World Grand Prix – Der vierte Spieltag bringt überirdisches Darts von überragenden Top-Akteuren mit überraschenden Ergebnissen
Mit dem World Grand Prix startet die Dartsaison in ihre herbstliche Hoch-Zeit. Nicht zu verwechseln mit Hochzeit – klar, die hatten wir diese Saison in der Dartszene auch schon – aber gemeint ist hier natürlich, dass die hochrangigsten Turniere in den Startblöcken stehen und die Spannung steigert sich bis hin auf den höchsten Gipfel, den man mit Pfeilen zu treffen vermag: die PDC Weltmeisterschaft 2024.
Aber noch sind wir nicht soweit, sondern stehen erst am Anfang des bereits jetzt sportlich hochdramatischen Herbstbeginns. Wir haben es schon ein paar Mal betont, aber da es das hervorstechendste Merkmal des laufenden Major-Turniers ist, möchte ich es auch heute noch einmal anmerken: der World Grand Prix sieht die Ausnahme Regelung Double-In, Double-Out vor. Neben dem seltenen Set-Modus, der sonst nur bei der WM zum Tragen kommt, ist der Wurf aufs Doppel, um ins Leg reinzukommen, obligat und somit die unverwechselbare Charakteristik, die den World Grand Prix fundamental von den anderen Turnieren unterscheidet.
Deshalb bemühen wir an dieser Stelle noch rasch einen kuriosen Fakt der Statistik: der Dartspieler, der bislang die meisten Pfeile benötigte, um überhaupt ins Leg reinzukommen, ist – man höre und staune – Raymond van Barneveld. Und man ist fast geneigt, in den Mitleidsmodus zu switchen, denn der Ärmste vergab 18 Darts (!), um Eingangs das Doppel zu treffen und somit ins Leg zu starten. Doch während man noch im Erstaunen darüber verharrt, dass ein fünfmaliger Weltmeister 18 Darts benötigt, um ein Doppelfeld zu treffen, begibt sich ein anderer konsternierter Gedanke auf die Überholspur und drängt sich mit der alles entscheidenden Frage auf: nach 18 verworfenen Darts war das Leg noch immer nicht zu Ende?! Das bedeutet, der Gegner war nicht in der Lage, solch ein Festival der Fehlwürfe auszunutzen. Den Rekord an vergebenen Würfen, um ins Leg reinkommen, halten dieses Jahr bislang Nathan Aspinall und Dimitri Van den Bergh, die beide jeweils elf Versuche brauchten, um die Anzeige auf dem Scoring-Board überhaupt erstmal in Bewegung zu setzen.
Kein Zweifel, Luke gewinnt das erste Match
Soweit der Rückblick auf die Negativ-Rekorde. Das Double-In bringt den Spielern sicher zusätzliche Erschwernis, dem Zuschauer aber auch den entsprechend reizvollen Thrill. Es bleibt spannend, und trotzdem kann ich eine Prognose schon jetzt mit hundertprozentiger Sicherheit behaupten. Ich wette Haus und Hof darauf, dass Luke im ersten Match gewinnen wird. Nur welcher? Das ist noch die Frage.
Da haben wir zum einen Luke Humphries. Es dürfte eines von Humphries Zielen sein, rechtzeitig unter die Top-4 der Weltrangliste zu kommen. Denn dann gibt es keine überflüssigen Diskussionen, keine Fragen und keine Zweifel hinsichtlich einer potentiellen Premier League Teilnahme in 2024. Nummer eins bis vier sind automatisch für die Premier League gesetzt und blickt man auf all die verbalen Auseinandersetzungen zurück, die zum Teil haarsträubende Ausmaße angenommen hatten, im Hinblick auf die weiteren Teilnehmer, die eine Wildcard erhalten, so möchte man sich diese Debatte sicher liebend gerne ersparen. Deshalb ist ein Platz unter den Top-4 zweifelsohne die angenehmste Lösung und das wird es sein, was Luke Humphries (derzeitige Nummer sechs, aktuell bald Nummer fünf der Order of Merit) als bald als möglich anstrebt.
Sein Gegner Luke Woodhouse hatte in Runde eins einen Mitfavoriten ausgeschaltet, Dave Chisnall. Und „Woody“ hat bei seinem Sieg auch durchaus überzeugt, keine
Frage. Doch mit Luke Humphries hatte er heute einen Gegner vor der Brust, der schon lange nicht mehr nur zu den Geheimfavoriten zählt, sondern sich ganz augenscheinlich an der Weltspitze etabliert hat.
Weiterhin im Best-of-5 Modus
Woodhouse kam optimal rein und begann erstmal mit einem Break, das er jedoch nicht bestätigen konnte, nicht zuletzt weil „Cool Hand“ Luke bereits im zweiten Leg seine erste 180 ins Board schlenderte. Den höchsten Anspruch an Luke Humphries hat vermutlich Luke Humphries selbst. Und das ist eines der Erfolgsrezepte des Engländers. Doch auch der andere Luke befand sich auf der Erfolgsspur und setzte die Break-Serie fort. Führung Woodhouse. Das Außergewöhnliche an diesem Satz war, dass man bis dahin nur und ausschließlich Doppelwürfe auf das 16er Segment gesehen hatte und zwar sowohl beim In als auch beim Out. Auch im nächsten Leg kamen beide Spieler auf dem Double-16 Feld rein, auch diesmal wieder ein Break. Ausgleich durch Humphries. Doch obgleich „Woody“ die Chance hatte, das Breakfestival zu vergolden und diesen Satz mit drei Breaks für sich zu entscheiden, war es letztendlich Luke Humphries, der als erstes seinen Anwurf holte und einen weiteren Set-Dart nutzte, um 1:0 in Sätzen in Führung zu gehen.
Auch im zweiten Satz wurde Eingangs ausschließlich das Doppel-16 Segment malträtiert. Erst im zweiten Leg kam endlich mal die Doppel-7 in den Genuss, dem Einstieg ins Leg zu verhelfen. Ich denke, das war ein Zufallstreffer, aber egal, Hauptsache drin. Beide weiterhin in Break-Stimmung, denn auch hier endeten die ersten zwei Legs wieder damit, dem Gegner den Anwurf abzunehmen. Dann endlich gelang es sowohl dem einen wie auch dem anderen Luke, das eigens begonnene Leg auch durchzubringen. Wieder Ausgleich. Wie auch im vorherigen Set hielten beide die Spannung aufrecht, es war nicht eindeutig auszumachen, wer die Nase vorne haben würde. Und dann war es doch wieder der entspannter wirkende Akteur, der die bessere Treffsicherheit offenbarte. 2:0 Satzführung für „Cool Hand“ Luke.
Im dritten Set das mittlerweile gewohnte Bild. Die Doppel-16 als Trittbrett ins Leg. Wieder hatte der Anwerfer alle Chancen, sein Leg durchzubringen, aber es war der Gegner, der es einsackte, Break durch „Woody“. Klar, dass auch Humphries die Breakserie fortführte, somit Sekunden später 1:1. Dem Brauchtum folgend ein weiteres Break, Woodhouse ging 2:1 in Führung, Humphries konterte, 2:2. Jedoch vermochte es Luke Woodhouse nicht, seine Set-Darts zu nutzen, man merkte, dass die Nerven ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht hatten. Ganz anders hingegen verhielt es sich bei Luke auf der anderen Seite. Mit dem sinfonischen Flow in der Wurfbewegung, die ihresgleichen sucht, vollendete er sein Abendwerk. 3:0 in Sätzen für Luke Humphries, auch wenn die Null auf „Woodys“ Seite nicht wirklich seiner Leistung entsprach. Ansonsten könnte man nach diesem Match noch darüber nachdenken, ob man wirklich das ganze Board auswechseln muss oder einfach nur das 16er-Segment austauscht.
Das zweite Spiel an diesem Abend war gleichsam Spiel sechs im Achtelfinale des World Grand Prix 2023
Ryan Searle forderte hier Peter Wright, den zweifachen Weltmeister, der in dieser Turnierwoche, wenn auch ausgerechnet gegen Gabriel Clemens, wieder alte Stärke aufblitzen ließ. Vor dem Spiel verriet Ryan Searle, dass er sein übliches Ritual, nämlich zusammen mit seinem Vater eine Portion „Crack Sausage Rolls“ zu verspeisen – igitt! – heute wohl nicht geschafft hatte. Warum das so war, werden wir wohl nie erfahren, aber wer als Sieger des Matches hervorgehen sollte, diese Frage würde sich bald klären.
Nicht nur, weil beide Spieler eher andere Felder bevorzugten, als exklusiv die 16 auszuhöhlen und auch nicht, weil sowohl Wright als auch Searle erstmal stabil das eigene Leg durchbrachten, war schon nach den ersten Würfen klar, dass dieses Spiel eine ganz andere Charakteristik aufweisen würde als das Match zuvor. Und schon nach den ersten beiden konstant heruntergespielten Legs fiel „Snakebite“ in die erste kleine Schaffenskrise, was Ryan Searle zu einem souveränen 3:1 Satzgewinn nutzte. Das Lieblingssegment des Engländers bisher und weiterhin eindeutig die Doppel-19, der Schotte hatte zu diesem Zeitpunkt sein favorisiertes Feld noch nicht gefunden.
Doch Peter Wright ließ sich vom missglückten ersten Satz nicht aus der Façon bringen, ging im zweiten Satz erstmal 2:0 in Führung. Und obwohl Searle noch den Anschluss zum 2:1 schaffte, beendete Peter Wright den zweiten Satz mit einem Highfinish. Die 167 checkte „Snakebite“ mit Triple 20, Triple 19 und Bullseye aus. Chapeau! Satzausgleich 1:1. Das Double-In bereitete beiden Spielern an diesem Abend bis dahin keine größeren Schwierigkeiten. Und offensichtlich war auch das Auschecken von Highfinishes mit einem Mal kein Problem mehr für Peter Wright. Das erste Leg des zweiten Satzes holte sich der Schotte im Stile eines ehemaligen Doppel-Weltmeisters. Die 158 (T20, T20, D19) ward souverän gelöscht. Das dritte Highfinish folgte auf dem Fuße: Peter Wright checkte die 121 (T20, T11, D14) aus, als wenn es nichts wäre. Doch auch wenn es bei Ryan Searle nicht die ganz großen Momente waren, er holte sich die Legs dazwischen und so stand es plötzlich 2:2. Peter Wright bekam die erste Chance, den Satz zu löschen. Doch er verpasste die große 18, und Searle war an der Reihe. Aber auch er schaffte es nicht. Peter ließ seine nächste Chance ebenfalls verstreichen. Abermals die Möglichkeit für Ryan Searle. Wohlgemerkt: da war kein ultra-exotischer Restbestand auf dem Scoring Board verblieben – beide standen erst auf der durchaus machbaren 40, dann auf der ebenso zumutbaren 20! Doch auch „Heavy Metal“ vergab abermals, schaffte es nicht, die 10 auszuchecken. Ein weiteres Mal ließ sich der Schotte nicht bitten und holte sich schlussendlich den dritten Satz.
Ryan Searle war nach diesem Satzverlust offenbar bedient. Man muss befürchten, dass er die Nacht mit Muskelkater im Nacken verbringt, so ausdauernd wie er über die Länge des vierten Satzes hinweg den Kopf schüttelte. Peter Wright konnte es recht sein, daher ließ er nichts mehr anbrennen. Ryan Searle war sichtlich durch, während sich „Snakebite“ vielleicht sogar ein wenig zu viel abfeierte, bevor er seinem Gegner im letzten Set die Null-Klatsche servierte. 3:1 in Sätzen für Peter Wright. Der Schotte, der ja schon früher mit „prophetischer Gabe“ auffiel, hatte vorhergesagt, den World Grand Prix dieses Jahr zu gewinnen. Schauen wir mal!
Auch Michael van Gerwen möchte dieses Turnier gewinnen. Für ihn wäre es wahrhaftig der 7. Titel in diesem gewichtigen Wettbewerb. Aber vom Spiel um den Titel sind wir noch ein paar Runden entfernt.
Ein episches Match mit einer Riesenüberraschung
Heute Abend galt es für „MvG“ erst einmal erfolgreich das Achtelfinale gegen Chris Dobey zu bestreiten. Auch „Hollywood“ ist inzwischen in der Weltspitze angekommen. Nachdem er dieses Jahr das Masters für sich entscheiden konnte, war er zum ersten Mal fester Bestandteil der Premier League. Nach einiger kontroverser Kritik an seiner Nominierung antwortete der Engländer prompt mit dem ersten Tagessieg in der prestigeträchtigen Serie. Daran sah man, dass er mit Druck umgehen kann. Und diesen Druck würde auch sein mächtiger niederländischer Gegner heute unstrittig auf ihn ausüben.
Dobey hielt dem Druck erstmal Stand, begann stark, ging gleich 2:0 in Führung. Dann das erste Highlight: „Mighty Mike“ begann mit acht perfekten Darts, bevor er mit dem neunten Dart nur im grünen Part des Bullseye landete. Wer hätte gedacht, dass die verbliebene 25 dem Niederländer in dieser Aufnahme noch die meisten Schwierigkeiten bereiten würde. Trotzdem kurz darauf der Anschluss zum 2:1. Der Engländer zeigte sich unbeeindruckt, holte sich das nächste Leg, um mit einer 1:0-Satzführung in die Pause zu gehen. Auch für den nächsten Paukenschlag ließ sich van Gerwen nicht lange bitten. Wiederholt acht perfekte Darts, doch auch diesmal fand der neunte nicht den Weg ins Bullseye, landete stattdessen frech in der einfachen Drei. Und während sich die Zuschauer immer noch verwundert die Augen rieben, hatte der Niederländer bereits Leg eins und zwei kassiert. Immer wieder begann er mit mindestens drei perfekten Würfen. Michael war ganz offensichtlich in der Stimmung, heute ein Feuerwerk abzubrennen. Und auch wenn Chris Dobey nicht untätig blieb und ordentliche Würfe zeigte, war das 3:0 für van Gerwen nur eine Frage der Zeit.
Van Gerwen bewies heute Abend wirklich „green-monster“-Qualitäten, warf monströs gute Darts. Trotzdem spürte er weiterhin den Atem des Gegners im Nacken, denn auch der Engländer beherrschte sein Spiel und ging im dritten Set bei eigenem Anwurf erstmal 1:0 in Führung. „MvG“ glich umgehend aus, bevor Dobey auf 2:1 ausbaute. Neuerlicher Ausgleich 2:2. Das entscheidende Leg begann Dobey, trotzdem hatte Michael den ersten Set-Dart, den er aber liegenließ. „Hollywood“ machte es ihm nach, verpasste ebenfalls das letzte Doppel. Ein zweites Mal ließ van Gerwen die Chance nicht verstreichen und holte sich den dritten Satz.
Wiederholen sich die Ereignisse?
Im Match zuvor hatte eine dementsprechende Situation – die verpasste Riesenchance, den Satz zu holen – den Willen des unterlegenen Spielers gebrochen. Sollte Chris Dobey nun ein ähnliches Schicksal ereilen? Nein! Weder Kopfschütteln noch hadern ohne Ende – ganz im Gegenteil: Chris Dobey holte sich stattdessen ein Break im ersten Leg des vierten Satzes. Aber „MvG“ antwortete mit dem Gegenbreak. Doch entgegen etlicher verpasster Epochal-Chancen weigerte sich der Engländer, den Kopf in den Sand zu stecken, holte ein weiteres Break. Das konterte van Gerwen abermals mit dem Re-Break. „Mighty Mike“ hatte Anwurf im fünften Leg, doch Dobey ließ sich partout nicht abschütteln. Der Engländer war einfach nicht dazu bereit, jeglichen Status einer übermächtigen Naturgewalt anzuerkennen, kämpfte sich stattdessen zum Satzgewinn und erzwang die Verlängerung. Alle fünf Legs dieses Sets waren mit Breaks entschieden worden.
Einfach nur gigantisch!
Der Satzausgleich bescherte Chris Dobey offenbar noch ein zusätzliches Quantum „Push“. Hatte „Hollywood“ vorher schon hervorragend getroffen, verlieh er seinem Spiel nun gar das Qualitätsprädikat „Brillanz“. Mit sensationell guten Würfen gelang es ihm, selbst das letzte Aufbäumen des erfolgsverwöhnten Niederländers abzuschmettern und in Style beendete er das Match, indem er im dritten Leg die 156 auscheckte. Nach einem 1:2 Satzrückstand hatte es Chris Dobey geschafft, dieses hochdramatische Duell noch zu drehen. Und nicht nur zu drehen, sondern komplett auf den Kopf zu stellen. Michael van Gerwen in einem Major zu besiegen, dem Weltranglistenzweiten mit der Ambition, möglichst bald wieder auf den Nummer-1-Thron zurückzukehren, solch eine empfindliche Niederlage beizubringen, ist immer ein ganz besonderer Erfolg. Gratulation an Chris Dobey, mit Sicherheit die Überraschung des Tages!
Gerne hätte man noch etwas Luft geholt, um sich einigermaßen zu beruhigen, doch diese Erholungspause blieb einem verwehrt, denn schon betraten die nächsten beiden Top-Spieler die Bühne. Im letzten Match des Tages standen sich Ross Smith und Joe Cullen gegenüber. Die Engländer hatten heute Abend ihre Quote erfüllt. Von acht Protagonisten kamen allein sechs Spieler aus England, nur einer aus den Niederlanden, (der nun bittererweise auch noch den Heimweg antreten musste) und natürlich der schottische Paradiesvogel Peter Wright.
Der erste Satz war eine schnelle Angelegenheit, denn ohne ein Leg abzugeben, machte Joe Cullen kurzen Prozess mit seinem Gegner. Im zweiten Satz dauerte es nicht lange, und Ross Smith schien extrem angenervt. Man hatte allerdings nicht den Eindruck, als sei der erneute Legverlust durch Break der einzige Grund dafür, dass „Smudger“ so angefressen war. Irgendwas lag in der Luft – eventuell eine akustische Störung von wem auch immer. Möglicherweise vom Kontrahenten, man wusste es nicht. Doch Ross Smith fing sich vermeintlich rasch wieder und wenn er auch nicht ganz so unaufgeregt wie üblich wirkte, holte er sich doch das Gegenbreak. Dennoch schien er heute Probleme damit zu haben, seine Konzentration respektive den Weg „in den Tunnel“ zu finden und ließ eine um die andere Chance aus. Cullen hingegen hatte seine Konstanz längst eingependelt und holte sich die Führung mit Break zurück. Aber auch hier ließ das nächste Break nicht lange auf sich warten, erneuter Ausgleich. Das fünfte Leg sollte über den zweiten Satz entscheiden. Und diesen holte sich nach einem nervösen Decider-Leg der „Smudger“. Ausgleich in Sätzen 1:1. Wobei sich Ross Smith vor dem Gang in die Pause mit eindeutigen Gebärden scharf gestikulierend nochmal Luft machen musste. Wem die Geste galt, bedarf der Klärung. Klar war jedoch, dass dem Spieler irgendwas gewaltig gegen den Strich ging und er sich dadurch extrem gestört fühlte. Joe Cullen quittierte zwar mit Kopfschütteln, aber es war nicht gesagt, dass die vorwurfsvolle Attitüde wirklich in seine Richtung zielte.
Störfaktoren und andere Empfindlichkeiten
Das ungewöhnliche Verhalten des ansonsten eher ruhigen Engländers machte das Spiel fast zur Nebensache. Aber glücklicherweise nur „fast“. Der dritte Satz sah abermals einen ausgeglichenen Spielstand, da sich beide Kontrahenten wieder mit den Leg-Gewinnen abwechselten. Bei Ross Smith schien weiterhin der Wurm drin, zumindest war das wirbellose Kriechtier noch nicht ganz verschwunden und so ließ er erneut wichtige Darts aus. Joe Cullen hingegen unbeirrt, holte sich das fünfte Leg und damit den dritten Satz. Im vierten Satz sah es erstmal so aus, als könne Smith noch zurückschlagen, ging 2:0 in Führung. Beide sparten nicht an 180ern, Joe Cullen warf derer acht, Ross Smith gar neun. Da jagte eine die andere. Dennoch schien es von beiden eher ein pflichtgemäßes Abliefern (oder wir waren schon zu verwöhnt von den Partien zuvor). Doch als man meinte, Ross Smith würde nunmehr den vierten Satz zum Ausgleich einpacken, ließ seine Treffsicherheit wieder erheblich nach, und Joe Cullen glich stattdessen zum 2:2 aus. Nachdem Smith auch im entscheidenden fünften Leg wieder nicht reinkam, war es dann nur noch Formsache für Joe Cullen. Leg, Set und Match an den „Rockstar“, der nach 3:1 in Sätzen ins Viertelfinale einzog. Dort wartet Chris Dobey auf ihn, der heute in sensationeller Manier Michael van Gerwen aus dem Turnier nahm.
Nachzutragen wäre vielleicht noch, dass die Gratulation von Ross Smith an seinen Bezwinger relativ herzlich oder versöhnlich oder auch nur großmütig ausfiel. Also am Verhalten des Gegners schien die Störung nicht zu liegen, was ja schon mal ein erbaulicher Aspekt ist.
Zum Schluss bleibt mir noch zu konstatieren, dass ich Recht behalten habe: heute hat im ersten Spiel Luke gewonnen! Morgen nun alle vier Viertelfinals und YES, unsere „Wall“, Martin Schindler ist immer noch im Rennen. Inzwischen ist er ja „Weltmeister-geübt“ – das wird langsam zur Routine, am morgigen Freitag trifft er auf den nächsten ehemaligen WM-Champion, auf Gerwyn Price.
Aber auch die übrigen Viertelfinalpartien haben es wieder in sich! Man täte wohl gut daran, die Beruhigungstropfen nicht allzu weit weg zu stellen.
Und da die Zeit pfeilschnell vergeht, hier noch der rasche Gruß zur Nacht: stay bright, nice flight.