Psychischer Druck Inhaltsverzeichnis der Doktorarbeit

6 Untersuchung II – Vertrautheit des Aufmerksamkeitsfokus4

Dr. Heiko Maurer

6.1 Untersuchungsziele

Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit steht die Frage, durch welche Mechanismen Leistungseinbußen in Drucksituationen verursacht werden. Beim explicit monitoring-Ansatz wird angenommen, dass in wichtigen Situationen eine Lenkung der Aufmerksamkeit auf den Ausführungsprozess erfolgt und daraus eine Störung der automatisierten Ausführung resultiert. In Untersuchung I wurde geprüft, ob sich in Drucksituationen und bei einer bewegungsbezogenen Aufmerksamkeitslenkung gleichermaßen Leistungsbeeinträchtigungen zeigen. In der bewegungsbezogenen Aufmerksamkeitsbedingung erfolgte eine Fokussierung auf solche Bewegungsmerkmale, die von den Spielerinnen als wichtig für die erfolgreiche Ausführung erachten werden. Dieses Vorgehen wurde gewählt, da es plausibel erscheint, dass die Aufmerksamkeit in wichtigen Situationen auf solche Aspekte gelenkt wird. Während sich erwartungsgemäß Leistungseinbußen durch erhöhten Druck ergeben, führte die Fokussierung auf die Bewegungsausführung zu besseren Leistungen im Vergleich zu einer Baseline-Bedingung. Dieses Ergebnis zeigt, dass die Fokussierung auf die Ausführung hochgradig geübter Fertigkeiten nicht per se leistungsmindernd wirkt und wirft zum anderen die Frage auf, wodurch die vielfach gezeigte negative Wirkung bewegungsbezogener Aufmerksamkeitslenkungen verursacht wird.

In Abschnitt 5.5 wurden verschiedene Erklärungen für die nicht gefundenen Leistungseinbußen in der bewegungsbezogenen Aufmerksamkeitsbedingung diskutiert. Vor dem Hintergrund der Eplicit Monitoring Theories könnte dies darauf zurückzuführen sein, dass häufig genutzte Aufmerksamkeitslenkungen in den Ausführungsprozess integriert werden und die automatisierte Ausführung durch deren Anwendung nicht gestört wird. Daraus ergibt sich die Hypothese, dass für eine Störung automatisierter Fertigkeiten nicht die Richtung der Aufmerksamkeitslenkung, sondern die Vertrautheit mit den Fokusbedingungen von entscheidender Bedeutung ist. In diesem Fall sollte sich eine Beeinträchtigung der Bewegungsausführung und der Leistung dann zeigen, wenn eine Fokussierung auf normalerweise nicht beachtete Aspekte erfolgt. Dieser Einfluss der Vertrautheit mit den Aufmerksamkeitsbedingungen wird in der vorliegenden Untersuchung geprüft. Dazu werden wiederum die individuellen Aufmerksamkeitsstrategien der Versuchspersonen bei der Ausführung des Freiwurfs berücksichtigt, um die vertrauten und nicht-vertrauten Aufmerksamkeitsbedingungen herzustellen.

Auch in Untersuchung II werden kinematische Analysen der Bewegungsausführung vorgenommen, um zu prüfen, durch welche Veränderungen sich die erwarteten Leistungseinbußen ergeben. Dabei erfolgt lediglich die Bestimmung der Ausführungsvariabilität und der Nutzung aufgabendienlicher Kovariation anhand der Flugkurven, da sich bei diesen Variablen ein direkter Bezug zum Bewegungsergebnis herstellen lässt. Die Betrachtung der Bewegungsumfänge und Gelenkkopplungen hat sich in Untersuchung I als wenig aussagekräftig erwiesen, sodass diese Analysen hier nicht weiter verfolgt werden.

6.2 Hypothesen

Aufgrund der dargestellten Überlegungen lassen sich die folgenden Hypothesen formulieren.

  • Hyp. 2.1
    Unabhängig von der Richtung der Aufmerksamkeitslenkung (bewegungs- vs. effektbezogen) kommt es zu Leistungseinbußen unter nicht-vertrauten Fokusbedingungen.
  • Hyp. 2.2
    Unabhängig von der Richtung der Aufmerksamkeitslenkung kommt es zu einem Anstieg der Ausführungsvariabilität unter nicht-vertrauten Fokusbedingungen.
  • Hyp. 2.3
    Unabhängig von der Richtung der Aufmerksamkeitslenkung kommt es zu einer geringeren Nutzung aufgabendienlicher Kovariation unter nicht-vertrauten Fokusbedingungen.

6.3 Untersuchungsmethodik

In der vorliegenden Studie wird ebenfalls der Basketball-Freiwurf als Bewegungsaufgabe und im Wesentlichen das gleiche methodische Vorgehen wie in Untersuchung I genutzt. Aus diesem Grund werden lediglich die Unterschiede der Untersuchungsmethodik im Vergleich zur ersten Studie ausführlich dargestellt.

6.3.1 Versuchspersonen

Als Versuchspersonen standen auch hier Spielerinnen der U16- und U18-Kader des DBB zur Verfügung. Die Studie wurde ein Jahr nach Untersuchung I im Rahmen von zwei Vorbereitungslehrgängen auf die Europameisterschaften 2005 durchgeführt. Insgesamt nahmen 23 Spielerinnen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren (M = 16.30 Jahre, SD = 1.29 Jahre) teil, die über mehrere Jahre Wettkampferfahrung (M = 7.85 Jahre, SD = 2.16 Jahre) verfügten. Zehn Spielerinnen hatten bereits an der ersten Untersuchung teilgenommen.

6.3.2 Versuchsplan

Zur Prüfung der Hypothesen wurde ein 2x2-within-subject-Design mit den Faktoren Aufmerksamkeitsfokus (internal vs. external) und Vertrautheit des Aufmerksamkeitsfokus (hoch vs. gering) gewählt. Um systematische Einflüsse durch mögliche Reihungseffekte bei der Ausführung der Fokusbedingungen zu vermeiden, wurde die Reihenfolge der Durchführung permutiert. Aufgrund der Versuchspersonenzahl kamen 23 der 24 möglichen Abfolgen zum Einsatz, sodass systematische Reihungseffekte weitgehend ausgeschlossen werden können.

6.3.3 Versuchsaufbau

Der Versuchsaufbau entsprach im Wesentlichen dem in Untersuchung I. Ein Unterschied bestand darin, dass für die Erfassung des Ballfluges ebenfalls zwei Kameras vom Typ Basler A602fc genutzt wurden, durch die eine Erfassung des Ballflugs mit einer Aufnahmefrequenz von 20 Hz erfolgte.

6.3.4 Versuchsablauf

Die Durchführung der Untersuchung erfolgte im Rahmen von zwei Kadermaßnahmen des DBB. Zu Beginn wurden die Spielerinnen in einer gemeinsamen Besprechung mit den Betreuern darüber informiert, dass im Rahmen des Trainingslehrgangs eine Untersuchung zur Aufmerksamkeitslenkung beim Freiwurf durchgeführt wird und dazu jede Spielerin mehrere Wurfserien unter verschiedenen Bedingungen absolvieren sollte.

Der eigentliche Untersuchungsablauf wurde mit jeder Spielerin einzeln durchgeführt. Nach einer Wurfserie zur Gewöhnung an die Untersuchungsbedingungen erfolgte die Festlegung der Aufmerksamkeitsbedingungen anhand eines Fragebogens. Für die Bestimmung der Internal-Fokusbedingungen sollte die Spielerin den Bewegungsaspekt (z. B. das Abklappen des Handgelenks) angeben, auf den sie ihre Aufmerksamkeit bei der Ausführung des Freiwurfs bevorzugt lenkt und einen weiteren, auf den sie nie oder nur sehr selten fokussiert. Das gleiche Vorgehen wurde für die Festlegung der External-Aufmerksamkeitsbedingungen genutzt. Im Anschluss daran folgte jeweils eine aus 20 Würfen bestehende Serie unter den vier Aufmerksamkeitsbedingungen. Nach jeder Serie gab die Spielerin auf einer 10-stufigen Ratingskala an, wie gut die Fokussierung auf den jeweiligen Aspekt gelungen ist und ob die Aufmerksamkeitslenkung als störend wahrgenommen wurde. Durch dieses Vorgehen sollte für die Spielerin deutlich werden, dass die Umsetzung der Aufmerksamkeitsbedingungen von Bedeutung ist und diese konsequent genutzt werden sollte. Nach der Durchführung der Aufmerksamkeitsbedingungen wurden weitere Aspekte zur Nutzung bewegungs- und effektbezogener Aufmerksamkeitsfokussierungen erfragt.

6.3.5 Datenerfassung

Erfassung der 3D-Ballflugdaten

Die Erfassung der kinematischen Daten erfolgte mit SIMI Motion 7.3. Die durchgeführten Berechnungen entsprechen mit kleinen Veränderungen denen der ersten Untersuchung. Bei der Erfassung des Ballfluges standen bei der Aufnahmefrequenz von 20 Hz in Abhängigkeit der Wurftechnik und damit der Flugdauer des Balles zwischen 13 und 23 Datenpunkte (M = 18.2, SD = 1.8) zur Verfügung, die für die Berechnungen der linearen und quadratischen Regressionen genutzt wurden (vgl. Abschnitt 5.3.6). Aufgrund technischer Schwierigkeiten bei der Datenerfassung konnten für die kinematischen Auswertungen nur die Daten von 20 der 23 Spielerinnen genutzt werden.

Erfassung der Trefferleistung

Die Erfassung der Leistung erfolgte mit der bereits in Untersuchung I verwendeten vierfach gestuften Bewertungsskala. Allerdings wurden die Bewertungen direkt während des Untersuchungsablaufs vorgenommen. Jeweils eine Serie pro Spielerin wurde von einer zweiten Person unabhängig bewertet. Die Bestimmung der inter-Rater-Reliabilität ergab durchweg hohe Übereinstimmungen der Ratings (r-Werte > .90).

6.4 Ergebnisse


6.4.1 Angaben zu den Aufmerksamkeitsbedingungen

Die Angaben zu den von den Spielerinnen häufig und selten fokussierten Aspekten sind in Tabelle 4 aufgeführt. In den Aufmerksamkeitsbedingungen erfolgte eine Fokussierung auf die angegebenen Aspekte.

Tabelle 4: Angaben der Spielerinnen über häufig und selten genutzte Aufmerksamkeitsfokussierungen bei der Ausführung des Freiwurfs. In Klammern sind die Häufigkeiten der Nennungen aufgeführt.
vertraut nicht-vertraut
Merkmale der Bewegungs-ausführung Abklappen Handgelenk (6) Zusammenwirken Arme/Beine (6)
Armstreckung (6) Ellbogen unter dem Ball (6)
Flüssige Streckbewegung (6) Abdruck des Balles von der Hand (5)
Beinstreckung (2) Beinstreckung (2)
Zusammenwirken Arme/Beine (1) Armstreckung (2)
Gewicht auf beiden Füßen (1) Abklappen Handgelenk (1)
Ellbogen unter dem Ball (1)
Externale Effekte der Bewegungs-ausführung Korbmitte (6) Rechteck am Korb (10)
Korb (5) Höchster Punkt der Flugkurve (5)
Vorderer Korbrand (4) Vorderer Korbrand (3)
Ball fliegt durch den Korb (4) Flugkurve (3)
Hinterer Korbrand (2) Ball fliegt durch den Korb (2)
Flugkurve (2)

Die Angaben der Spielerinnen, wie gut die Lenkung der Aufmerksamkeit auf den jeweiligen Aspekt gelungen ist und ob dies als störend wahrgenommen wurde sind in Abbildung 23 und Abbildung 24 dargestellt.

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Abbildung 23: Angaben der Spielerinnen, wie gut die Fokussierung auf den jeweiligen Aspekt gelungen ist (1 = sehr gut, 10 = gar nicht).

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Abbildung 24: Angaben der Spielerinnen, ob der jeweilige Aufmerksamkeitsfokus als störend wahrgenommen wurde (1 = gar nicht, 10 = sehr).

Die statistische Prüfung der Ratings erfolgt anhand nicht-parametrischer zweifaktorieller Analysen mit Messwiederholung und den Faktoren Aufmerksamkeitsfokus und Vertrautheit. Die nicht-parametrische Vorgehensweise wird gewählt, da bei beiden Einschätzungen eine unzureichende Normalverteilung der Daten gegeben ist (Kolmogoroff-Smirnov-Anpassungstest mit Lilliefors-Schranken). Bei den Angaben zur Umsetzung der Aufmerksamkeitsbedingungen ergibt sich ein signifikanter Haupteffekt für den Faktor Vertrautheit (F1,∞ = 4.48, p < .05). Der Faktor Aufmerksamkeitsfokus (F1,∞ = 2.10, p = .15) und die Interaktion der beiden Faktoren (F1,∞ = 0.33, p = .56) verfehlen das Signifikanzniveau. Auch bei der Einschätzung der subjektiv wahrgenommenen Störung durch die Umsetzung der Aufmerksamkeitsbedingungen ergibt sich nur ein signifikanter Haupteffekt für den Faktor Vertrautheit (F1,∞ = 15.93, p < .001), nicht aber für den Faktor Aufmerksamkeitsfokus (F1,∞ = 0.43, p = .51) und die Interaktion der beiden Faktoren (F1,∞ = .80, p = .37). Insgesamt zeigen diese Angaben, dass die vertrauten Aufmerksamkeitsfokussierungen zuverlässiger hergestellt werden können und nicht-vertraute Fokusbedingungen die Ausführung – unabhängig von der Aufmerksamkeitsrichtung – subjektiv weniger stören.

Alle Spielerinnen gaben an, dass ihnen die Lenkung der Aufmerksamkeit sowohl auf die Bewegungsausführung als auch auf Effekte der Bewegung aus Trainings- oder Wettkampfsituationen vertraut ist. Von den 23 Spielerinnen berichteten jedoch 18, ihre Aufmerksamkeit beim Freiwurf bevorzugt auf die Bewegungsausführung zu lenken, lediglich fünf gaben eine Bevorzugung eines effektbezogenen Fokus an.

6.4.2 Trefferleistung

Zur Veranschaulichung der Trefferleistungen in den verschiedenen Aufmerksamkeitsbedingungen werden wie in Untersuchung I die Ranginformationen der erzielten Trefferscores genutzt. Anhand der in Abbildung 25 dargestellten Mittelwerte zeigen sich erwartungsgemäß bessere Leistungen unter den vertrauten Fokusbedingungen.

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Abbildung 25: Darstellung der Trefferleistung innerhalb der Aufmerksamkeitsbedingungen anhand der mittleren Rangdaten.

Die nicht-parametrische zweifaktorielle Analyse mit Messwiederholung auf den Faktoren Aufmerksamkeitsfokus und Vertrautheit ergibt einen signifikanten Haupteffekt für den Faktor Vertrautheit (F1,∞ = 3.91, p < .05). Dagegen ergibt sich kein statistisch bedeutsamer Einfluss des Faktors Aufmerksamkeitsfokus (F1,∞ = 1.56, p = .21) und der Interaktion der beiden Faktoren (F1,∞ = .99, p = .32). Anhand von Einzelvergleichen durch den Wilcoxon-Test zeigt sich jedoch nur unter den bewegungsbezogenen Aufmerksamkeitsbedingungen ein signifikanter Unterschied zwischen den vertrauten und nicht-vertrauten Bedingungen (internal: Z23 = -1.89, p < .05; external: Z23 = -.34, p = .38).

Damit kann Hypothese 2.1 nur zum Teil bestätigt werden. Die Ergebnisse der zweifaktoriellen Rangvarianzanalyse entsprechen den Erwartungen. Allerdings zeigt sich bei den durchgeführten Einzelvergleichen kein bedeutsamer Unterschied zwischen vertrauten und nicht-vertrauten External-Fokusbedingungen.

Eine mögliche Konfundierung der Ergebnisse könnte sich durch die unterschiedliche Bevorzugung bewegungs- und effektbezogener Aufmerksamkeitslenkungen ergeben. Von den 23 Spielerinnen gaben 18 an, ihre Aufmerksamkeit beim Freiwurf bevorzugt auf Aspekte der Bewegungsausführung zu lenken, nur fünf berichteten die Präferenz einer Fokussierung auf externale Bewegungseffekte. Es ist anzunehmen, dass die Spielerinnen in den meisten Fällen ihren bevorzugten Aufmerksamkeitsfokus nutzen, sodass die Vertrautheit mit diesem besonders hoch sein sollte. In Abbildung 26 sind die Trefferleistungen noch einmal für diese beiden Subgruppen separat dargestellt. Dabei ist anzumerken, dass die Ergebnisse der Spielerinnen mit der Bevorzugung eines externalen Fokus aufgrund deren geringer Anzahl (n = 5) nur bedingt aussagekräftig sind und auf eine statistische Auswertung verzichtet wird. Die Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass sich Leistungseinbußen insbesondere bei einer Abweichung von der bevorzugten Aufmerksamkeitsstrategie ergeben.

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Abbildung 26: Trefferleistung in den Aufmerksamkeitsbedingungen in Abhängigkeit der bevorzugten Aufmerksamkeitsrichtung.

6.4.3 Kinematische Daten

In Abbildung 27 ist die kovariationsbereinigte Ergebnisvariabilität (ErwEV) als Maß für die Ausführungsvariabilität in den unterschiedlichen Aufmerksamkeitsbedingungen dargestellt. Aufgrund des Datenverlustes werden hier lediglich 20 Spielerinnen berücksichtigt. Auch auf eine Darstellung der Ergebnisse für die beiden Subgruppen mit internal- bzw. external-Präferenz wird verzichtet, da nur die Daten von drei Spielerinnen vorliegen, die den effektbezogenen Fokus bevorzugen.

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Abbildung 27: Ausführungsvariabilität (+SD) in den unterschiedlichen Aufmerksamkeitsbedingungen (operationalisiert durch die kovariationsbereinigte Ergebnisvariabilität ErwEV).

Eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung ergibt keine bedeutsamen Haupteffekte (Vertrautheit: F1,19 = .52, p = .48, η2 = .03; Fokus: F1,19 = .65, p = .43, η2 = .03) und auch keine signifikante Interaktion der beiden Faktoren (F1,19 = 1.78, p = .20, η2 = .09). Damit lässt sich Hypothese 2.2 nicht bestätigen. Eine post-hoc-Analyse ergibt jedoch für die bewegungsbezogenen Aufmerksamkeitsbedingungen die erwartete geringere Ausführungsvariabilität für vertraute Bedingungen (t = - 1.81, p < .05).

Das Ausmaß der Kovariation der Abwurfparameter in den verschiedenen Bedingungen ist – nach vorheriger Z-Transformation – in Abbildung 28 dargestellt.

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Abbildung 28: Kovariation der Abwurfparameter (+SD) in den verschiedenen Aufmerksamkeitsbedingungen.

Wie aufgrund der dargestellten Ergebnisse zu erwarten, ergeben sich bei der durchgeführten zweifaktoriellen Varianzanalyse mit Messwiederholung keine bedeutsamen Effekte (Vertrautheit: F1,19 = .64, p = .43, η2 = .03; Fokus: F1,19 = 1.98, p = .18, η2 = .10; Interaktion: F1,19 = .18, p = .67, η2 = .01). Folglich kann Hypothese 2.3 nicht bestätigt werden.

6.5 Diskussion

In der hier vorgestellten Studie werden die Ergebnisse aus Untersuchung I aufgegriffen. Im Unterschied zu anderen Arbeiten und den Annahmen der Explicit Monitoring Theories ergaben sich dort bei der Lenkung der Aufmerksamkeit auf die Bewegungsausführung bessere Leistungen als in einer Baseline-Bedingung. Eine mögliche Erklärung könnte darin bestehen, dass häufig genutzte Aufmerksamkeitslenkungen – wie in Untersuchung I verwendet – in den Ausführungsprozess integriert werden und bei deren Anwendung keine Störung der automatisierten Ausführung resultiert. Daraus resultiert die Hypothese, dass nicht die Aufmerksamkeitsrichtung, sondern die Vertrautheit mit den Ausführungsbedingungen für die Störung der automatisierten Ausführung verantwortlich ist und die Leistungsverschlechterungen hervorruft.

Wie schon in Untersuchung I wird für die Bearbeitung der Fragestellung ein feldnahes Vorgehen gewählt. Als Stichprobe standen wiederum Spielerinnen der U16- und U18-Kader des DBB zur Verfügung. Für die Festlegung vertrauter und nicht-vertrauter Aufmerksamkeitsbedingungen wurden die individuellen Aufmerksamkeitsstrategien der Spielerinnen erfragt. Dabei ist anzumerken, dass sowohl in den vertrauten als auch in den nicht-vertrauten Aufmerksamkeitsbedingungen eine Fokussierung auf wichtige Merkmale des Freiwurfs erfolgte und nur sehr geringe Unterschiede zwischen den Bedingungen bestanden (z. B. Fokussierung auf das Abklappen des Handgelenkes vs. Fokussierung auf den Abdruck des Balles von der Hand).

Analyse der Trefferleistungen

Hypothese 2.1 kann nur zum Teil bestätigt werden. Bei der zweifaktoriellen Analyse zeigt sich erwartungsgemäß lediglich ein signifikanter Haupteffekt für den Faktor Vertrautheit. Bei den durchgeführten Einzelvergleichen ergibt sich jedoch kein bedeutsamer Einfluss der Vertrautheit unter External-Bedingungen. Auch das Ergebnis, dass 18 der 23 Spielerinnen angaben, beim Freiwurf einen bewegungsbezogenen Aufmerksamkeitsfokus zu bevorzugen, deutet darauf hin, dass dies von den Spielerinnen nicht als negativ für die erfolgreiche Ausführung wahrgenommen wird, wie dies im Rahmen der Explicit Monitoring Theories und der constrained action-Hypothese angenommen wird. Wulf et al. (2001b) berichten das umgekehrte Ergebnis, nämlich die überwiegende Bevorzugung eines effektbezogenen Aufmerksamkeitsfokus bei der Ausführung einer wenig geübten Laboraufgabe (Stabilometer).

Um die Annahme abzusichern, dass eine Deprozeduralisierung durch die Nutzung nicht-vertrauter Aufmerksamkeitsbedingungen erfolgt, sind allerdings noch weitere Studien erforderlich. Zum einen könnten für das gefundene Ergebnis auch andere Faktoren verantwortlich sein. So ist beispielsweise denkbar, dass die Ausführung unter nicht-vertrauten Bedingungen mit geringeren Selbstwirksamkeitsüberzeugung der Spielerinnen einhergehen und sich bereits hierdurch schlechtere Leistungen ergeben (Wilhelm & Büsch, 2006). Zum anderen könnte durch das Überwiegen der Bevorzugung des bewegungsbezogenen Fokus eine Konfundierung des Vertrautheitsfaktors mit der bevorzugten Aufmerksamkeitsstrategie vorliegen. Es ist anzunehmen, dass die Spielerinnen in den meisten Fällen ihren favorisierten Aufmerksamkeitsfokus nutzen und bei diesem die Vertrautheit besonders hoch ist.

Analyse der kinematischen Daten

Die Hypothesen 2.2 und 2.3 können nicht bestätigt werden. Bei der Analyse der Ausführungsvariabilität und der aufgabendienlichen Kovariation ergeben sich keine statistisch bedeutsamen Haupteffekte für den Faktor Vertrautheit. Bei post-hoc-Analysen zeigt sich jedoch der erwartete Unterschied bei der Ausführungsvariabilität zwischen vertrauten und nicht-vertrauten internal-bewegungsbezogenen Fokusbedingungen.

Mögliche methodische Ursachen für das Ausbleiben der erwarteten Veränderungen wurden bereits in Abschnitt 5.5 diskutiert.

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4 Diese Untersuchung wurde vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) gefördert unter dem Geschäftszeichen VF 07/10/04/2005.


>> Zusammenfassung und Ausblick

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