Gelingt der große Wurf?
Dr. Martin Bracke arbeitet an der Technischen Universität Kaiserslautern im Fachbereich Mathematik und hat sich im Zuge des Projektes "Mathematik bewegt - Steig ein!" mit dem Dartsport beschäftigt.
Er bietet in diesem Artikel einen Einblick in die Mathematische Modellierung auf die Fragestellung, ob ein Dartspieler seine Gewinnchancen erhöhen kann, indem er abhängig von der aktuellen Spielsituation seinen jeweiligen Zielpunkt in optimaler Weise wählt.
Nach der Formulierung des Problems werden verschiedene Varianten zur Beantwortung der Frage vorgestellt, die sich im Aufwand und ihrer Komplexität unterscheiden. Abschließend gibt es einen Ausblick auf mögliche Erweiterungen der vorgestellten Lösungen. Diese machen die Simulation und Optimierung kompletter Spiele möglich und können beispielsweise auch Gewinnchancen für einen Spieler bestimmen, wenn die eigene Treffsicherheit sowie entsprechende Informationen über den Gegner vorhanden sind.
1 Wie spielt man optimal Darts?
Das Ziel dieses Projekts ist in wenigen Worten erklärt: Die meisten werden aus der eigenen Erfahrung das Dartspiel kennen; kaum jemand hat noch nie eine Dartscheibe gesehen. Zunächst braucht man nur zu wissen, dass zwei Spieler abwechselnd jeweils drei Pfeile (Soft- oder Steeldarts) aus einem Abstand von 2,44m bzw. 2,37m auf die Dartscheibe, deren Mittelpunkt sich in einer Höhe von 1,73m befindet, werfen. Die Scheibe selbst hat einen Durchmesser von 340 mm und ist in 20 Sektoren sowie das Bull - einen Kreis um den Mittelpunkt - unterteilt (siehe Abbildung).
Abbildung 1: Punkteverteilung einer Dartscheibe
Die mit einem Pfeil erzielten Punkte entsprechen der Punktzahl des zugehörigen Sektors, die bei einem Treffer in den Double-Ring oder den Triple-Ring verdoppelt bzw. verdreifacht wird. Das Bull bzw. Bull's Eye (der kleinere Kreis im Bull) bringen 25 bzw. 50 Punkte. Die genauen Abmessungen der einzelnen Segmente lassen sich für die späteren Untersuchungen leicht nachschlagen (z.B. Wikipedia).
Für das Dartspiel gibt es verschiedene Spielvarianten: Bei den gängigen starten die Spieler mit 301 bzw. 501 Punkten, wovon jeweils ihre in einer Runde (drei Pfeile) erzielten Punkte abgezogen werden. Am Ende muss man exakt auf 0 Punkte gelangen (erzielt man mehr, so werden alle in dieser Runde erzielten Punkte ungültig. Es gibt auch die Variante, dass man mit einem Treffer in den Double-Ring abschließen und/oder das Spiel beginnen muss.
Es stellt sich nun die einfache Frage, wohin denn ein Hobbyspieler zielen muss, um im Spiel gegen einen bestimmten Gegner möglichst gut abzuschneiden. Stellt man diese Frage in den Raum, ist für viele die naheliegende Antwort, dass man auf die Triple-20 zielen sollte, da man so im Erfolgsfall mit 60 Punkten die höchste in einem Wurf zu erzielende Punktzahl erhält.
Dazu kann nun jeder selbst das folgende Experiment durchführen: Man wirft eine größere Anzahl von Pfeilen (z.B. 10) auf die Scheibe, wobei der Zielpunkt zunächst die Triple-20 sein soll, und addiert die Punkte. Anschließend wird der Versuch wiederholt, wobei allerdings eine andere Stelle als Zielpunkt gewählt wird - sagen wir die Triple-7. Wenn der Experimentator nicht ein sehr guter Dartspieler ist, werden sich daraufhin Zweifel darüber einstellen, ob die Triple-20 wirklich der optimale Zielpunkt ist...
Doch wenn die Triple-20 nicht das Ziel der Wahl ist, wohin sollte man denn dann werfen? Gibt es ein bestes Ziel für alle Spieler, oder ist dieses abhängig von der Spielstärke, vielleicht sogar von der Spielsituation? Fragen über Fragen, an die sich im Idealfall weitere Experimente anschließen. Man muss allerdings aufpassen, dass auch irgendwann Mathematik ins Spiel kommt und nicht versucht wird, das Problem durch hinreichend ausdauerndes Spielen zu lösen...