
Meine erste 180
In der dritten Folge meiner kleinen Fan-Kolumne möchte ich kurz von meiner ersten, selbst geworfenen, 180 erzählen.
Im vorigen Teil hatte ich ja davon gesprochen, wie ich zum Darts gekommen war, und dass ich mir dann auch selbst eine Scheibe und ein paar Pfeile besorgt hatte. Es war die Winmau Blade 4 – das ist keine Schleichwerbung, ich hatte sie ja selbst bezahlt! In meinem Arbeitszimmer in einem Altbau in Essen-Kupferdreh, wo ich damals wohnte, hatte ich mir eine tragende Säule ausgesucht, um das gute Stück anzubringen. Gar nicht so einfach, die Halterung in dem sandigen Stein zu befestigen, aber irgendwann hatte es doch geklappt, und das Ding hing.
Den korrekten Abstand von der Scheibe hatte ich mit buntem Klebeband auf dem Laminat markiert. Ab dann hieß es wirklich in fast jeder freien Minute: Ab mit den kleinen Dingern auf das schwarz-weiß-rot-grüne Teil. Ich muss zugeben, die Darts selber waren nicht von so guter Qualität. Sie hatten dicke Barrels, kein Wolfram. Die Flights waren zunächst Standard. Aber es hat von Anfang an tierisch Spaß gemacht.
Nach so 100, 200 Würfen ist man ja schon ein bisschen eingenordet, hat seinen Stand ganz gut gefunden, nimmt Rhythmus auf, und trifft sogar ab und zu mal wenigstens so halbwegs in die Richtung, in die man auch treffen wollte. In dieser Anfängerphase freut man sich ja schon, wenn man die großen Singlefelder der Zahl trifft, die man sich ausgesucht hat. So ging es also Tage, Wochen, Monate erstmal weiter, meistens abends nach der Arbeit.
Das kann ich übrigens sehr empfehlen – es ist ein wunderbarer Stressabbau! Kostet allerding auch viel Zeit, denn deren Vergehen merkt man dann gar nicht mehr, und ratz, fatz sind wieder mal ein, zwei Stündchen vorbei.
Aus dieser Wohnung meiner ersten Dartsversuche bin ich allerdings ausgezogen, ohne je eine 180 dort in das Brett gezirkelt zu haben. Was ich allerdings vor dem Auszug tun musste, war, mit Holzpaste die Hunderte von Löchern im Laminat zuspachteln, die die herabgefallenen Pfeile verursacht hatten. Bei den ersten Abstürzen hatte ich mich vielleicht noch aufgeregt, irgendwann war mir das egal. Ich dachte, zur Not tausche ich halt auch die Bretter aus … Es ging aber gut, die Vermieterin war mit meiner Renovierungsarbeit zufrieden.
In der neuen Wohnung, in einem kleinen Häuschen unterm Dach, ging es dann nach einiger Zeit munter weiter. Bevor irgendeine Langeweile aufkam, wurden die Pfeile gezückt. Man kann ja Darts auch wunderbar beim Musikhören oder mit laufendem Ferseher betreiben.
Hier war es dann eines Tages bzw. Abends so weit. Ein paar 140er hatte ich immer mal wieder im Board versenkt. Je öfter ich spielte, stieg auch – auf niedrigem Niveau – mein Average. Aber die 180 wollte monatelang, ganz anders als bei meinem Lieblingsspieler Gary Anderson, nicht gelingen. Als es dann tatsächlich soweit war, hatte ich gar nicht damit gerechnet. Ich spielte unverbissen (das ist auch eins der Geheimnisse des guten Spiels), und alle drei Darts (wenn ich mich richtig erinnere, spielte ich zu diser Zeit mit Fantail-Flights, aber nach ersten Versuchen mit den dünneren Tungsten-Darts, trotzdem wieder mit den dicken, bombenartigen Barrels à la Taylor) fluppten plötzlich in die dreifache 20. Da bin ich förmlich ausgerastet.
Ich hab zwar keine(n) Zeugen, aber vielleicht war es auch besser, dass niemand dabei war. An das geile Gefühl erinnere ich mich jedenfalls noch. Ich hab auch gleich – als Beweis für mich selbst für den nächsten Tag – mein Handy gezückt und ein Foto gemacht. Soviel Spaß kann man mit so einem kleinen, lustigen alten Spiel haben (Gott hab ihn selig, den lieben Jocky)!
Stephan Hammers, 23.2.2017