Reyes verliert Spiel seines Lebens

Der Abend des zehnten Tages hatte es so richtig in sich. Drei ganz große Namen gaben sich die Ehre und traten allesamt in einer Session an. Die vermeintlich ausgeglichenste Partie war die zwischen Raymond van Barneveld und Alan Norris. Top-Favorit Michael van Gerwen traute man gegen Cristo Reyes keinen Ausrutscher zu. Und auch eine Niederlage von Phil Taylor gegen Kevin Painter schien, nicht nur wegen der schwachen letzten Jahre von Painter, sehr unwahrscheinlich.

Barney zerstört Alan Norris

Für Raymond van Barneveld lief es in der ersten Runde sehr locker. Er schlug Robbie Green überraschend locker mit 3:0 und hatte mit Alan Norris in der zweiten Runde nun den vermeintlich nächsten starken Gegner. War Raymond dann aber zeigen sollte, war einfach nur überragend. Er holte sich im ersten Satz ein Break, bei dem er zwischenzeitlich fast 200 Punkte Vorsprung vor Alan hatte. Nachdem er im zweiten Satz ein 127’er Finish verpasste, bestrafte er umgehend die Fehler von Norris. Er war in extrem starker Form und so zeigte er in der richtigen Phase auch zwei 180’er hintereinander, um mit 2:0 und ohne Legverlust und Führung zu gehen. Norris kam der Satzmodus natürlich entgegen. Lag er in den Legs schon 0:6 zurück, war ein Comeback nach 0:2 noch locker möglich. Nicht aber gegen so einen Gegner. Raymond zeigte sich so souverän und spielte seine Finishes mit einem Selbstverständnis, dass Norris sich selbst unter einem permanenten, hohen Druck wiederfand. Er konnte sein Spiel gar nicht entfalten, da jedes verfehlte Triple im Grunde direkt von Barney bestraft wurde. Auch nach drei Sätzen war der Niederländer noch ohne Legverlust. Er konnte die Serie bis auf 10:0 ausbauen, ehe Alan den Whitewash doch noch verhinderte. Er traf Tops zu einem Rebreak, ehe er auch sein eigenes Leg nach Hause brachte. In diesem Moment merkte Raymond, dass er nochmal kurz das Tempo anziehen musste. Er checkte 121 Punkte auf der Doppel-14 und spielte einen 11-Darter zum 4:0-Erfolg.

Raymond van Barneveld freut sich über seinen Sieg gegen Alan Norris

Es folgte die Partie zwischen Phil Taylor und Kevin Painter. Ein Duell, dass es zuvor bereits 32 Mal gab, lediglich ein Mal konnte sich dort Kevin durchsetzen. Dies war vor mehr als 15 Jahren und die letzten 30 Spiele hatte er gegen Taylor allesamt verloren. Es war also Zeit, dass er wachgerüttelt wird und mal wieder einen Sieg holt. Entsprechend kam er mit dem Song „Galvanize“ von den Chemical Brothers auf die Bühne und schien sehr entschlossen.

Kevin Painter beim Walk on zur Darts WM 2017

Doch schon im ersten Leg gab ihm Taylor einen mit, als er 167 Punkte zum Break checkte. Painter war nicht mal im Finishbereich. Bis auf ein 101’er Finish konnte „The Artist“ in diesem Satz auch nicht viel zeigen und verlor ihn klar. Für die High Finishes schien er an diesem Tag gemacht zu sein, denn auch 121 Punkte brachte er auf null. Trotzdem war auch der zweite Satz eine klare Angelegenheit. Er musste also ein Comeback starten und das war ihm auch bewusst. Er spielte dann einen wirklich guten Satz, ging auch zwei Mal in Führung. In den wichtigen Momenten, wo er Breakdarts und Satzdarts hatte, war er jedoch nicht zur Stelle und gab

Phil Taylor freut sich über den Einzug in das Achtelfinale der Weltmeisterschaft 2017

Phil somit die Chancen. Dieser nutzte „The Power“, der nicht sein höchstes Niveau erreichte, und holte sich auch noch den dritten Satz. Danach war die Partie entschieden. Painter hatte den Glauben verloren und holte kein weiteres Leg mehr. Am Ende siegte also Taylor mit 4:0 und steht im Achtelfinale.

MVG zeigt sich weltmeisterlich

Die letzte Partie des Abends war der zweite Auftritt des absoluten Titelfavoriten. Michael van Gerwen bekam es mit Cristo Reyes zu tun, von dem man nicht wusste, was man erwarten sollte. Gegen Dimitri van den Bergh in der ersten Runde kam der Spanier erst mit der Zeit in Fahrt, dann aber richtig. Hier fand Michael deutlich besser in die Partie und holte sich den ersten Satz sehr locker und ohne Legverlust. Aber schon im zweiten Satz hatte er einen Gegner. Zwar zeigte Michael vier perfekte Darts, Cristo aber warf fünf perfekte und spielte am Ende einen 10-Darter. Nach ein paar Doppelfehlern vom Niederländer holte Cristo ein Break und brachte den Satz ebenfalls mit 3:0 nach Hause. Danach entwickelte sich ein echter Schlagabtausch, bei dem keiner der beiden Spieler nachlassen wollte. Immer wieder trafen sie zwei Triple, es war ein immens hohes Niveau. Cristo Reyes spielte klar an seinem Limit, machte nur ganz wenige Fehler. Michael zeigte ein 161’er Finish, was von einem 100’er Finish mit zwei Mal Tops von Reyes beantwortet wurde. Der Spanier hielt den Druck permanent hoch, doch Michael hielt diesem eben stand. Der Niederländer ging mit 2:1 in Führung und wirkte sehr konzentriert. Er lauerte auf jeden noch so kleinen Fehler seines Gegners um ihn schonungslos auszunutzen. So holte er auch ein starkes Break im vierten Satz und nutzte wenig später einen kleinen Fehler von Cristo zum 3:1 in den Sätzen. Zu diesem Zeitpunkt lag der Average von Michael bei 106,3 Punkten, Reyes stand bei 105,2. Und Reyes machte unbeirrt weiter, stand vor einer großen Breakchance. Doch Michael checkte 164 Punkte zum Leggewinn. Fünf perfekte Darts folgten vom Niederländer und Reyes holte sich trotzdem den Ausgleich. Er verpasste dann aber 170 auf das Bullseye und so ging van Gerwen erneut in Führung. Doch Reyes machte weiter Druck und so machte auch Michael mal Fehler, die „The Spartan“ zu einem weiteren Satzgewinn nutzte. Der Spanier war in dieser Phase sogar besser, traf fast alles was er wollte. Doch eine Chance zum Satzausgleich ließ er liegen und so stand es auch im sechsten Satz 2:2. Der Druck war dann sehr hoch und Reyes gingen plötzlich die Triple aus. Michael war sofort zur Stelle und wusste dies zu nutzen. Cristo verfehlte dann auch noch die Doppel-18 und so nutzte Michael seinen dritten Matchdart zum 4:2. Am Ende spielte Michael einen Average von 105,24, den Bestwert für dieses Turnier stellte aber Reyes mit 106,07 auf.

Michael van Gerwen muss gegen Cristo Reyes sein gesamtes Potential abrufen

Tobias Gürtler

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