World Series of Darts Finals 2024: Holt sich der Premier League Champion in Amsterdam seinen zweiten Major-Titel?
Und dann war es soweit, auf dem Programm stand das Finale der Finals. Ein Hoffnungsträger aus der Oranje-Monarchie war nicht mehr am Start, nichtsdestotrotz war das Publikum im AFAS Live in Amsterdam völlig aus dem Häuschen und freute sich auf ein potentiell hochklassiges Endspiel. Die Zutaten für eine solche Darts-Delikatesse waren in jedem Fall gegeben, denn mit Luke Littler und Michael Smith standen sich zwei aktuelle Hochkaräter gegenüber, auch wenn es nicht der Michael war, den die Niederländer hier eigentlich erwartet hatten. Die zwei Finalisten hatten vor allem eine ins Auge stechende Gemeinsamkeit, beide konnten bereits den Titel plus Pokal bei der PDC World Youth Championship in Empfang nehmen. Das i-Tüpfelchen ergab, dass zwischen diesen beiden Siegerehrungen exakt zehn Jahre lagen, Michael Smith krönte sich 2013 zum PDC World Youth Champion, Luke Littler genau zehn Jahre später, in 2023.
Ein letztes Mal hieß es an diesem Turnierwochenende: „Game on!“
Die Distanz blieb dieselbe, wie die im Halbfinale, Best-of-21-Legs, d.h. auch hier genügten elf Leggewinne, um den Siegerpokal in die Höhe zu hieven.
Michael Smith hatte das Ausbullen für sich entschieden, seinen Anwurf im ersten Durchgang hielt er noch relativ problemlos, „relativ“ deswegen, weil der Gegner hier bereits zwei Break-Möglichkeiten sah, diese aber nicht nutzte. 1:0. Im zweiten Durchgang war Luke Littler nah dran einen 12-Darter zu landen, aber nachdem er abermals die ersten zwei Checkout-Gelegenheiten verpasst hatte, wurde es halt ein 14-Darter – das tangierte nun wirklich nur peripher, um es mal ganz hochgestochen auszudrücken, die Quintessenz lautete in jedem Fall: es stand 1:1. Im dritten Leg versäumte Luke Littler dann das Bullseye, um das 121er-Finish herauszunehmen und auch die verbliebene 25 bekam er mit der nächsten Aufnahme nicht weg. Michael Smith nutzte die Gunst der Stunde, um sein begonnenes Leg doch noch über die Ziellinie zu retten, nachdem er vorher beim Versuch auszuchecken, ebenfalls eine Aufnahme vergeudet hatte, 2:1. In Durchgang Vier streute Luke Littler beim Scoring reichlich notdürftige Aufnahmen ein, da musste dann eben ein fabelhaftes Checkout her. Gesagt, getan, mit zweimal Triple-20 und Double-10 löschte er das 140er-High Finish und glich abermals aus, 2:2. Ab Leg Fünf war der 17-Jährige aus Runcorn dann aber komplett im Flow. Mit dem ausgezeichneten 12-Darter, das High Finish war im Gesamtpaket inbegriffen: 140 – 100 – 131 – 130 (T20, T20, D5), landete er das erste Break in diesem Finale und ging auch zum ersten Mal in Führung, 3:2. Michael Smith wusste in Durchgang Sechs besagte Wurfanzahl gar noch zu unterbieten, mit aller Entschlossenheit packte er den 11-Darter aus: 180 – 100 – 134 – 87, und revanchierte sich so postwendend mit dem Re-Break, neuerlich der Ausgleich, 3:3. Damit war die Breakserie aber noch nicht zu Ende, im siebten Leg konterte Luke Littler erneut und mit insgesamt 14 Würfen nahm er dem Gegner abermals den Anwurf ab, 4:3.
Irgendwo dazwischen war Michael Smith verloren gegangen
Da Michael Smith den ersten Durchgang begonnen hatte, war Luke Littler auch derjenige, der das Break für den möglichen Matchgewinn unabdingbar brauchte. In Durchgang Acht leistete sich der amtierende PDC-Juniorenweltmeister und PDC-Vizeweltmeister dann auch mal ein kleines Scharmützel mit der verbliebenen 20, die sonst eigentlich sein „Wohnzimmer-Betrag“ ist. Statt der Double-10, auf die er normalerweise regelrecht ein Abonnement abgeschlossen zu haben scheint, traf er zunächst die einfache Zehn und dann die einfache Fünf. Ein Blick auf die Punktegrafik verriet ihm, sein Gegenüber war immer noch irgendwo auf der 208 verblieben. Was soll`s?! Bewusst überwarf sich Luke Littler mit der 14, das brachte ihn wieder auf den Ausgangsbetrag zurück, und die Double-10 traf er bei der nächsten Aufnahme „im Schlaf“. Damit hatte er das zuvor errungene Break bestätigt und baute seine Führung auf 5:3 aus. Michael Smith hatte inzwischen offenbar sein GPS Navi bezüglich der Triple-Feld-Standorte verlegt, er fand kaum noch eins. Das erlaubte Luke Littler in Durchgang Neun allein drei Gänge ans Oche, um 30 Restpunkte loszuwerden, wobei er letztendlich noch aus dem „Madhouse“ flüchten musste. Luke Littler hatte zwischenzeitlich seine Führung bereits verdoppelt, während Michael Smith wieder anfing, sich die Augen zu reiben, was aber mit Sicherheit eher dem Schmerz als der Ungläubigkeit ob des Zwischenresultats geschuldet war. 6:3. Michael Smith brannten offensichtlich die Augen, wohingegen Luke Littler fortan gar nichts mehr anbrennen ließ. Mit der 137er-Vorbereitung und insgesamt 14 Pfeilen, sicherte er sich im zehnten Durchgang sein begonnenes Leg, 7:3. Die gleiche Wurfanzahl benötigte er in Durchgang Elf, um das Break zu festigen, hier war es übrigens die 180, die ihm als Set-up-Shot diente, 8:3. Auch in Durchgang Zwölf war es der 14-Darter, der ihm zur Bestätigung des Breaks gereichte, 9:3. Michael Smith wusste kaum noch, wie ihm geschah, er wurde von seinem Kontrahenten regelrecht überrollt. Luke Littler hatte ihn irgendwann zwischen der ersten und dritten Pause, in jedem Fall unterschwellig und geräuschlos, aus dem Spiel genommen. Michael Smith selbst befand sich weiterhin auf der vergeblichen Suche nach den Triple-Segmenten, die jemand zugenagelt zu haben schien, allerdings nur für die Pfeile vom „Bully Boy“. Luke Littler traf weiterhin nach Belieben und sicherte sich auch den nächsten Anwurf des Gegners, 10:3. Jetzt war der exzeptionell talentierte Nachwuchsstar nur noch einen Leggewinn von seinem zweiten Major-Erfolg entfernt.
Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und ein „Big Fish“ macht den „Bully Boy“ noch nicht zum Champion
Den 14. Durchgang begann Luke Littler mit der 180 und ließ drei Aufnahmen von 140, 97 und 59 gelöschten Punkten folgen. Michael Smith konterte hier mit den ersten neun Darts und servierte Aufnahmen von 91, 100 und 140, was ihm 170 Rest ließ. Bei Luke Littler standen noch 25 Punkte zu Buche, während Michael Smith nurmehr diese eine Möglichkeit blieb: Triple-20, Triple-20 und Bullseye – der „Bully Boy“ hatte den „Big Fish“ tatsächlich geangelt, 4:10. Wer aber glaubte, dies sei nun der Wendepunkt für ein exponentiell wachsendes Wunder – schließlich hatte man zwei davon im Achtelfinale erlebt – sah sich getäuscht. Gestern waren es eben Kevin Doets und Wessel Nijman, die angesichts des reell möglichen Matchgewinns überfordert schienen, einer solch gearteten Nervosität würde sich ein Luke Littler nie und nimmer hingeben. Alle klammheimlich aufschimmernde Hoffnung des Smith-Anhangs erstickte Luke Littler in Durchgang 15 schon im Keim, auch wenn es ihm hier zunächst noch nicht gelingen wollte, die 139 mit einer Aufnahme herauszunehmen, weil der Wurf auf die Double-11 misslang. Michael Smith hatte sich mit der nächsten 180 als Set-up-Shot zwar noch mal die optimale Vorbereitung serviert, aber er sollte keine weitere Möglichkeit bekommen, auch die verbliebenen 38 Punkte zu eliminieren. Luke Littler war wieder an der Reihe, trat ans Oche, um den Restbetrag von 22 Punkten auszuradieren, versenkte einen Pfeil in der einfachen Zwei und den zweiten in „seiner“ Double-10. 11:4- Erfolg für Luke Littler über Michael Smith, der auch sein zweites Major Finale in der laufenden Saison verloren hat.
Damit heißt der World Series of Darts Finals Champion 2024: Luke Littler. Ein ebenso aufregendes wie rasantes und gleichsam dramatisches Turnier ist zu Ende gegangen, mit reichlich Spannung, hochklassigen Performances, viel Enthusiasmus im Saal und einem verdienten Sieger: Congratulations, Luke Littler! Der 17-Jährige hat somit bereits seinen zweiten Major-Triumph in diesem Jahr eingeholt und für den nächsten bedeutsamen Eintrag in den Annalen gesorgt. Da bleibt nur noch „Tot ziens, goede nacht en slaapwel!“ aus Amsterdam zu wünschen and Always Look on the Bright Side of the Flight!