Psychischer Druck | Inhaltsverzeichnis der Doktorarbeit |
Untersuchungsmethodik
5.3.6 Datenerfassung
Erfassung der 2D-Bewegungsdaten
Die Erfassung der kinematischen Daten erfolgte mit dem Programm SIMI Motion 7.0. Dazu wurden an den Gelenken der Wurfarmseite (Knöchel-, Knie-, Hüft-, Schulter-, Ellbogen-, Hand- und Kleinfingergrundgelenk) reflektierende kugelförmige Marker angebracht. Die Marker wurden direkt auf der Haut bzw. beim Hüftmarker auf einer eng anliegenden Hose befestigt (vgl. Abbildung 11). Der Marker am Kleinfingergrundgelenk hatte einen Durchmesser von 14 mm, die an den anderen Gelenken von 23 mm. Die im Videobild kontrastreich hervortretenden Marker konnten zumeist mit dem automatischen Erfassungsmodus in SIMI Motion detektiert werden.
Abbildung 11: Videometrische Erfassung der Bewegung in der Wurfebene anhand der an den Gelenken angebrachten Marker.
Die 2D-Rohdaten wurden exportiert und alle weiteren Berechnungen mit eigenen Routinen (Visual Basic 6.0) durchgeführt. Die Rohdaten wurden zunächst einer Tiefpassfilterung 2. Ordnung unterzogen. Die Filterfrequenzen für die einzelnen Datenreihen wurden durch eine von Winter (1990, 2005) vorgeschlagene Methode bestimmt, die auf einer Residualanalyse der Rohdaten und gefilterten Daten bei unterschiedlichen Filterfrequenzen beruht. Die dabei ermittelten Eckfrequenzen lagen zwischen 6 Hz und 16 Hz.
Für die weiteren Analysen wurde die für das Bewegungsergebnis relevante Streckbewegung vor dem Verlassen des Balles der Hand genutzt. Die Bestimmung dieses Abschnitts erfolgte anhand der Bewegung des Handgelenks, das in der Wurfebene eine S-förmige Bahn beschreibt (vgl. Abbildung 12). Dabei ist zum Zeitpunkt des minimalen Wertes in horizontaler Richtung (Pmin) die Wurfauslage erreicht und die Hand befindet sich nahe an der Schulter. Beim Erreichen des Maximalwertes (Pmax) ist die Streckbewegung beendet und der Ball hat die Hand verlassen.
Abbildung 12: Beispielhafter Verlauf des Handgelenks in der Wurfebene. Pmin: Beginn der Streckbewegung in der Wurfauslage, Pmax : Ende der Streckbewegung, Ball hat die Hand verlassen.
Aus den gefilterten 2D-Daten der Marker an den Gelenkpunkten wurden die Winkelverläufe für Knie-, Hüft- Schulter-, Ellbogen- und Handwinkel berechnet (vgl. Winter, 1990, 2005).
Erfassung der 3D-Ballflugdaten
Zur Erfassung des Ballfluges wurden die Videoaufnahmen der Kameras 2 und 3 anhand des ersten Bildes synchronisiert, in dem der Ball sichtbar die Hand verlassen hat. Pro Wurf wurden dann aus beiden Perspektiven die Bildkoordinaten des Ballmittelpunktes manuell ermittelt und so über den gesamten Ballflug zehn Wertepaare bestimmt. Nach der Berechnung der 3D-Rohdaten mit SIMI Motion wurden diese exportiert und alle weiteren Berechnungen mit eigenen Programmroutinen (Visual Basic 6.0) durchgeführt. Die Ermittlung der Flugkurven im Raum erfolgte anhand von Regressionsberechnungen. Da der Ball in der Wurfebene (x-z-Ebene) – bei Vernachlässigung des Luftwiderstandes – eine parabelförmige Flugbahn beschreibt (vgl. Abbildung 13 A), wurden quadratische Regressionsberechnungen genutzt, um die Koeffizienten a0, a1 und a2 (Gleichung (2)) zu bestimmen. Die seitliche Abweichung der Flugbahn (in der x-y-Ebene) stellt eine Gerade dar (vgl. Abbildung 13 B), sodass hier lineare Regressionsberechnungen zur Ermittlung von b0 und b1 (Gleichung (3)) durchgeführt wurden.
z = a2x2 + a1x + ao | (2) |
y = b1x + b0 | (3) |
Abbildung 13 A-B: Flugkurven einer Wurfserie bis zum Durchschneiden der Ringebene. Dargestellt sind die parabelförmingen Flugkurven in der Wurfebene (A) und die lineare seitliche Abweichung (B) für eine Serie mit 20 Würfen.
Mithilfe der Regressionsrechnungen werden also fünf Koeffizienten bestimmt, durch die die Flugkurven des Ballmittelpunktes im Raum vollständig beschrieben werden können.
Erfassung der Zustandsangst
Nach jeder Wurfserie wurde die Zustandsangst mit der State-Skala des STAI (Laux et al., 1981) erfasst, um zu prüfen, ob durch die Instruktionen eine erhöhte Drucksituation in der entsprechenden Serie erzeugt wurde. Die State-Skala des STAI besteht aus 20 Items, bei denen die Angaben auf einer Likert-Skala Werten von 1 bis 4 zugeordnet sind. Somit sind Ergebnisse zwischen 20 (geringe Zustandsangst) und 80 (sehr hohe Zustandsangst) möglich.
Erfassung der Trefferleistung
Zur Bestimmung der Wurfleistung wurde – in Anlehnung an das Vorgehen in anderen Studien (z. B. Hardy & Parfitt, 1991; Zachry et al., 2005) – jeder Wurf anhand der Videoaufnahmen des Ballfluges auf einer vierstufigen Ordinalskala bewertet. Dabei wurden drei Punkte für einen direkten Treffer ohne Ringberührung, zwei Punkte für einen Treffer mit Ringberührung, einen Punkt für einen Fehlwurf mit Ringberührung und keinen Punkt für einen air ball gewertet.
Dieses Vorgehen wurde gewählt, da aufgrund der zeitlichen Rahmenbedingungen innerhalb der Kaderlehrgänge mit 20 Würfen nur eine geringe Anzahl von Ausführungen unter den jeweiligen Bedingungen durchgeführt werden konnten. Die 4-fach gestufte Bewertung ermöglicht eine differenziertere Beurteilung der Wurfqualität als die dichotome Treffer-Fehlwurf-Bewertung. Dies erscheint auch aufgrund des hohen Leistungsniveaus der Kaderspielerinnen und der geringen Gruppengrößen sinnvoll. Aus den erzielten Punktwerten wurde für jede Serie ein Summenscore gebildet. Die Summenbildung bei kategorialen Daten kann aus messtheoretischer Sicht als kritisch erachtet werden, erscheint aber an dieser Stelle aus inhaltlichen Überlegungen angemessen zur Beschreibung der Trefferleistung.
Jeweils 600 der 1200 Würfe wurden von zwei unabhängigen Ratern bewertet. Zur Bestimmung der inter- und intra-Rater-Reliabilität wurden von beiden Ratern 50 zufällig ausgewählte Versuche ein zweites Mal beurteilt und 50 zufällig ausgewählte Versuche des anderen Raters bewertet. Dabei ergaben sich durchweg sehr hohe Übereinstimmungen (alle r-Werte > .93).
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