Zwei Engländer stehen im Finale

Am vorletzten Spieltag der PDC World Darts Championship 2018 wurden die beiden Halbfinals ausgetragen. Phil Taylor schaffte es bei seiner letzten Weltmeisterschaft in die Vorschlussrunde und bekam dort mit dem Überraschungsmann Jamie Lewis eine durchaus machbare Aufgabe. Auf dem Papier schwieriger wurde es für Titelverteidiger Michael van Gerwen, der es, wie im Herbst schon so oft, mit dem Mann des Jahres 2017, Rob Cross, zu tun bekam.


Erfahrung schlägt jugendliche Unbekümmertheit

Phil Taylor zeigte in seinem Viertelfinale gegen Gary Anderson eine ganz neue Seite. Er warf insgesamt zwölf 180’er, eine für ihn ungewöhnlich hohe Anzahl. Für Jamie Lewis war es bei dieser WM fast Standard. Der Waliser zeigte sich vor allem im Scoring immer wieder bärenstark und das musste er heute wiederholen, wollte er die Karriere des Phil Taylor beenden. Er startete allerdings relativ nervös. Phil war cool, holte direkt ein Break und bestätigte dies. Es sah nach einem Katastrophenstart für „Rasta“ aus, doch er belehrte die Zuschauer eines besseren. Er checkte die folgenden beiden Legs mit dem ersten Dart auf ein Doppel, ehe Phil einen Fehler machte. Bei 190 Punkten Rest setzte er seinen dritten Dart auf die 19, statt auf die 20. So hatte er kein Finish, kam aber nochmal ran. Tatsächlich traf er dann auch mit den ersten beiden Darts die Triple-20, es nützte ihm jedoch nichts mehr. Jamie beendete das Leg mit seinem nächsten Dart und schnappte sich den ersten Satz. Auch danach sollte es unheimlich spannend und eng bleiben. Beide brachten im zweiten Satz ihre Anwürfe durch, die beste Chance auf ein Break eröffnete sich dort Jamie Lewis. Dieser bekam im Entscheidungsleg einen Dart auf die Doppel-13, verpasste diese aber. So konnte Phil in den Sätzen ausgleichen und atmete tief durch. Wie die Doppel-13 funktioniert zeigte „The Power“ seinem Kontrahenten zu Beginn des dritten Satzes, als er sie zum Break traf. Doch Lewis war inzwischen enorm ruhig. Auch durch seine Sicherheit auf die Doppel-16 hatte er viel Selbstvertrauen und spielte sehr gut mit. Ihm gelang das direkte Rebreak, doch auf die anderen Doppel machte er nun erste ernsthafte Fehler. Im Entscheidungsleg des dritten Satzes vergab er drei Möglichkeiten, sodass Taylor erstmals in Führung ging.

Phil musste ganz schön kämpfen. Seine Gesten verrieten auch eine gewisse Verunsicherung. Lewis wollte dies natürlich nutzen, doch eine erste kleine Schwächephase schien sich beim Waliser einzustellen. Zu Beginn des vierten Satzes ließ er erneut drei Möglichkeiten auf Doppel aus, was Phil weiterhin konsequent bestrafte. Weil er in dieser Phase aber noch zu wenige Triple traf, das Scoring von Jamie allerdings weiterhin sehr gut war, erarbeitete sich Lewis immer wieder Chancen und nutzte sie mit der Zeit auch. Er stellte sich mit einem Break auf 2:1 und hatte die Möglichkeit zum Satzgewinn. Er verpasste jedoch ein 167’er Finish und im vierten Entscheidungsleg nach vier Sätzen auch ein 106’er Finish. Phil war jedes Mal zur Stelle, brachte sich auf 3:1 in Führung. Der erste und zeitgleich einzige Satz der gesamten Partie der nicht ins fünfte Leg ging, war der fünfte Satz. Dort machte Lewis ein paar mehr Fehler, verpasste direkt im ersten Leg die große 20 für einen Wurf auf das Bullseye. Taylor nutzte all seine Erfahrung und tat genau das, was ihn über die Jahre so auszeichnete. Mit 3:1 holte er sich den Satz und jubelte danach erstmals ein wenig ausgelassener. Er schien zu spüren, dass ihm hiermit so etwas wie eine Vorentscheidung gelungen war. Was man Lewis allerdings hoch anrechnen musste, war sein Kampfgeist. Er gab zu keinem Zeitpunkt auf, sah jeden Satz wie den ersten und ließ die Schultern nicht hängen. Bezeichnend war jedoch, dass es ihm trotz zwei Breaks im sechsten Satz nicht gelang nochmal zu verkürzen. In den entscheidenden Momenten war er nicht präzise genug, während Taylor nach der 600. 180 des Turnierverlaufs ebenfalls sein zweites Break des Satzes holte, ehe er einen starken 11-Darter zur 5:1-Führung spielte.

Und auch eine 2:0-Führung im siebten Satz brachte Lewis nicht ins Ziel. Bezeichnend für die inzwischen große Lockerheit des Phil Taylor war das Finish zum 1:2 in genau diesem Satz. Er brachte 95 Punkte via 19 und zwei Mal Doppel-19 auf null. Lewis verpasste in den folgenden beiden Legs zwei Mal die Doppel-14 sowie ein 152’er Finish, wieder war Phil jedes Mal zur Stelle und tütete damit den letztlich zu deutlichen aber in der Summe verdienten 6:1-Erfolg ein. Damit erreichte Phil Taylor bei der 25. Auflage der PDC Weltmeisterschaft zum 19. Mal das Endspiel.


Cross ringt Michael van Gerwen nieder

Erst seit diesem Jahr spielt Rob Cross die Pro Tour der PDC und trotzdem traf er den Weltranglistenersten, Michael van Gerwen, bereits neun Mal am Oche. Alleine sieben Mal davon haben sie sich seit September duelliert, trafen sich in zwei European Tour Finals und im Endspiel der Europameisterschaft. Jedes Mal hatte man das Gefühl, dass Rob ein Stück näher an seinem zweiten Sieg über den Niederländer dran war, das letzte Fünkchen hatte bisher jedoch immer gefehlt. Bei der WM wollte er das ändern und er legte gut los. Besonders in der Anfangsphase ließ Michael einige Möglichkeiten aus, traf auch wie schon gegen Gerwyn Price und Raymond van Barneveld zu Beginn nicht so viele Triple. Auch auf die Doppel hatte er das eine oder andere Problem, verpasste in einem Leg fünf Möglichkeiten, im Entscheidungsleg des ersten Satzes einen Dart auf Tops. So war Cross zur Stelle und ging in Führung. Nachdem der Engländer dann sowohl 81 als auch 85 Punkte auf dem Bullseye verpasste, schien der zweite Satz bereits im Besitz von MVG zu sein, doch nachdem Rob den Fluch im dritten Leg besiegte und doch noch 81 auf dem Bull checkte, erzwang „Voltage“ erneut ein Entscheidungsleg. Dort zeigte Michael sechs perfekte Darts und holte sich das 1:1 in den Sätzen. Erneut sechs perfekte Darts warf „Mighty Mike“ zu Beginn von Satz drei, brachte einen 11-Darter durch. In der Folge verpasste er aber erneut einige Darts auf die Doppel, sodass Cross den dritten Satz zu seinen Gunsten drehte und sich drei Legs in Serie sicherte um sich auf 2:1 in Führung zu bringen. Den vierten Satz durfte van Gerwen dann wieder beginnen und er lief analog zum zweiten. Wieder brachte sich der Titelverteidiger mit 2:0 in Führung und wieder wurde es eng. Cross schien dem permanenten Druck in seinem ersten WM-Halbfinale standzuhalten, glich wieder aus. Doch Michael behielt die Nerven und stellte auf 2:2 in den Sätzen.

Michael van Gerwen merkte, dass er eine Schippe drauflegen musste, wollte er Rob Cross an diesem Abend bezwingen. Genau das tat der Niederländer auch, doch Rob ging mit und legte auch nochmal zu. Immer wieder zeigten beide Aufnahmen mit zwei oder mehr Tripletreffern. Der größte Unterschied waren die Doppel, auf die zeigte sich „Voltage“ besonders in schwierigen Phasen enorm sicher. Einen solchen brillanten Moment erlebte er im Entscheidungsleg des fünften Satzes. Nach zwei 140’ern gelangen Rob nur 60 Punkte. Michael warf direkt eine 180 für 81 Punkte Rest. Aber Cross checkte das 161’er Finish und schnappte sich die 3:2-Führung. Es folgte ein Satz der komplett an Cross vorbei ging. Michael hatte keine Mühe, spielte dort einen Average von über 118 Punkten, zeigte zum dritten Mal in diesem Match sechs perfekte Darts und gab kein Leg ab. Er glich wieder zum 3:3 aus und wollte da weitermachen. Doch in den Sätzen die Rob begann zeigte der Engländer sich unheimlich sicher. Er holte sich direkt wieder seinen Anwurf und spielte einen 11-Darter zum Break. Michael konnte nach zwei vergebenen Satzdarts zwar ausgleichen, doch Rob checkte im Leg darauf 126 Punkte auf der Doppel-6, nachdem sich MVG auf Tops gestellt hatte, und brachte sich auf 4:3 in Front. Erneut ging danach ein Satz komplett an van Gerwen. Cross nahm sich, vielleicht auch bewusst, in einigen Sätzen raus und ließ den Weltranglistenersten machen. Ohne große Probleme glich dieser zum 4:4 aus und danach legte auch „Voltage“ wieder los. Er holte sich mit einem 12-Darter seinen Anwurf und nach back-to-back 180’ern auch das Break. Dann machte Rob einen Fehler. Bei 95 Rest wollte er nach der einfachen 19 über die Doppel-18 und Tops spielen, verpasste erstere allerdings. Michael schaffte das Rebreak und sah sich womöglich ein wenig provoziert. Er zeigte sich von der besten Seite, legte einen 11- und einen 12-Darter aufs Parkett und drehte den Satz noch, um erstmals in Führung zu gehen.

Es schien der Moment gekommen zu sein, in dem die Partie drohte in Richtung van Gerwen zu kippen. Doch nach einer starken 177 von Rob verpasste „Mighty Mike“ zwei Darts auf die Doppel und Rob bäumte sich nochmal auf, brachte sich auf 2:0 in Führung im zehnten Satz. Zwar verkürzte Michael danach nochmal, vergab aber ganze sechs Darts um das Entscheidungsleg zu erzwingen. So war Cross zur Stelle, glich zum 5:5 aus und durfte den elften und letzten Satz beginnen. Dort vergab er dann allerdings ein 170’er Finish. Als Antwort checkte Michael 84 Punkte via 5, Triple-13 und Tops zum Break. Dieses konnte er trotz vier Chancen aber nicht bestätigen und so blieb die Partie weiter hochspannend. Im eigenen Anwurf zeigte Rob dann fünf perfekte Darts und ging mit 2:1 in Führung, brauchte nur ein weiteres Leg zum Sieg. Trotz perfektem Start konnte er dieses aber nicht direkt im Anschluss holen und so gab es die Verlängerung. Die Spieler brauchten nun zwei Legs Vorsprung zum Sieg. Cross fing an und brachte seinen Anwurf durch. Danach machte er ordentlich Druck auf van Gerwen und bekam bei 90 Punkten Rest tatsächlich einen Matchdart auf dem Bullseye, verpasste jedoch knapp. Michael glich erneut aus und es ging weiter. In dieser Phase wirkte Cross allerdings einen Tick stärker. Unter Druck, Michael hatte sich auf 28 Punkte Rest gebracht, war Rob wieder eiskalt und checkte 40 Punkte mit dem dritten Dart zum 4:3. Es folgte mal wieder ein tadelloses Leg von Michael, der das Match weiter am Leben hielt. Zwei dicke Möglichkeiten auf die Doppel-16 vergab Rob danach bei eigenem Anwurf, sofort war van Gerwen zur Stelle. Der konnte nun mit eigenem Anwurf die Partie entscheiden und spielte ein solides Leg.

Cross schien nach den verpassten Chancen nun doch mental platt zu sein, doch es war Michael van Gerwen der vier Matchdarts liegen ließ. Rob Cross glich ein letztes Mal aus und erzwang tatsächlich das erste Sudden Death Leg der diesjährigen WM. Rob gewann den Wurf auf das Bullseye, durfte das Leg somit beginnen und bekam bei 140 Punkten den Matchdart auf Doppel-16, vergab diesen jedoch. Im Anschluss verpasste Michael ein 108’er Finish und setzte damit seinen letzten Dart der diesjährigen WM neben das Doppelfeld. Dieses Mal ließ sich Rob Cross das nicht mehr nehmen und checkte zum 6:5-Sieg aus, zog damit tatsächlich bei seiner ersten Weltmeisterschaft ins Endspiel ein und setzte das i-Tüpfelchen auf ein unfassbares Match und fantastisches Jahr.

Tobias Gürtler

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