Finaltag bei den Finals

Die World Series of Darts Finals nähern sich unaufhaltsam der Ziellinie. Am Finaltag nicht mehr dabei ist das deutsche Trio Gabriel Clemens, Martin Schindler und Daniel Klose, die allesamt bereits am ersten Spieltag ausgeschieden sind. Nicht mehr dabei aber auch u.a. Titelverteidiger Gerwyn Price der sich überraschend Keegan Brown geschlagen geben musste. Der ehemalige PDC-Jugendweltmeister, der in der Weltrangliste aktuell lediglich auf Position 92 rangiert, setzte sich aufgrund eines perfekten Timings und einer herausragenden Checkout-Quote gegen den keineswegs schwächelnden, sondern durchaus überzeugenden Walliser Ex-Weltmeister durch. Ebenfalls bereits aus dem Rennen genommen wurde der amtierende Weltmeister Michael Smith, allerdings war hier der beachtliche Überraschungsmoment nicht ganz so gravierend. Denn Darts-Ikone Raymond van Barneveld konnte sich auf gewaltige Rückendeckung verlassen. Mit der Unterstützung des Heimpublikums errang er einen frenetisch gefeierten Sieg gegen Michael Smith und steht somit im Viertelfinale, wo er auf Peter Wright trifft.

Am Nachmittag wurden die Viertelfinals ausgetragen und hier konnte man bereits großen Sport genießen. In den Viertfinalrunden galt der Modus Best-of-19-Legs, d.h. man brauchte zehn Legs zum Sieg.

Die wenigsten Probleme offenbarte an diesem Nachmittag Luke Humphries, als er in gewohnt gelassener Manier, man könnte sagen, kurzen Prozess mit seinem Gegner machte und mit 10:2 einen überzeugenden Sieg über Rob Cross einwarf.

Dimitri Van den Bergh wollte nicht nur das Viertelfinale gewinnen, sondern endlich auch den Fluch der ewigen Niederlage gegen Michael van Gerwen (seit 2018) besiegen.

Der Durchgang bis zur ersten Pause war qualitativ ansprechend. „MvG“ gelang zwei Mal das fast perfekte 6-Darts-Leg, bevor der nächste Fehlwurf den wahrlich perfekten 9-Darter zunichtemachte. Doch richtig spannend wurde es ab dem sechsten Leg. Van den Bergh gelang das Break zum 2:4, doch „MvG“ nutzte die Möglichkeit zum sofortigen Re-Break (3:4). Das achte Leg ließ van Gerwen wieder liegen, Van den Bergh wandelte seine Chance zum erneuten Break in eine vermeintlich komfortable 3:5-Führung. Aber van Gerwen ließ nicht lange auf sich warten. Trotz erneuter Doppelschwäche gelang ihm, nicht zuletzt dank ausreichender Chancen, das neuerliche Re-Break. Somit wurden alle vier Legs seit der Pause mit einem Break gewonnen. Ein überragendes Checkout von van Gerwen bescherte ihm den Ausgleich zum 5:5, bevor es in die nächste Pause ging.

Dimitri Van den Bergh spielte einen hervorragenden Average und hatte eigentlich einen Sahnetag erwischt, doch die eigene Leistung kann mit noch so viel Milchschaum bedeckt sein, wenn ein Michael van Gerwen gegenübersteht, der weiß, wo man die Schokosplitter draufstreut und wie man die Akzente setzt. Entgegen etlicher verpasster Doppelchancen verstand es der Niederländer, gnadenlos die eigentlichen Höhepunkte zu liefern. Van den Bergh konnte durchaus mit anständigem Scoring überzeugen, doch „MvG“ demonstrierte jedes Mal wieder, wie man auch durchaus beeindruckende Scores pulverisiert. Es wirkte bei Michael fast beiläufig, wenn er reichlich 180er, zwischendrin immer mal eine 170, stilvoll ins Board bretterte. Und so ging van Gerwen nach der Pause mit einem Break zum 5:6 denn auch zum ersten Mal in diesem Spiel in Führung. Humorlos brachte „MvG“ dann auch seinen Anwurf zum 7:5 durch, bevor Van den Bergh zum 7:6 verkürzte. Zwischendurch legte „MvG“ seine vorübergehende Doppelschwäche mal ganz nebenbei ad acta und erhöhte auf 8:6. Van den Bergh versuchte abermals den Anschluss nicht zu verlieren, erhöhte auf 8:7, doch auch „MvG“ brachte sein Leg zum 9:7 nach Hause. Ein unbeabsichtigter Wurf von „MvG“ auf die Trippel-17 und der anschließende Fehlwurf auf die Doppel-3, bescherten dem „DreamMaker“ die Möglichkeit zum 9:8, die der Belgier noch nutzte. Doch dann der Anwurf von Michael van Gerwen, der sofort seinen ersten Matchdart nutzte und Dimitri Van den Bergh somit 10:8 abermals besiegte.

Die vielleicht größte Überraschung des Nachmittags war mit Sicherheit der Viertelfinaleinzug von Keegan Brown, denn der hatte ja den Titelverteidiger Gerwyn Price ausgeschaltet. Erst Ende 2022 verlor Keegan Brown seine Tour Card, die er sich aber über die Q-School zurückerspielen konnte. Im Viertelfinale traf Brown auf Nathan Aspinall, der mit den Sieg im World Matchplay 2023 das zweitgrößte Turnier (nach der Weltmeisterschaft) dieses Jahr für sich entschieden hatte.

Im ersten Leg verpasste Aspinall es erstmal seinen Anwurf durchzubringen, weil er sechs Darts auf die Doppel ausließ, so dass Brown das Leg mit einem Break für sich entscheiden konnte. Kurz darauf die ersten 180er, zuerst von Nathan Aspinall, dann auch von Keegan Brown und auch das Re-Break durch Aspinall ließ nicht lange auf sich warten. Dann plätscherte das Spiel so ein bisschen vor sich hin. Obwohl beide die theoretische Chance hatten, dem anderen jeweils den Anwurf abzunehmen, gelang es keinem der beiden, wirklich die Kontrolle zu übernehmen. Und so hatte bis zur ersten Pause jeder nur seine Pflicht des Anwurfs erfüllt und es stand 3:2 für Nathan Aspinall. Man hatte das Gefühl, dass Aspinall noch weit unter seinen Möglichkeiten spielte. Doch auch wenn es Keegan Brown nicht gelang, die Leistung des Achtelfinales neuerlich abzurufen, hielt er zumindest bis zu diesem Zeitpunkt noch ordentlich mit. Allerdings nur bis zum sechsten Leg. Denn dann schaffte es Nathan Aspinall aus der reellen Chance zum Break auch wirklich die Zwei-Leg-Führung zu gestalten (4:2). Nathan Aspinall, vom Fußball kommend, nicht wirklich der ausgereifteste Techniker unter den Dartspielern, aber ein Kämpfer vor dem Herrn, biss sich rein ins Spiel und fing nun an, seine Führung auszubauen. Keegan Brown war der Frust ein wenig anzusehen, doch er steckte nicht auf, holte zumindest den Anschluss (5:3). Doch in gleicher Weise wie das Rollen der Augen bei Keegan Brown zunahm, ließ auch seine Treffsicherheit nach. Im zehnten Leg nochmal die Chance zum Shanghai-Finish, was Keegan Brown zumindest noch einmal ein Break eingebracht hätte, doch das anvisierte Doppel landete in der einfachen Zwanzig. Im Gegenzug machte Aspinall aus und erhöhte auf 7:3. Nach der letzten Pause gewann Aspinall sukzessive an Souveränität und obgleich Brown den nächsten Versuch des Shanghai-Finishes diesmal erfolgreich zum 7:4 umsetzen konnte und da nochmal ein kurzes Aufflackern an Hoffnung offenbarte, war es letztendlich Nathan Aspinall, der den dritten Matchdart erfolgreich zum 10:5 verwandelte. Summa Summarum spielte der amtierende World Matchplay-Sieger kein herausragendes Match, aber a win is a win. Und der Winner in diesem Match heißt Nathan Aspinall.

Vor dem letzten Match der Viertelfinals war sich das Publikum in Amsterdam natürlich einig und outete sich einmal mehr lauthals als „Barney-Army“. Obwohl auch Peter Wright normalerweise zu den absoluten Publikumslieblingen zählt, stand mit dem fünffachen Weltmeister Raymond van Barneveld natürlich der Local Hero gegenüber und somit war die Publikumsgunst eindeutig zuzuordnen. Zwei Legenden ihres Sports, bei denen schwer ein Favorit auszumachen war. „RvB“ mit durchaus spektakulären Siegen seit dem Rücktritt vom Rücktritt, nicht zuletzt am Vortag gegen den amtierenden Weltmeister Michael Smith. Peter Wright, dessen Dartsfähigkeiten unbestritten sind, jedoch derzeit respektive seit längerem in anhaltender Schaffenskrise. An Fokus und Motivation fehlt es dem schottischen Paradiesvogel (nur auf der Bühne) nicht, doch irgendwo anders liegt es wohl im Argen. Doch einen Peter Wright darf man nie abschreiben. Und so gewann er gleich die ersten beiden Legs, mit 15 Darts sauber und schnörkellos runtergespielt. „Barney“ zu Beginn noch auf der Suche nach den Trippel-Feldern, während der Schotte die Chance zum 3:0 fahrlässig ausließ und damit Raymond van Barneveld ins Spiel brachte. „Barney“ bestrafte gnadenlos, schaffte stattdessen das Break zum 2:1 und kurz darauf den Ausgleich. Beide auf gutem Niveau agierend, gelang „Barney“ mit freundlicher Unterstützung des Publikums, welches Wrights Würfe auf die Doppel immer wieder mit vereinzelten Pfiffen und Buhrufen begleitete, das Break zum 2:3. Zurück aus der ersten Pause erkämpfte Peter Wright das Re-Break zum Ausgleich, auch wenn scheinbar nur Joanne Wright den Leg-Erfolg aufmunternd beklatschen mochte. Die Zuschauer vor Ort puschten weiterhin den zum Königlichen Ritter der Niederlande erhobenen Spieler aus Den Haag. Der bedankte sich beim Publikum mit dem neuerlichen Re-Break, der Bestätigung des Re-Breaks sowie eines weiteren Breaks (3:6). Doch Peter Wright wollte es gerade noch rechtzeitig gelingen, den kurzzeitigen Lauf bzw. den nächsten Anwurf von „RvB“ zu durchbrechen und schaffte wieder den Anschluss zum 4:6.

Gerade in den Legs sechs bis zehn konnte „RvB“ nochmal eine deutliche Leistungssteigerung aufweisen, die brauchte es nun auch dringend bei Peter Wright. Obgleich diese im elften Leg noch ausblieb, kämpfte sich Wright zum 5:6 heran. Aber das war ja nur sein eigener Aufschlag. Anders sah das im nächsten Leg aus, da hatte „Barney“ den Anwurf, dennoch ein weiterer Leg-Gewinn für Peter Wright. Ausgleich. Barneys Leistungen litten zu diesem Zeitpunkt unter zu starken Schwankungen. Einer 180 folgte die 60 usw. Dennoch hatte er mehrfach die Möglichkeit, Peter Wright im 13. Leg wieder den Anwurf abzunehmen. Die letzte Chance: das Madhouse. Doch diese Möglichkeit konnte „Barney“ nicht nutzen, Wright holte sich sein Leg selbst. Erstmals wieder Führung für „Snakebite“ Peter Wright. Entgegen vieler Schwächen holte sich Wright auch das fünfte Leg in Folge und führte nunmehr 8:6. Peter Wright zeigte sich keineswegs übermäßig verbessert, im Gegenteil, selten sah man ihn nach misslungenen Würfen derart emotional. Auch dass er versuchte, das Publikum zu mäßigen, ist keine typische Handbewegung des Schotten. Doch das Problem lag woanders: „Barney“ hatte abreißen lassen, bekam nichts mehr wirklich auf die Reihe. Es gab Mutmaßungen, dass er gedanklich bereits auf Zypern weilte, wo in wenigen Tagen die Hochzeit stattfinden soll. Auch das sechste Leg in Folge ging an Peter Wright (9:6), die „Barney-Army“ wurde merklich ruhiger. Tja, und dann kam das, was man zu diesem Zeitpunkt schon fast erahnen konnte, der Matchdart für den Schotten. Mit dem siebten Leg-Gewinn in Folge krönte Peter Wright seine Aufholjagd und beendete die Partie mit 10:6.

Man darf gespannt sein auf das Halbfinal-Match gegen Nathan Aspinall, denn beide hatten heute ihre Höhen und Tiefen, beide haben nicht die Glanzlichter gezeigt, die beiden Spielern sehr wohl zuzutrauen sind.

Somit ist mit Michael van Gerwen nur noch ein Local Hero im Spiel, wobei „nur“ hier wohl völlig fehl am Platz ist. In jedem Fall erwarten uns auch heute Abend spannende Halbfinals mit den Paarungen:

Luke HumphriesvMichael van Gerwen
Nathan AspinallvPeter Wright

World Series Finals


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