
Exklusives
Darts1 Interview
mit Colin Rice
Siehst Du Darts als eine Sportart mit Zukunft in Deutschland?
Wenn ich an die German Open denke, die nach den ersten DSF Übertragungen stattfand, kann ich mich schon erinnern, dass wir unheimlich viele Anfragen hatten, was kostet es, als Zuschauer dabei zu sein, können wir auch mitspielen, ich spiele erst seit sechs Monaten und nur in der C-Liga. Nach den Fernsehübertragungen sind viele Leute dazu gekommen, aber das stagniert wieder.
Die Gesamtentwicklung ist eher rückläufig, früher waren auf einem DDV Turnier 350 bis 400 Teilnehmer, jetzt nehmen vielleicht noch 160 bis 200 Personen daran teil. Vielleicht liegt das an der finanziellen Situation. Alles wird teurer, man muss sparen, viele können sich das heute nicht mehr leisten. Vor 10 bis 15 Jahren hatte man einfach mehr Geld in der Tasche. Wo man früher eine DM in den Automaten reingeworfen hat, ist es heute ein Euro. Wenn man auf ein weiter entferntes Turnier fahren möchte, muss man das Hotel bezahlen und es ist auch sehr schwer Sponsoren zu finden, die diese Reisekosten übernehmen könnten. Ich habe zwar jetzt einen Sponsor, aber der zahlt nicht einmal die Reisekosten. Man bekommt ein paar Ersatzteile, die Darts und einen kleinen Obulus.
Das ist in den Niederlanden auch besser, jede Kneipe hat dort einen Sponsor. Bis vor kurzem habe ich in der Venloer Stadtliga gespielt. Jeder holländische Dartspieler hat dort irgendeinen Namen von einer Kneipe oder einem Dartshop auf dem Hemd. Der Dartsport ist viel größer in Holland als bei uns. Aber das liegt wieder an der Mentalität der Leute. Die haben eine eher englische, also lockere Mentalität. In Deutschland ist alles viel strenger.
Wie wichtig ist der mentale Bereich beim Dartspiel?
Sehr wichtig, ich sage ganz klipp und klar, Dartspiel ist ein Kopfspiel. Auch wenn du gut bist, wenn du deinen Kopf nicht frei hast, dann kannst du das vergessen. Den mentalen Bereich musst du voll in Ordnung bringen. Ich bin mir nicht sicher, ob das angeboren ist oder ob man es trainieren kann. Wenn man auf ein Turnier fährt muss man versuchen, den Kopf freizuhalten. Man darf sich an diesem Tag nur auf die Darts konzentrieren, jede Ablenkung stört die Konzentration, und dann hast du ein Problem, das zu treffen, was du treffen willst.
Das geht schon los, wenn du auf dem entscheidenen Doppel stehst, mit dem du das Spiel gewinnen kannst, und du fängst an zu denken: "wenn ich das jetzt ausmache, kann ich gewinnen". Manche können das abschalten und manche werden das nie abschalten können. Ich glaube, das ist eine angeborene Sache. Entweder du kannst das oder du kannst es nicht. Ich glaube nicht, dass man das ohne professionelle Hilfe selber machen kann. Ich hatte selber niemals dieses Problem, ich sehe das nur bei anderen Leuten, dass die das Problem haben, dass sie zu denken anfangen. Nachher hört man, du hast nur gewonnen, weil dein Name Colin Rice ist. Meine Antwort ist dann, dass ich mir diesen Namen erarbeitet habe. Diesen Namen habe ich mir über die Jahre verdient, und wenn die ein Problem damit haben, kann das nicht mein Problem sein. Sie müssen lernen, damit umzugehen.
Man muss einfach soviele Turniere wie möglich spielen, damit man die Problematik dieser Stresssituationen oder die Nervosität immer mehr abbauen kann. Über die Jahre kann man das lernen. Ich glaube auch nicht, dass Techniken im Vorfeld, wie z.b. Visualisierung etwas nützen, weil auf dem Turnier ist dann die Situation Mann gegen Mann. Man sagt auch, gucke nie auf den Score deines Gegners, weil, wenn du siehst, dass er auf einem Doppel steht, dann wirst du nervös. Man schaut automatisch auf den Score, auch wenn man sich vornimmt, es nicht zu tun. Das wird einem nicht gelingen, da der Score direkt neben der Dartscheibe steht. Man guckt automatisch da drauf, und dann ist die Frage, wie man damit umgeht. Wenn man sieht, dass der Gegner auf dem Doppel steht und ich dran bin, ob ich das ignorieren kann und mein Ding machen kann. Man muss sein eigenes Ding machen. Das Schöne beim Darten ist ja, dass man sich Mann gegen Mann mit den gleichen Waffen ein Duell liefert.