 14 Darts später war Matt Campbell 56 Restpunkte losgeworden, das bedeutete für ihn die 2:1-Führung. Aber der für Österreich antretende Mensur Suljovic bereitete sich im vierten Leg den geeigneten Set-up-Shot (130) auf und landete kurz darauf das 2:2. Es ging in den Decider, den Matt Campbell beginnen durfte, doch im Grunde genommen brauchte er den Vorteil der zusätzlichen drei Pfeile gar nicht, denn er war weitaus schneller zugange als sein Kontrahent und sicherte sich souverän den Satzgewinn, 1:0. Hatte im ersten Set noch jeder seinen Anwurf relativ sicher halten können, so vermochte es Matt Campbell im ersten Durchgang des zweiten Satzes, mit dem 14 Darter, inklusive seiner zweiten 180 und eines gekonnten Set-up-Shots (133), das erste Break dieser Partie zu landen, 1:0. Mensur Suljovic hatte im zweiten Durchgang ebenfalls sein zweites Maximum zur Hand, allerdings waren ansonsten nicht genug Triple-Treffer dabei, um den Anwurf des Gegners an dieser Stelle ernsthaft gefährden zu können. Stattdessen bestätigte der Kanadier das zuvor erzielte Break und schritt 2:0 in Front. Mit seinem ersten wirklichen Highlight wartete Mensur Suljovic im dritten Leg auf: 130 – 134 – 100 – 137 (T19, T16, D16), der 12-Darter mitsamt High Finish bescherte dem 52-jährigen, der in Wien zuhause ist, das 1:2. Und als Matt Campbell im vierten Durchgang sechs Versuche nicht genügten, um den Restbetrag von 40 Zählern zu begleichen, war Mensur Suljovic da und schnappte sich das Break. Damit hatte er ausgeglichen, auch hier ging es ins Entscheidungsleg. Diesmal hatte der Österreicher Anwurf, beim sechsten Gang ans Oche, nahm er mit Triple-5, 20 und Bullseye, die 85 heraus, dies diente ihm als Vorbereitung, mit der er sich die 32 stellte. Mit dem nächsten Wurf war er auch selbige quitt, das bedeutete den Satzausgleich, 1:1.
Ausgeglichene Satzverläufe wechselten sich konsequent mit Schnelldurchgängen ab
Nicht viel Federlesens machte Matt Campbell in Satz Drei, den ersten Durchgang holte er sich mit 14 Treffern, 1:0, bevor er in Leg Zwei den 11-Darter aus dem Hut zauberte: 100 – 180 – 140 – 81, 2:0. Im dritten Durchgang benötigte er gerade mal einen Pfeil mehr, dafür packte er mit zweimal Triple-20 und Tops, noch das geniale High Finish obendrauf: 122 – 140 – 79 – 160. Im Handumdrehen hatte der 35-Jährige aus dem kanadischen Hamilton (ebenso wie das kanadische London in Ontario befindlich), das 2:1 in Sätzen eingetütet. Im ersten Durchgang des vierten Sets war die Luft ein wenig raus bei Matt Campbell, das erlaubte Mensur Suljovic vier Checkout-Versuche, bevor er die Double-4 traf, 1:0. Im zweiten Durchgang war der Wahl-Wiener, der in Anbetracht seines gleichnamigen Dartlokals (Café Gentle), „The Gentle“ genannt wird, mit dem 12-Darter zur Stelle: 100 – 180 – 125 – 96, es war das Break zum 2:0. Aber Matt Campbell, dessen rote Bartpracht ein wenig an einen kanadischen Weihnachtsmann erinnerte, revanchierte sich im darauffolgenden Leg mit unverzüglichem Re-Break, 1:2. Den vierten Durchgang begann er mit der 180, kurze Zeit später hatte er auch das 71er-Finish mit Triple-13 und Double-16 gelöscht, somit war auch hier der Ausgleich wieder hergestellt und der Decider erzwungen, 2:2. Mensur Suljovic begann das Entscheidungsleg mit der 134, das war schon mal ein ordentlicher Start. Mit insgesamt 16 Treffern ließ sich der Österreicher das Leg auch nicht mehr nehmen, bei den Sätzen war damit ebenfalls wieder alles ausgeglichen, 2:2. Es ging in den Entscheidungssatz, in dem Matt Campbell, ähnlich wie im dritten Set, kurzen Prozess mit seinem Gegner zu machen verstand. Im ersten Leg hatte er einen derart großen Vorsprung, dass er sich fünf Checkout-Versuche locker leisten konnte, 1:0. Auch im zweiten Durchgang musste er ein zweites Mal ans Oche treten, um das Checkout zu vollenden, das Anwurfleg des Gegners konnte er sich trotzdem mühelos schnappen, denn Mensur Suljovic verfehlte ein ums andere Mal die Doppelfelder, 2:0. Und das dritte Leg holte sich der Kanadier dann wieder stilvoll: 140 – 132 – 140 – 89. Das war nicht nur der exzellente 12-Darter, obendrein hatte er das Match mit dem Bullseye-Finish über die Ziellinie getragen. 3:2 für Matt Campbell über Mensur Suljovic, dessen WM-Reise an dieser Stelle beendet war.
Matt Campbell | 3:2 | Mensur Suljovic |
93,31 | Average | 88,44 |
4 | 180s | 4 |
160 | High Finish | 137 |
2 | 100+ Checkouts | 2 |
13/34 | Finishing | 8/25 |
Der nächste deutsche Hoffnungsträger stand in den Startlöchern
Die Frequenz des Pulsschlags ging nach oben, Darts Deutschland blickte in besonders freudiger Aufregung nach London, der Auftritt von Niko Springer stand an. Und Niko Springer wurde den Erwartungen bereits im ersten Satz mehr als gerecht. Scott Williams hatte das Ausbullen für sich entschieden, musste aber im ersten Durchgang befürchten, dass die Triple-Segmente irgendwo verschütt gegangen sind. Zumindest fanden seine Pfeile den Weg dorthinein so gut wie nicht. Auf der anderen Seite hatte sich Niko Springer mit der ersten 180 dieser Partie den perfekten Set-up-Shot serviert und 28 Restpunkte stehengelassen. Beim nächsten Gang ans Oche versenkte er seine Pfeile allerdings in der einfachen 14, der Sieben und der Elf, daraus resultierte eine klare Ansage des Callers: „No Score!“ Aber Scott Williams, der sich zwischenzeitlich auf die 110 herunter gearbeitet hatte, wurde nur 58 Zähler los. Das öffnete die Tür für Niko Springer wieder mehr als einen Spalt breit, der traf die Double-14 und ging mit 1:0 in Führung. Im zweiten Durchgang verpasste der Deutsche zwar das 88er-Finish, aber auch die verbliebene 24 wurde er noch quitt, damit hatte er das zuvor errungene Break abgesichert und schritt 2:0 vorneweg. Im dritten Durchgang war Niko Springer nur ein My weit davon entfernt, die Sensation perfekt zu machen und den zweiten „Big Fish“ des Tages zu ziehen. Aber der dritte Pfeil schrammte um Haaresbreite am Bullseye vorbei, knapper konnte man das zentrale 50er-Segment nicht verpassen. Das konnte den deutschen WM-Debütanten aber keineswegs aus der Fassung bringen, die verbliebene 25 löschte er bei der nächsten Aufnahme mit zwei Pfeilen (9, D8), mit insgesamt 15 Würfen hatte der gebürtige Mainzer den ersten Satzgewinn zu Null verankert, 1:0.
Was der WM-Debütant hier ablieferte, war regelrecht Weltklasse, aber würde es auch für den Sieg reichen?
Im ersten Durchgang des zweiten Sets hatten beide Protagonisten das Maximum zur Verfügung, diesmal war es Scott Williams, der nur 15 Würfe benötigte, um das Break sicherzustellen, damit war auch der Etabliertere der beiden Spieler auf der Leganzeigengrafik gelandet, 1:0. Im zweiten Durchgang verpasste Niko Springer äußerst unglücklich das Bullseye-Finish, denn beim Stand von 80 Restpunkten war sein erster Pfeil in der einfachen Fünf gelandet, den zweiten brachte er im 25er-Segment unter, doch als er mit dem dritten das mittige Bullseye anvisiert hatte, kollidierte der Dart mit dem anderen und fiel zu Boden. Das erlaubte dem Gegner einen weiteren Gang ans Oche, der Engländer nahm das 59er-Finish heraus und bestätigte das eben errungene Break, 2:0. Im dritten Leg war es Scott Williams, der nur knapp das 138er-Finish verpasste und somit dem Kontrahenten eine weitere Möglichkeit zum Checkout gestattete. Auch Niko Springer wusste aus dieser Gelegenheit Kapital zu schlagen, radierte die 32 aus und fand in diesem Set den Anschluss, 1:2. Obgleich der 24-Jährige mit dem Spitznamen „Meenzer Bub“ im vierten Durchgang seine nächste 180 ablieferte, ließ sich sein Gegenüber den Leggewinn nicht entgehen, nach insgesamt 15 Treffern hatte er auch das 78er-Finish ausgemacht, was den Satzausgleich nach sich zog, 1:1. Im ersten Durchgang des dritten Sets verpasste Niko Springer das 161er-Finish abermals nur um Haaresbreite, bekam diesmal jedoch keine weitere Gelegenheit, um auch die übriggebliebene 25 zu eliminieren. Scott Williams entledigte sich der 56, mit insgesamt 15 Pfeilen hatte er die 1:0-Führung ergattert. Beide Spieler malträtierten weiterhin das Triple-20-Segment ohne Unterlass, es hagelte schier eine 180 nach der anderen. Niko Springer gelang im zweiten Durchgang der nächste herausragende 12-Darter mitsamt High Finish: 77 – 180 – 134 – 110 (20, T18, D18), 1:1. Man musste regelrecht die Luft anhalten, um keinen wichtigen Moment zu verpassen. Im dritten Leg wieder die 180 auf beiden Seiten und wieder das verpasste Bullseye-Finish von Niko Springer, der 15-Darter gereichte Scott Williams derweil zum 2:1. Der 34-Jährige aus Boston, wohlgemerkt aus dem englischen Boston, welches sich in der Grafschaft Lincolnshire befindet, servierte sich im vierten Durchgang die 180 als perfekten Set-up-Shot, für die verbliebene 30 stellte Scott Williams um, manövrierte seinen ersten Pfeil diesbezüglich in die einfache 14 und der zweite landete in der Double-8. Das bedeutete die 2:1-Satzführung für den Engländer mit dem Nickname „Shaggy“.
Wenn er nur nicht so viele Möglichkeiten auf Doppel ausgelassen hätte …
Im ersten Leg des vierten Sets bereitete sich Niko Springer mit der 92 die 32 auf, den nächsten Wurf navigierte er in die Double-16, 1:0. Doch in Durchgang Zwei ließ der Deutsche einen Versuch auf die Double-16 liegen, was ihm das 140er-Finish verdarb. Dadurch konnte Scott Williams sein begonnenes Leg mit dem 60er-Checkout, doch noch über die Ziellinie retten, 1:1. Auch im dritten Durchgang verpasste Niko Springer einen Wurf aufs Doppel, hier war es das „Shanghai Finish“, das ihm dadurch durch die Lappen ging. Aber diesmal bekam er nochmal die Möglichkeit, ans Oche zurückzukehren, versenkte den nächsten Pfeil in der Double-10 und eilte wieder in Front, 2:1. Ins vierte Leg startete Niko Springer mit dem nächsten Maximum, das wusste Scott Williams jedoch zu toppen. Der Engländer, der letztes Jahr an gleicher Stelle mit Siegen über Haruki Muramatsu, Danny Noppert, Martin Schindler, Damon Heta und Michael van Gerwen, das Halbfinale erreicht hatte und hier erst krachend am späteren Sieger Luke Humphries gescheitert war, begann mit sechs perfekten Darts. Der Ally Pally war bereit für den nächsten Neun-Darter, aber der siebte Wurf, bei dem er, in seiner ihm ureigenen Manier, die Triple-16 anvisiert hatte, landete nur im einfachen 16er-Segment. Letztendlich wurde es der 14-Darter, mit dem er das 2:2 ausmachte. Auch hier war der Decider gefragt, den Niko Springer abermals mit dem Maximum begann. Aber Scott Williams packte nochmals den 13-Darter aus: 140 – 100 – 180 – 59 – 22, mit dem Treffer in der Double-11 hatte er Break, Set und Match besiegelt. Niko Springer hatte ein herausragendes WM-Debüt gezeigt. Außer, dass er womöglich die eine oder andere Doppelchance zu viel hergegeben hat, konnte er sich kaum etwas vorwerfen. Das Scoring war Weltklasse, mit 98,92 Punkten lag der Deutsche im Average sogar noch über seinem Bezwinger, (Scott Williams 96,24). Wie gesagt, an der Checkout-Quote lässt sich feilen, aber für einen Premierenauftritt im Ally Pally war die Gesamtperformance allererste Sahne. Die Enttäuschung über die Niederlage per se mag groß gewesen sein, enttäuscht hat Niko Springer jedoch keineswegs.
Scott Williams | 3:1 | Niko Springer |
96,24 | Average | 98,92 |
9 | 180s | 7 |
78 | High Finish | 110 |
0 | 100+ Checkouts | 1 |
9/22 | Finishing | 7/30 |
„Bully Boy“ versus „Hawk Eye“ – ein episches Drama in fünf Akten
Dass sich massivste Aufregung noch steigern lässt, bewiesen Michael Smith und Kevin Doets im abschließenden Duell des Abends. Nach relativ schleppendem Beginn hatte Michael Smith im ersten Durchgang seinen Anwurf gehalten und war mit 1:0 in Führung gegangen. Kevin Doets, der den bezeichnenden Nickname „Hawk Eye“ trägt, begann den zweiten Durchgang, war zunächst auch ausgezeichnet unterwegs, doch nach Aufnahmen von 140, 99, 180 und 62 gelöschten Punkten, überwarf er sich beim Versuch, auch die verbliebene 20 loszuwerden und musste abwarten, ob er nochmal eine Chance bekam. Auf der anderen Seite wurde Michael Smith der 129 jedoch auch nicht mit einer Aufnahme Herr, der Niederländer durfte also nochmal ran. Déjà-vu, wieder landeten zwei seiner Pfeile in der einfachen Zehn und der Fünf, nur der dritte war diesmal im Aus verschwunden. Ein weiteres Mal ließ sich der Weltmeister von 2023 nicht bitten, er versenkte den ersten Pfeil in der Double-20, 2:0. Auch im dritten Durchgang ließen beide Akteure zahlreiche Versuche aufs Doppel liegen, Michael Smith machte den entscheidenden Fehler weniger, was ihm die 1:0-Satzführung einbrachte.
Als der Niederländer die anfängliche Nervosität abgelegt hatte, fing auch für ihn das Spiel an
Kevin Doets gelang es im ersten Durchgang des zweiten Sets, sich nach 15 Würfen auch den verbliebenen 82 Restpunkten zu entledigen, damit war er nicht nur auf der Leganzeigentafel, sondern auch endgültig im Match angekommen, 1:0. Im zweiten Leg hatte sich Michael Smith mit 96 eliminierten Zählern, Tops gestellt, doch dann wollte es ihm nicht gelingen, mit sechs Darts in der Hand auch nur ein einziges Feld, geschweige denn das entsprechende Doppel zu treffen. Alle sechs Würfe landeten im Aus, das öffnete Kevin Doets Tür und Tor. Der hatte ewig Zeit, das Break zu finalisieren und irgendwann landete der 21. Dart auch in der Double-10, was das 2:0 für ihn bedeutete. Erst im dritten Durchgang des besagten Satzes war der „Bully Boy“ imstande, seine erste 180 ins Board zu hämmern, kurz darauf hatte er zudem einen starken Set-up-Shot zur Verfügung: 95 – 180 – 85 – 133 – 8, der 13-Darter ermöglichte ihm das umgehende Re-Break, 1:2. Kevin Doets beantwortete dies im darauffolgenden Durchgang mit einer nicht minder aussagekräftigen Ansage: 177 – 140 – 94 – 90. Das war der 11-Darter, der ihm das erneute Break und vor allem den Satzausgleich bescherte, 1:1. Michael Smith war darum bemüht, gleich zu Beginn des dritten Sets, seinerseits ein weiteres Ausrufezeichen zu setzen, aber das 156er-Finish scheiterte an der Double-18. Da der Gegner in diesem Moment noch auf der 228 verweilte, wurde der 34-Jährige aus St Helens die verbliebene Restforderung von 18 Zählern trotzdem noch quitt, 1:0. Im zweiten Durchgang war es Kevin Doets, der einen Wurf aufs Doppel verpasste, er bekam hier keine weitere Chance, Michael Smith erzielte das Break und ging 2:0 vorneweg. Und mit 15 Treffern, inklusive seiner nächsten 180 sowie dem geeignetem Set-up-Shot (137), nahm der Engländer auch den Satzgewinn zum 2:1 in Empfang. Zu diesem Zeitpunkt war Michael Smith eigentlich gut im Flow, das Set hatte er zu Null abgeräumt, ein früher Feierabend mit sicherem Matchgewinn war für den Favoriten relativ absehbar. Aber es sollte alles anders kommen als gedacht, vor allem aber sollte sich die Spannung nochmal bis ins schier Unerträgliche steigern. Mit 14 Treffern sicherte sich Kevin Doets im ersten Durchgang des vierten Satzes das 1:0, bevor er mit der exakt identischen Wurfanzahl im zweiten Leg dem Gegner den Anwurf abnahm. Dabei wäre dem Niederländer um ein Haar noch der 12-Darter gelungen, allein beim Versuch des 132er-Finishs, missglückte der Wurf aufs Bullseye. Besagtes Break bestätigte Kevin Doets im dritten Leg, da hatte auch er den Satzerfolg zu Null eingeheimst, 2:2.
Kopf-an-Kopf ging es auf die Zielgerade
In den ersten Durchgang des Entscheidungssets startete der 26-Jährige aus dem niederländischen Almere, mit sechs perfekten Darts, konnte dann aber mit der dritten Aufnahme nur 41 Zähler subtrahieren, bevor er im Anschluss das 100er-Finish (T20, D20) vom Board fegte. Letztendlich war es der 11-Darter, der ihm das 1:0 bescherte. Auch das war wieder ein Break gewesen, und nachdem Michael Smith im zweiten Durchgang, beim Versuch des 110er-Finishs an der Double-16 scheiterte, vermochte es Kevin Doets auch, das zuvor errungene Break abzusichern, 2:0. Momentan fehlte dem Niederländer nurmehr ein Leg zum Matchgewinn, aber selbst das war hier nicht in Stein gemeißelt. Zunächst warf sein arrivierter Gegner mit dem High Finish, 123 (T19, T16, D9) den ersten Rettungsanker aus, 1:2, noch war es nicht vorbei. Kevin Doets startete mit der nächsten 180 ins vierte Leg, verschleuderte auf der Zielgeraden aber seinen ersten Matchdart. Auf der anderen Seite hatte Michael Smith mit 20, Triple-14 und Double-11 das 84er-Finish gekillt und damit den Kopf ein weiteres Mal aus der Schlinge gezogen, 2:2.
Da dies bereits ein Zweitrundenduell war, galt hier im Entscheidungssatz die Two-clear-legs-Regel, wonach ein Spieler den Satz nur mit zwei Legs Differenz gewinnen konnte, das bisherige 3:2 reichte in diesem Fall nicht mehr aus. Das sollte jetzt aber auch nicht bis in alle Unendlichkeit weitergehen, beim Stand von 5:5 würde das Sudden-Death-Leg zum Einsatz kommen.
Das Pendel des Momentums wechselte die Seiten wie ein wildgewordenes Metronom, das ein Koffeinproblem hatte
Nachdem es Michael Smith in diesem alles entscheidenden Satz geschafft hatte, einen 0:2-Rückstand noch zu wenden und wieder auf 2:2 auszugleichen, hätte man meinen können, dass der Favorit das Momentum nun endgültig auf seine Seite zurück geordert hätte. Zudem hatte der Bully Boy im fünften Durchgang den Anwurf. Doch während Michael Smith mit der 45 ins Leg startete und auch danach wenig Erbauliches zeigte, war es Kevin Doets, der den 12-Darter zur Hand hatte: 140 – 180 – 100 – 81. Nach so gravierenden Rückschlägen hatte er dem Gegner abermals den Anwurf vor der Nase weggeschnappt, 3:2. Erneut musste der Niederländer nurmehr sein eigenes Leg durchbringen, um als Sieger aus dieser Begegnung herauszugehen. Doch wieder blieb Michael Smith nervenstark, feuerte im Endspurt den ersten Pfeil in die Triple-20, der zweite landete zwar im Aus, aber den letzten brachte er in der Double-8 unter, das 76er-Finish war vom Board gewischt, Re-Break zum 3:3. Michael Smith begann den siebten Durchgang mit der 177, ließ dem die 140, die 90 und das 94er-Finish folgen. Die 94 hatte der Engländer mit 18, Double-19 und einer weiteren Double-19 eliminiert, – ein Checkout, welches eigentlich als Booster schlechthin fürs Selbstbewusstsein wirken sollte. Besser als mit jenem 12-Darter hätte man in diesem entscheidenden Augenblick kaum agieren können, 4:3. Nun war es Michael Smith, der alle Chancen hatte, das Ruder an sich zu reißen und entschlossen über die Ziellinie zu paddeln. Doch exakt diese Konsequenz fehlte dem „Bully Boy“ heute an allen Ecken und Enden. Statt nun gestärkt vorneweg zu schreiten, gab er das Spiel gleich zu Beginn des darauffolgenden Legs wieder aus der Hand, indem er Aufnahmen von 58 und 59 gelöschten Punkten ablieferte. Die anschließende 180 und auch die nächste 140 kamen danach einfach zu spät. Kevin Doets hatte stabile 14 Treffer präsentiert, dabei auch eine 174 eingestreut und nach hinten hinaus, die 54 mit zwei Pfeilen (14, D20) zielsicher herausgenommen, 4:4. Ins neunte Leg startete Michael Smith mit dreimal der 140, Restbetrag: 81. Beim letzten Gang ans Oche traf der „Bully Boy“ die Triple-19, mit dem nächsten Treffer in der Double-12 hätte er sein begonnenes Leg sicher gehabt. Der Versuch landete jedoch nur im einfachen 12er-Segment, eine letzte Chance hatte er noch. Es wäre die Double-6 gewesen, die der Favorit gebraucht hätte, stattdessen segelte der Dart pfeilgerade ins Aus. Auf der anderen Seite hatte sich Kevin Doets den Moment seiner strapazierfähigsten Nervenstärke genau für diesen Augenblick aufbewahrt: 97 – 134 – 180 – 90. Mit eisernem Willen hat der Niederländer gegen den Anwurf, den 12-Darter ins Board genagelt, das 90er-Finish vollendete er dabei obendrein mit zwei Würfen in die 20 und dem Treffer im Bullseye, 5:4. Ins zehnte Leg startete Kevin Doets abermals mit dem Maximum, ließ dem die 100 und die 140 folgen und zwei Aufnahmen später hatte er auch die Restforderung von 40 Punkten beglichen. Das Match war nun definitiv vorbei, 3:2-Satzerfolg für den Außenseiter.
Kevin Doets | 3:2 | Michael Smith |
96,90 | Average | 96,93 |
9 | 180s | 4 |
100 | High Finish | 123 |
1 | 100+ Checkouts | 1 |
12/38 | Finishing | 11/31 |
Die beiden Protagonisten hatten sich ein unfassbares Drama auf Augenhöhe geliefert, mit dem besseren Ende für Kevin Doets. Nach einem epischen Kampf, bei dem keiner dem anderen auch nur einen Millimeter schenkte, hatte der Niederländer die Nummer Zwei der Weltrangliste aus dem Turnier geworfen. Wir haben uns heute Nachmittag ja schon Gedanken darüber gemacht, dass Gabriel Clemens eine Menge Weltranglistenpunkte zu verteidigen hatte, auf den Weltmeister von 2023 wird nun wohl ein noch schwerwiegenderer Absturz in der PDC Order of Merit zukommen. Es war in jedem Fall ein extrem aufregender Abend, höchste Zeit für den Gute-Nacht-Gruß: Always Look on the Bright Side of the Flight!
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