World Matchplay 2024: Unterschätzt, neu aufgestellt, entschlossen und mit dem Foto im Pocket Case – die geheimen Zutaten des Erfolgsrezepts

Dem gestrigen Darts Abend hätte der eine oder andere Knalleffekt sicher gutgetan, doch der erhoffte Surround-Sound blieb aus. Einzig Ross Smith sendete einige Stereo-Signale, die Gerwyn Price auch zu beantworten wusste, aber schlussendlich ging der Widerhall unter und der „Iceman“ musste kleinlaut die Bühne räumen. Um ein vielfaches mehr hatte man sich von den Partien Nathan Aspinall vs. James Wade und Luke Humphries vs. Stephen Bunting versprochen, doch das erwartete Feuerwerk blieb aus. Nathan Aspinall fand so gut wie gar nicht in die Partie, man kann allerdings auch nicht mit Bestimmtheit sagen, welche Schmerzen da welche Rolle gespielt haben. James Wade ließ ebenfalls seine übliche Stabilität vermissen, trotzdem rang er sich durch und schickte Nathan Aspinall nach Hause. Mit dem hartnäckigen Widerstand von Stephen Bunting gegen Luke Humphries, hatten auch nicht alle gerechnet, insbesondere nachdem der Weltmeister gerade in jüngster Zeit seine Kontrahenten bedingungslos überrollt hat, unabhängig von Rang, Titel und Namen. Aber der „Humphries-Express“ kam einfach nicht in Fahrt, machte zu viele Tankstopps, vor allem auf dem Weg ins Doppel, und so sah man gestern nicht den gewohnten Average um die 109 oder über 110, sondern „nur“ 102,34 im Schnitt. Na, wenn das nicht Jammern auf sehr hohem Niveau ist, was dann? Stephen Bunting hielt in der Tat prächtig dagegen, aber einen Luke Humphries muss man halt auch erst einmal schlagen, egal, welche Tagesform dieser mitbringt. Auch James Wade kämpfte sich mehr schlecht als recht eine Runde weiter, und bemerkte im Anschluss einmal mehr: „I did what I did.“ O.k., zumindest redet er sich mittlerweile nicht mehr in der dritten Person an: „I do what James Wade does!“. Er ist halt einfach eine ganz eigene Type, die dem Darts aber sehr, sehr guttut und dem Sport hoffentlich noch lange Zeit erhalten bleibt. Den Abschluss des gestrigen Abends bildeten Dimitri Van den Bergh und Jonny Clayton. Der Waliser hatte ebenso viele grandiose Aufnahmen im Gepäck, wie grottenschlechte Aussetzer. Dimitri Van den Bergh blieb hingegen das ganze Match über stabil, seine solide Performance sicherte ihm den Einzug ins Viertelfinale. Zusammenfassend kann man konstatieren: Der Titelverteidiger, Nathan Aspinall, ist ausgeschieden und auch der unterlegene Finalist des Vorjahres, Jonny Clayton, hat sich vorzeitig aus dem Turnier verabschiedet. Für die ordentlich aufspielenden Protagonisten, Gerwyn Price und Stephen Bunting, hat es auch nicht gereicht. Der haushohe Favorit, Luke Humphries, wurde seiner Spitzenreiterrolle irgendwie gerecht, James Wade did what he did, der 9-Darter-Held, Dimitri Van den Bergh, katapultierte sich ebenfalls ins Viertelfinale und Ross Smith war der Sieger mit der überzeugendsten Performance des Abends.

Heute ging es weiter mit der zweiten und letzten Achtelfinal-Session, vier Viertelfinal-Startplätze waren noch zu vergeben, und hierfür wurden die geeigneten Kandidaten gesucht. Es galt wieder der Best-of-21-Legs Modus, natürlich weiterhin mit der Sonderregelung der Two-clear-Legs, d.h. mit dem notwendigen Vorsprung von zwei Legs für den Sieg.

Den Anfang machten Krzysztof Ratajski und Andrew Gilding, „The Polish Eagle“ hatte in der ersten Runde den völlig außer Form angetretenen Dave Chisnall eine heftige 10:2 Klatsche erteilt, Andrew Gilding hatte Publikumsliebling Peter Wright gnadenlos aus dem Turnier komplimentiert. In beiden Fällen hatte „auf dem Papier“ der „Underdog“ gewonnen.

Der unterschätzte „Goldfinger“ unter der Goldkuppel im Winter Gardens

Wayne Mardle prognostizierte im Vorfeld einen klaren Vorteil für Krzysztof Ratajski, der hatte auch den ersten Anwurf, doch Andrew Gilding belehrte ihn gleich mal eines Besseren. Der 53-jährige Engländer startete mit der 180 und endete den Durchgang, den sein Gegner begonnen hatte, mit High Finish, 110 (T20, 10, D20), 1:0. Krzysztof Ratajski antwortete umgehend mit Re-Break, auch er hatte in diesem Leg sein erstes Maximum parat, er scheiterte zwar am Bullseye, beim Versuch, das 123er-Finish herauszunehmen, aber die 25 löschte er mit der nächsten Aufnahme, 1:1. Im dritten Durchgang nahm die Break-Serie ihren Lauf, Andrew Gilding mit der passenden Vorbereitung (129), nach insgesamt 14 Würfen war auch das 2:1 fix. Mit derselben Wurfanzahl bestätigte „Goldfinger“ im vierten Durchgang das eben errungene Break, so schritt er mit 3:1 in Front. In Leg Fünf packte Krzysztof Ratajski das High Finish, 107 (T20, 15, D16) aus, ihm gelang es hier ebenfalls, seinen Anwurf nach Hause zu bringen, 2:3. 60 – 134 – 180 und dann das High Finish von 127 Punkten, das Andrew Gilding mit 20, Triple-19 und Bullseye ausradierte, der 12-Darter gereichte dem Engländer zum 4:2. Dem ließ Andrew Gilding im siebten Leg den nächsten 12-Darter (125 – 180 – 140 – 56) folgen, 5:2. Auch in den achten Durchgang streute der UK Open- Champion von 2023, ganz beiläufig ein weiteres Maximum ein, das 6:2 ließ nicht lange auf sich warten. Dabei hatte Krzysztof Ratajski in diesem Durchgang durchaus die Gelegenheit dazwischen zu grätschen. Aber er verpasste die Double-8, das bestrafte der Gegner umgehend. Im neunten Durchgang eröffnete Gilding seinem Gegenüber gar vier Möglichkeiten, nochmal ein Leg für sich zu verbuchen, doch alle vier Versuche landeten jenseits des Doppels. Wer nicht will, der hat schon! Mehr Chancen gab es für den Polen in diesem Leg nicht mehr, denn mittlerweile beanspruchte Andrew Gilding den Durchgang für sich, 7:2. 99 – 134 – 140 – 128, endlich vermochte auch Krzysztof Ratajski mal wieder ein Ausrufezeichen zu setzen, wobei er das High Finish als zusätzliches Schmankerl mit 18, Triple-20 und Bullseye herausnahm. Damit war er vor der zweiten Pause nochmal auf 3:7 herangekommen. Der Pausendrink muss dem „Polish Eagle“ Energie verliehen haben, denn im elften Durchgang präsentierte er sich weit selbstsicherer, souverän holte er das 4:7, bevor er auch im zwölften Leg aus den Fehlern des Gegners Kapital zu schlagen wusste und zum ersten Mal zwei Legs hintereinander einholte, 5:7. Und die Aufholjagd schien noch nicht zu Ende, denn auch in Durchgang 13 war Ratajski der erste, mit der Chance aufs Checkout. Doch bei einer Restforderung von 78 Punkten, ist es denkbar ungünstig, den ersten Pfeil in der Triple-1 zu versenken. Gut, der Zweite landete in der 25, ein nachfolgender Bullseye-Treffer hätte dem Spieler aus Warschau das begonnene Leg immer noch gesichert. Stattdessen landete auch Pfeil Drei im 25er Segment, nun konnte Krzysztof Ratajski nur noch der Dinge harren. Im gewohnten Habitus trat Andrew Gilding ans Oche, eliminierte mühelos die Double-20 und es stand 8:5. Nonchalant bereitete sich „Goldfinger“ unter der goldenen Kuppel des Empress Ballroom im 14. Durchgang mit 137 weggewischten Punkten die Double-20 auf. Kurz darauf hieß es 9:5. Bezeichnend, dass Krzysztof Ratajski indessen probiert hatte, 288 Punkte mit 1, 5, 19 abzubauen – ein bisschen größer sollten die Schritte dann schon ausfallen. Im 15. Durchgang war es die 134, mit der sich Gilding die 36 stellte, es war nur folgerichtig, dass er kurze Zeit später mit 10:5 führte. Dreimal die 140 in Folge, danach vier weitere Würfe und Andrew Gilding war im Ziel. 11:5 für den Engländer, der möglicherweise aufgrund seiner Rituale, seiner ganz persönlichen Eigenheiten und seiner unaufgeregten Gelassenheit, nicht nur von Wayne Mardle, gelegentlich unterschätzt wird. In jedem Fall ein hochverdienter Sieg für „Goldfinger“, der heute mit seinem Gegner regelrecht kurzen Prozess gemacht hatte.

Andrew Gilding 11:5 Krzysztof Ratajski
98,30 Average 95,19
6 180s 3
127 High Finish 128
2 100+ Checkouts 2
11/22 Finishing 5/16

Als nächstes folgte die Partie: Rob Cross gegen Ryan Searle. Vergeblich wartete man auf die Calypso-Klänge des Arrow-Songs „Hot Hot Hot“, trotzdem sah man Rob Cross Richtung Bühne wandern. Ja, der Engländer aus Pembury, der mittlerweile in Hastings zuhause ist, hat sich eine neue Walk-on Hymne zugelegt. „I don`t wanna wait“ von David Guetta & OneRepublic. Der Titel ist möglicherweise sinnbildlich gemeint, vielleicht will Rob Cross nicht länger auf weitere große Major-Erfolge warten und sucht zusätzliche Motivationsschübe. So hat er sich halt nochmal ein bisschen neu erfunden, auch das Shirt weist neue Design-Ideen auf. Bei Ryan Searle war alles wie gehabt, er verlässt sich einfach nur auf sein großartiges Scoring.

Manchmal hilft es schon, die Altlasten über Bord zu werfen

Mit Anwurf begann Rob Cross fulminant: 133 – 180 – 180 – 8, besser als mit dem 10-Darter konnte man kaum ins Match starten, 1:0. Mit der 115 als Set-up-Shot holte sich „Voltage“ auch das zweite Leg, 2:0. Ab Durchgang Drei war auch Ryan Searle im Spiel angekommen, um ein My verpasste er zwar das 130er-Finish, aber das 1:2 war es allemal. 14 hervorragende Treffer später war der Ausgleich erzielt, 2:2, und auch im fünften Durchgang präsentierte Ryan Searle konstante Aufnahmen, die ihm die Führung einbrachten, 3:2. Das sechste Leg begann Searle und zwar lieferte er hier Aufnahmen von 180 – 120 – 130, was ihm 51 Punkte Rest ließ. Eigentlich ein problemloses Unterfangen, das Leg dann auch nach Hause zu bringen. Eigentlich! Nicht jedoch, wenn auf der anderen Seite Rob Cross steht, der 140 – 180 – 145 und 36 ins Board hämmert. Zum zweiten Mal in dieser Begegnung hatte der Weltmeister von 2018 den 10-Darter abgeliefert, 3:3. Rob Cross hatte sich heute offensichtlich zum Ziel gesetzt, den Gegner erst gar nicht in die Partie kommen zu lassen. Der 12-Darter (140 – 174 – 133 – 54) im siebten Durchgang war ein weiterer Beleg dessen, 4:3 für Rob Cross. Im achten Leg ließ Ryan Searle zwei Pfeile auf Tops liegen – schwerer Fehler! So etwas bestraft Cross natürlich umgehend, 5:3. 13 Würfe später hatte „Voltage“, der heute wirklich unter Strom stand, seine Führung auf 6:3 ausgebaut. Aber auch Ryan Searle spielte keineswegs schlecht, im Gegenteil, meist war er seinem Gegner knapp auf den Fersen und im zehnten Durchgang überholte er ihn gar, 4:6. Die 134er Vorbereitung im elften Durchgang verhalf Rob Cross zum 7:4. Im zwölften Durchgang war es zur Abwechslung mal wieder Ryan Searle, der für den Hingucker sorgte: die 94 löschte er mit 18, Double-19, Double-19. Vermutlich hat er sich das Erstrundenmatch von Chris Dobey genau angeguckt, hier hatte „Hollywood“ zweimal für einen solchen Augenschmaus gesorgt. Auf jeden Fall verkürzte Ryan Searle nochmal auf 5:7. Doch dann war wieder Rob Cross an der Reihe, im imposantesten Stil Leg für Leg einzukassieren. Den 12-Darter in Durchgang 13 schloss Cross, der das World Matchplay auch schon mal für sich entscheiden konnte und zwar in 2019, mit dem High Finish, 104 (T18, 18, D16) ab, 8:5. Dem ließ „Voltage“ im 14. Leg mit 14 Würfen das 9:6 folgen und auch das 10:6 sicherte sich Rob Cross mit maximaler Gelassenheit. Man hatte das Gefühl, dass Cross einfach nur pure Freude hat, an dem, was er tut, und es war auch für die Zuschauer nichts als reines Vergnügen, dem beizuwohnen. 180 – 137 – 136 – 48, mit diesem brillanten 11-Darter beendete Rob Cross das Match dementsprechend in style. 11:6.

Im anschließenden Siegerinterview verriet Rob Cross sein Erfolgsgeheimnis, das so geheim nie war: Er hat sich von alten Gepflogenheiten gelöst, das wirkte wohl wie ein Befreiungselixier.

Rob Cross 11:6 Ryan Searle
106,99 Average 96,72
8 180s 9
104 High Finish 94
1 100+ Checkouts 0
11/19 Finishing 6/16

„Es geht darum, zur richtigen Zeit, eine Menge richtig zu machen.“

So umschrieb Michael van Gerwen seinen Matchplan für den heutigen Abend. Der Niederländer war die Tage vor allem mit der bevorstehenden Operation in den Schlagzeilen. Beide Kiefer müssen gebrochen werden, um sie in die rechte Stellung zu bringen. Ein schwerwiegendes Problem, das bei Michael van Gerwen wohl schon seit jeher die Lebensqualität beeinträchtigt. Essen, Schlafen, die Zahngesundheit generell – alles leidet unter der Fehlstellung im Bereich des Ober- und Unterkiefers. Nach dieser Turnierwoche ist der OP-Termin anberaumt, doch bis es soweit ist, wird der dreifache World Matchplay Champion alles geben, den vierten Triumph einzufahren. Heute Abend stand ihm Joe Cullen gegenüber, der die letzten Monate mit starken Konzentrationsproblemen kämpfte und kaum etwas auf die Reihe gebracht hatte, doch ähnlich wie Rob Cross hat auch Joe Cullen eine Art Befreiungselixier zu sich genommen, indem er seine Erstrundenpartie gegen Brendan Dolan, mit knapp über 100 im Average, konsequent zum glücklichen Ende brachte.

Michael van Gerwen hatte das Ausbullen gewonnen, der erste Durchgang gestaltete sich auf beiden Seiten recht holprig, Joe Cullen mit den ersten drei Break-Möglichkeiten, doch alle drei verpasste er klar. So etwas kann man sich gegen Michael van Gerwen nur in Ausnahmefällen leisten, dies war keiner dieser exzeptionellen Momente. Michael van Gerwen ging 1:0 in Führung und auch im zweiten Durchgang ließ der Niederländer nichts anbrennen. Mit der 140 als Set-up-Shot sicherte er sich das Break zum 2:0, das er im dritten Durchgang mit dem 11-Darter (140 – 180 – 96 – 85) bestätigte, 3:0. Im vierten Leg zeigte auch Joe Cullen eine ausgezeichnete Vorbereitung (134), mit insgesamt 13 Würfen verkürzte er auf 1:3. Vor der ersten kurzen Pause zauberte „Mighty Mike“ noch ein wenig, entschlossen zog er das beachtliche 151er-High Finish (Triple-20, Triple-17, Double-20) aus dem Ärmel, 4:1. Joe Cullen kam hervorragend ins sechste Leg und beendete dies mit dem „Shanghai Finish“, 2:4. Im siebten Durchgang war der „Rockstar“ drauf und dran, das 127er-Finish herauszunehmen, was ihm zunächst misslang, doch auf der anderen Seite hatte Michael van Gerwen kurzfristig erhebliche Aussetzer, traf zweimal hintereinander das einfache Segment nicht, zuerst verfehlte er die große 17, dann auch noch die große 14, Joe Cullen konnte sein Glück kaum fassen und bedankte sich mit dem 3:4. Damit hatte der Engländer zum ersten Mal zwei Legs in Folge gewonnen. Doch Van Gerwen sagte sich vermutlich: „Aufstehen, Krone richten und weiter geht`s!“ Im achten Durchgang packte der dreifache Matchplay-Winner den nächsten 13-Darter aus und baute damit seinen Vorsprung wieder auf zwei Legs aus, 5:3. Das neunte Leg begann „MvG“ mit der 180, blieb auch bei den folgenden Aufnahmen konstant, doch als er im Endspurt ein wenig nachließ, war Joe Cullen sofort zur Stelle. Die 72 checkte er dabei besonders kurios aus. Zunächst mit dem Fehlwurf auf die Triple-1, dem ließ er die 19 folgen und dann war da dieser eindrückliche Treffer im Bullseye, 4:5. Das war ein Break, doch Michael van Gerwen konterte im zehnten Durchgang mit dem Re-Break, 6:4. Es wirkte so ein bisschen, als wenn der Niederländer seinem Kontrahenten zwar gestattete, auf Armlänge heranzukommen, ihn dann aber am langen Arm verhungern ließ. Im elften Durchgang war es einmal mehr der 13-Darter, der Michael van Gerwen zum Leggewinn gereichte, 7:4. Aber Joe Cullen war noch lange nicht geschlagen. Im zwölften Durchgang war der Engländer ein weiteres Mal nah dran, ein High Finish (138) aus dem Board zu entfernen, doch abermals scheiterte er am Doppel. Aber der Gegner war noch meilenweit entfernt, turnte irgendwo zwischen 286 und 230 herum, das erlaubte Joe Cullen massenhaft Zeit, die verbliebenen 12 Punkte loszuwerden, 5:7. Im 13. Leg war Van Gerwen aber schon wieder zur Stelle, das 8:5 lediglich eine Frage der Zeit. Im 14. Durchgang benötigte der Niederländer zwei Aufnahmen fürs Checkout, aber Joe Cullen war zu spät dran, um daraus Kapital zu schlagen, 9:5. Besser machte es der „Rockstar“ in Leg 15, da setzte er dann zur großen Aufholjagd an. Das Break zum 6:9 konnte Cullen im 16. Durchgang dank 13-Darter bestätigen, 7:9. Und im 17. Leg packte er auch noch das High Finish, 128 (T18, T18, D10) aus, damit hatte der Engländer das nächste Break und das dritte Leg nacheinander eingeholt, 8:9. Theoretisch hätte er sich im 18. Durchgang mit Anwurf zum Ausgleich zurückkämpfen können. Wäre da nicht ein gewisser Michael van Gerwen gegenübergestanden, der an Kampfgeist und Willensstärke kaum zu überbieten ist. Mit Aufnahmen von 180 – 129 – 140, hatte sich „MvG“ relativ schnell auf die 48 herunter gearbeitet, es blieben 52 Punkte stehen. Dann trat Van Gerwen ans Oche traf die 20, den zweiten Pfeil bugsierte er irgendwo ins Nichts und den dritten versenkte der dreimalige Weltmeister in der anvisierten Double-16. Zu früh gefreut, denn offensichtlich hatte er ihn nicht tief genug versenkt, das Ding fiel wieder raus und landete auf dem Boden. Ärgerlich, aber noch ärgerlicher für Joe Cullen, der auf der 196 verblieben war und vom Missgeschick seines Gegners nicht profitieren konnte. Bei der nächste Aufnahme nahm Michael van Gerwen die 32 dann endgültig heraus, damit war das Re-Break nun zementiert, 10:8. Im 19. Durchgang konnte Joe Cullen drei neuerliche Break-Möglichkeiten nicht nutzen, das war seine letzte Chance gewesen, Michael van Gerwen nahm indessen mit Triple-17 und Double-18 87 Punkte heraus und machte damit den 11:8-Erfolg perfekt.

Im Anschluss wurde er gefragt, ob er wüsste, wer sein Gegner im Viertelfinale sei. Mit argloser Mine antwortete „Mighty Mike“: Andrew Gilding. Dann wies Emma Paton ihn darauf hin, dass er Gilding einst als „assassin“ bezeichnet habe, die Sportjournalistin erkundigte sich, wie das zu deuten sei. Michael van Gerwen hatte daraufhin ein klares Statement: Andrew Gilding würde von vielen unterschätzt werden, er selbst hätte Gilding nie unterschätzt und würde das auch jetzt nicht tun. Dann fragte Paton noch nach, was der Niederländer von Gildings Aussage halte, dass er sich diesmal einen Bungalow kaufe, wenn er das World Matchplay gewinnen würde. Michael van Gerwen in gewohnt lakonischem Stil: „Gewinnen? Träum weiter!“ Emma Paton hakte noch ein wenig nach, wie er dies meinte. Van Gerwen: „Oh come on! I`m still in the tournament!“

Michael van Gerwen 11:8 Joe Cullen
95,49 Average 91,88
8 180s 3
151 High Finish 128
1 100+ Checkouts 2
11/25 Finishing 8/20

Und dann ging es um den letzten freien Platz im Viertelfinale. Um dieses Ticket stritten sich Michael Smith und Chris Dobey, die sich privat eigentlich nie streiten, im Gegenteil, auch da standen sich zwei gegenüber, die sich gut verstehen und mögen.

Der 6-jährige Sohn bejubelt die 180 des Gegners – was gibt es Schöneres?

Chris Dobey hatte das Ausbullen für sich entschieden, doch Michael Smith war von Anfang an on fire und im Nu war das 1:0 auf seinem Leg-Konto. Das Break bestätigte der „Bully Boy“ im zweiten Durchgang, kurz darauf stand es 2:0. Im dritten Leg war dann auch das erste High Finish dieses Duells fällig, mit Triple-19, 17 und Double-20 checkte Michael Smith 114 Punkte aus, damit war das 3:0 manifestiert. In entschlossener Manier griff sich der Weltmeister von 2023 auch den vierten Durchgang, 4:0. Vier Legs hintereinander hatte Chris Dobey das Nachsehen gehabt, im fünften Durchgang ließ er endlich sein Können aufblitzen. 134 – 180 – 95 – 92, der 11-Darter verhalf Chris Dobey zum ersten Leggewinn, 1:4. Herrliche Situation am Rande: als Chris Dobey die 180 warf, schwenkte ein 6-jähriger Junge, namens Kasper, voller Begeisterung sein 180er-Schild in die Höhe. Und das Beste daran war, Kasper ist der kleine Sohnemann von Michael Smith, und der bejubelte enthusiastisch die 180 des Gegners. Das war fast so witzig wie einst, als Gary Anderson vor vielen Jahren seinem Junior, damals erklärter „Michael van Gerwen-Fan“, zähneknirschend das grüne Trikot des Widersachers kaufen musste. Auf jeden Fall der Moment fürs Herz, als Kasper Smith Dobeys 180 abfeierte. Chris Dobey ließ indes auch im sechsten Durchgang nichts anbrennen, 2:4. Im siebten Leg feuerte Michael Smith die Pfeile seiner fünften Aufnahme in die Triple-20, in die 20 und ins Bullseye, das ergab 130 gelöschte Punkte und ließ ihm 40 Rest stehen. Die war dann ebenso rasch erledigt, 5:2. Mit reichlich Double-Trouble kämpfte der „Bully Boy“ im achten Durchgang, das hielt ihn aber nicht davon ab, das 6:2 sicherzustellen. Im neunten Leg war dann mal wieder Chris Dobey an der Reihe, die 138 als passender Set-up-Shot verhalf ihm zum 3:6. Das war für „Hollywood“ der Start zu einem beherzten Comeback, denn auch den zehnten Durchgang ließ er sich nicht nehmen, 4:6. Und im elften Leg hatte sich der Spieler aus Bedlington, Northumberland, die 170 aufbereitet, warf die Angel aus und schon zappelte der „Big Fish“ am Haken. Nach Gian van Veen war Chris Dobey der zweite Spieler, dem dieses Checkout-Kunststück in der laufenden Woche geglückt ist. Damit hatte der 34-Jährige schon mal den Anschluss geschafft, 5:6. Doch mehr wollte sein Gegenüber zunächst nicht zulassen, Michael Smith warf in Leg Zwölf erst mal wieder den Bremsklotz dazwischen, 7:5. Und um auch sonst keine unnötige Euphorie beim Gegner aufkommen zu lassen, nahm er Dobey im 13. Durchgang mit 13 Würfen auch gleich mal wieder dessen Anwurfleg ab, 8:5. Leg 14 begann Michael Smith ausgezeichnet, nach neun Darts stand er auf der 36. Doch dann brauchte er weitere neun Pfeile, wobei zwei der drei Aufnahmen im „No Score!“ resultierten. Die vermaledeiten vier Punkte Rest wurde er einfach nicht quitt. Das ließ sich Chris Dobey nicht zweimal sagen …, o.k, zweimal schon und vielleicht auch dreimal, aber auf keinen Fall viermal! Irgendwann war auch „Hollywood“ auf dem Doppel angekommen, was er ohne Umschweife ausmachte, 6:8. Mit sehenswertem 13-Darter verkürzte Chris Dobey im 15. Durchgang auf 7:8. In Leg 16 hatte Michael Smith in die Spur zurückgefunden, die 140 als Vorbereitung und diesmal war das Doppel mit einem Wurf abgefertigt, 9:7. Beharrlich blieb Chris Dobey am Drücker und packte im 17. Durchgang nochmal das High Finish aus. Mit zweimal Triple-20 und der Double-10 eliminierte er 140 Punkte, wieder war er ein Stück näher herangekommen, 8:9. Aber auch Michael Smith blieb persistent. Chris Dobey verpasste im 18. Durchgang das nächste High Finish (135) nur um Haaresbreite, das nutzte der Spieler aus St. Helens, um sein begonnenes Leg doch noch zu halten, 10:8. Chris Dobey, der gegenüber Michael Smith in der Tat eine positive Sieger-Bilanz aufweisen kann, war einfach nicht abzuschütteln, mit 14 Würfen holte er sich Leg 19, 9:10. Doch ausgerechnet im 20. Durchgang hatte Dobey bei der Suche nach Triple-Feldern so ein wenig die Orientierung verloren, auch Michael Smith konnte hier nicht wirklich glänzen, aber zumindest nutzte er dann seinen dritten Matchdart um den Deckel drauf zu machen, 11:9.

Michael Smith 11:9 Chris Dobey
93,91 Average 94,80
4 180s 4
114 High Finish 170
1 100+ Checkouts 2
11/37 Finishing 9/18

Michael Smith hatte das letzte Viertelfinal-Ticket gezogen und zeigte sich hinterher mehr als erleichtert. Er war der Ansicht, dass er „diese Schlacht nie hätte zulassen dürfen, indem er einfach effektiver seine Chancen genutzt hätte.“ Es war der „Glücksbringer“, den er stets dabei hat, sprich das Bild seiner Kinder im Dartwallet, welches er immer dann betrachtete, als es schlechter lief und das ihm die Kraft gegeben hatte, wieder motiviert ans Oche zu treten. Gut, dass er nicht gesehen hat, wie Kasper sich für Chris Dobey freute. Oder wie John Part es ausdrückte: „Wenn`s ihm hilft, warum nicht. Was immer den Spielern guttut, sollen sie machen, selbst wenn es ein Foto im Pocket Case ist, das sie anschauen.“

Heute war wieder reichlich Hochklassiges dabei, so kann es weitergehen. Morgen beginnen die ersten beiden Viertelfinals, dann stehen sich James Wade und Ross Smith gegenüber, und Dimitri Van den Bergh trifft auf Luke Humphries. Bis morgen – Always Look on the Bright Side of the Flight!

World Matchplay


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