World Matchplay 2024 – Finale: Nach hochspannenden neun Turniertagen mit allem, was dazugehört, von aufregenden Aufnahmen bis zeitgemäßem Zielübergang, wurde heute der Champion ermittelt

Ein famoser Darts-Nachmittag hatte den Anfang gemacht, bei dem die Damen-Riege exzellente Performances an den Tag legte und den Herren, was Hingabe, Kampfgeist und Unterhaltungswert betraf, in keiner Weise nachstand, und Beau Greaves dank mitreißender Paradeleistung letztendlich zur verdienten Siegerin gekürt wurde. Am Abend stand nun das Herren Finale auf dem Programm, hier kam es zur Partie: Luke Humphries gegen Michael van Gerwen, in anderen Worten ausgedrückt, die Nummer Eins gegen die Nummer Zwei der Welt. Klar, das schraubte die Erwartungen nochmal gehörig nach oben, mit weniger als einer Weltklasse-Darbietung brauchten die beiden heute erst gar nicht anzutreten.

Die gestrigen Halbfinals hatten da, ehrlich gesagt, noch nicht ausreichend Potenzial für geboten. Ein Blick in die Statistiken verriet sogar, dass James Wade mit einem Average von 102,38, einer Checkout-Quote von 44% und 70 Aufnahmen zwischen 100 und 180, alle drei relevanten Spalten der Halbfinal-Statistik anführte, einziger Schönheitsfehler: James Wade war gar nicht im Finale. Das machten, wie gesagt, Luke Humphries und Michael van Gerwen unter sich aus, die beiden hatten sich halt nicht mit Galavorstellungen, dafür aber mit Arbeitssiegen ins Endspiel gekämpft. Luke Humphries konnte im ersten Teil seiner Halbfinalbegegnung gegen James Wade nur schwer Fuß fassen, „The Machine“ hielt einfach zu konstant dagegen. James Wade hatte zuvor noch bekundet, dass er überzeugt davon sei, in die Top-10 zu gehören, sein heutiger Gegner konnte dieser Auffassung nur zustimmen. Erst gegen Mitte des Spiels vermochte der Weltmeister eine Schippe drauf zu legen, begünstigt durch die Tatsache, dass James Wade ab hier augenscheinlich nachließ. Einzelne Ausrufezeichen des 41-Jährigen genügten dann nicht mehr, um den formstabilen Kontrahenten ins Schach zu halten. Luke Humphries gelang es hingegen, sich zu steigern und auch einige Glanzpunkte zu setzen. Vor allem aber schaffte es der Weltmeister, sich mit etlichen Leggewinnen am Stück ein komfortables Polster zu erarbeiten, das er dann auch nicht mehr hergab. Den Turnierverlauf betrachtet, hatte Luke Humphries nacheinander Ricardo Pietreczko, Stephen Bunting, Dimitri Van den Bergh und James Wade nach Hause geschickt und sich so das Finale verdient.

Im zweiten Halbfinalmatch waren Michael Smith die Doppel-Felder komplett abhanden gekommen, beim Scoring punktete er ordentlich, aber sobald es auf die Leg-Ziellinie zuging, war Orientierungslosigkeit angesagt. Beim Checkout klappte nichts, aber auch rein gar nichts mehr. Michael van Gerwen schlug Kapital aus dem Dilemma seines Widersachers und schaltete seinerseits im Verlaufe des Spiels noch den einen oder anderen Gang höher. Der Niederländer wurde immer souveräner, seine Treffer stetig selbstbewusster und schlussendlich war auch dies ein klarer Sieg, mit dem er weiter auf den vierten Machtplay Titel hoffen konnte. Auf dem Weg ins Endspiel hatte Michael van Gerwen Luke Littler, Joe Cullen, Andrew Gilding und gestern Abend eben auch Michael Smith das Nachsehen gegeben.

Kurz vorher verriet Glen Durrant: „We heard, Luke Humphries won the ball“, was nichts anderes hieß, als, dass „Cool Hand Luke“ den ersten Anwurf hatte. Aber Durrant fügte gelassen hinzu: „I think, Michael is fine with it“, damit wollte er zum Ausdruck bringen, dass das verlorene Ausbullen den Niederländer wohl nicht übertrieben nervös machte. Er traute „Mighty Mike“ zu, dass dieser genug „Magic“ zur Verfügung hatte, um den Abend zu gewinnen, Wayne Mardle tippte da eher auf den Sieg von Luke Humphries.

Zum letzten Mal rief John McDonald die Protagonisten auf die Bühne

Michael van Gerwen mit lautstarkem Support aus dem Publikum, Luke Humphries versicherte sich erst mal der Unterstützung seines jüngsten Nachwuchses, Rowan Ellis, der bei der Begrüßung erschrocken zurückwich, o.k., es war halt auch grell und elend laut im Raum, das war einfach too much für den Kleinen. Und schließlich stand da ja auch noch die Verlobte, Kayley Marie Jones, der Luke vor filmreifer Kulisse, auf der Aussichtsplattform des Skyscraper „The Edge“ in New York den Heiratsantrag gemacht hatte, und Tochter Grace, die Kayley mit in die Beziehung gebracht hat, beide nahmen ihren Luke aufs Herzlichste in Empfang.

Im Finale galt der Best of-35-Legs Modus, weiterhin durch die Two-clear-Legs Sonderregelung ergänzt. Michael van Gerwen begann stark, holte sich mit souveränem 74er-Checkout, gegen den Anwurf das 1:0. Aber Luke Humphries hatte im zweiten Durchgang die passende Antwort parat, mit 14 Würfen konterte er zum 1:1, alles wieder in der Reihe. Mit dem 12-Darter im dritten Leg, 180 – 134 – 137 – 50, bestätigte er das Break auch sogleich und ging nun selbst in Führung, 2:1. Etwas holpriger gestaltete sich der vierte Durchgang, Michael van Gerwen stolperte schließlich über die Ziellinie, 2:2. In flüssigerer Manier holte sich der Niederländer im fünften Durchgang das Break, nun ging er wieder vorne weg, 3:2, und in die erste Pause. Luke Humphries kam bei weitem besser in die zweite Session rein, mit 14 Pfeilen sicherte er sich den erneuten Ausgleich, 3:3. Für das siebte Leg benötigte er gar einen Wurf weniger, Michael van Gerwen noch auf der 203, da zog „Cool Hand Luke“ bereits seine Leggewinn-Darts aus dem Board. Im siebten Durchgang bekam „MvG“ mal wieder Besuch, der „Double-Trouble“ war unangekündigt auf die Bühne gerauscht und verärgerte den niederländischen Topstar sichtlich. Drei Darts völlig wegschmissen, beim Versuch die 32 auszumachen, so etwas darf man Humphries nicht anbieten. Der verabschiedete zwischenzeitlich seelenruhig die 74 mit 11, 13, Bullseye, das Break zum 5:3 war eingetütet. Den neunten Durchgang begann Luke Humphries mit dem nächsten Maximum, Michael van Gerwen hatte eine Chance, seinerseits mit dem Bullseye umgehend das Re-Break zu schaffen, aber das stellte sich quer, der Pfeil landete im 25er-Segment. Der Engländer, der selbst zwei Aufnahmen für das Checkout benötigte, traf schließlich, so hatte er vier Legs in Folge ausgemacht, 6:3. Eine Etappe zum Vergessen für van Gerwen, das letzte Leg vor der zweiten Pause sollte er sich geringstenfalls noch schnappen, wollte er verhindern, dass der Abstand gefährlich groß wurde. Mit einem 4:6 schmeckte der Pausentee natürlich etwas bekömmlicher, als mit einem 3:7-Rückstand. Geflissentlich machte sich „Mighty Mike“ im zehnten Durchgang daran, die 127 auszuchecken, aber wieder war es das Bullseye, das ihm einen gehörigen Strich durch die Rechnung machte. Diesmal bekam er aber die Möglichkeit, die verbliebenen 25 Punkte auszuradieren, diese Chance nutzte er mit der nächsten Aufnahme, damit hatte er zumindest noch ein Leg vor der dritten Pause geholt, 4:6. Gestärkt kehrte Michael van Gerwen zurück und verbuchte im elften Durchgang gleich mal das nächste Break für sich. 5:6, jetzt war auch der Anschluss wieder hergestellt. Doch der Umstand, dass Break-technisch nunmehr alles wieder in der Reihe war, schien Luke Humphries weniger zu gefallen, im zwölften Durchgang zog er den 12-Darter, inklusive High Finish aus dem Ärmel, 140 – 120 – 100 – 141. Die 141 eliminierte er dabei mit Triple-20, Triple-19 und Double-12. Der Zwei-Leg-Vorsprung war wieder da, und im 13. Durchgang vergrößerte „Cool Hand Luke“ diesen gar auf drei Legs, 8:5. In Durchgang 14 schaffte es Luke Humphries allerdings nicht, den Restbetrag von 26 Punkten mit vier Darts loszuwerden, das bestrafte Michael van Gerwen mit dem 6:8. Der Niederländer verpasste seinerseits im 15. Leg zwei Breakdarts, hier war es wieder Luke Humphries, der von den Fehlern des Gegners profitierte, 9:6. In der Fehlerstatistik gaben sie sich nicht viel, da patzte mal der eine, mal der andere, und meistens gelang es dem Kontrahenten, dann die Früchte aus der Fehlersaat zu ernten. Der Niederländer lieferte im 16. Durchgang zur Abwechslung mal wieder ein lupenreines Treffer-Leg, mit 13 Würfen verkürzte er auf 7:9. 14 Darts später hatte Luke Humphries seinen Vorsprung wieder ausgebaut und es stand 10:7.

Nachdem sie die anfängliche Nervosität abgelegt hatten, fanden beide Spieler in ihren Flow

Langsam nahm das Match an Fahrt auf, das Niveau wurde signifikant angehoben. Michael van Gerwen brauchte immer noch mindestens zwei Aufnahmen fürs Checkout, aber da sein Scoring mittlerweile konstanter war, hatte er auch die Zeit dafür. Im 18. Durchgang ließ er all seine Erfahrung spielen, daraus resultierte das 8:10. Im 19. Durchgang packte Luke Humphries den 13-Darter aus, der optimale Set-up-Shot (105) tat das seinige dazu, damit zog er 11:8 in Front. Michael van Gerwen steckte keinesfalls auf, Durchgang 20 als begonnenes Leg zu halten, war da natürlich oberste Pflichtaufgabe, 9:11. 180 – 140 – 123 – 58, mit diesem beeindruckenden 11-Darter sicherte sich der Engländer das 12:9. Mit 14 treffsicheren Würfen in Durchgang 22 verbuchte Michael van Gerwen das 10:12 für sich. Das Publikum hatte hier versucht, van Gerwen beim Auschecken, mit Unmutslauten zu beeinträchtigen, es war Luke Humphries, der die Menge aufforderte, den Gegner ungestört werfen zu lassen. Im 23. Leg sorgte der Niederländer mal wieder für ein sehenswertes Highlight: 180 – 100 – 115 und dann noch das High Finish, 106 (T20, 6, D20), der 12-Darter bescherte ihm das Break zum 11:12. Abermals hatte er sich in Sachen Breaks zurück gearbeitet. Und er setzte noch eins drauf, im 25. Durchgang ließ er das nächste High Finish, 110 (T20, 18, D16) folgen, 12:12. Damit war gar der Ausgleich wieder hergestellt. Aber auch Luke Humphries hielt seinen Anwurf im 25. Leg sicher und schritt neuerlich entschieden in Front, 13:12. Und im nächsten Durchgang knallte er seinem Gegner mit 14 Pfeilen abermals das Break um die Ohren, 14:12. Michael van Gerwen, der den Begriff „aufgeben“ nirgends in seinem Wortschatz verankert hat, kämpfte sich im 27. Durchgang zum 13:14 durch. In Durchgang 28 war der Niederländer drauf und dran, das 164er-High Finish herauszunehmen, aber wieder einmal war es das Bullseye, welches das Vorhaben vereitelte. Eine Möglichkeit, auch noch die verbliebene 25 loszuwerden, bekam van Gerwen nicht mehr, denn Luke Humphries packte derweil den nächsten exzellenten 13-Darter aus, und es stand 15:13. Das war abermals ein Break, das Luke Humphries im nachfolgenden Durchgang mit dem 12-Darter, 100 – 180 – 90 – 131, inklusive High Finish, (T19, T14, D16), bestätigte, 16:13. Und wieder hatte Michael van Gerwen die passende Antwort parat. Im 30. Leg zauberte er zweimal die Triple-20 und die Double-20 aus dem Hut, damit war das 160er-Checkout zum 14:16 perfekt. Das nächste High Finish hielt „Mighty Mike“ im 31. Durchgang parat, 108 Punkte löschte er mit Triple-19, 19 und Double-16, das war ebenfalls ein Break, so schnitt er den Zwei-Leg-Vorsprung seines Kontrahenten abermals mitten durch, 15:16. Es roch schon bedenklich nach Verlängerung, aber noch hatte Luke Humphries Zeit. Und die nutzte er in Durchgang 32, um erneut das Re-Break zu setzen. Allerdings war das wohl eher ein Geschenk des Gegners, denn Michael van Gerwen stand kurz davor, sein nächstes 160er-Finish herauszunehmen, allein es scheiterte an Double-20. Die Restforderung von 20 Punkten wurde der Niederländer auch mit weiteren drei Pfeilen nicht quitt, damit öffnete er seinem Gegenüber Tür und Tor. Luke Humphries bedankte sich mit dem 17:15 und war nur noch einen Leggewinn vom Sieg und vom Titel entfernt. Aber so leicht wollte es ihm van Gerwen nicht machen. Der 35-Jährige aus dem niederländischen Boxtel legte alles rein in den 33. Durchgang, stand bereits auf dem Restbetrag von 16 Punkten, da parkte der Weltmeister noch auf der 240. Aber die Double-8 schien für Michael van Gerwen wie zugenagelt, vier Pfeile ins Aus, das bedeutete für ihn auch das Aus in diesem Finale. Als kleines Schmankerl zum Abschluss machte „Cool Hand Luke“ die 100 mit 20, Tops-Tops aus, somit stand der 18:15 Sieg über Michael van Gerwen und der Titel-Triumph für Luke Humphries fest.

Luke Humphries 18:15 Michael van Gerwen
100,94 Average 98,74
12 180s 6
141 High Finish 160
3 100+ Checkouts 4
18/41 Finishing 15/44

Was für ein extrem dramatisches Duell, das der World Matchplay Champion 2024, Luke Humphries, im Anschluss mit den Worten kommentierte: „I`m absolutely over the moon, it really means the world to me.“ Und an das Publikum gerichtet meinte er: „If the fans have a good time, it`s all that matters!“ Im Hinblick auf seinen Gegner fand Luke Humphries auch noch die angemessenen Worte, so respektvoll kennt man den sympathischen Engländer, dann hievte er den hochverdienten Pokal in die Höhe und ließ sich gebührend feiern.

Michael van Gerwen zeigte sich wie immer als guter Verlierer, oder wie Wayne Mardle es ausdrückte: auch in der Niederlage ist Michael „classy“. Der Niederländer war sichtbar enttäuscht, wusste um die konkreten Chancen, die er vergeben hatte, stand den Kollegen aber dennoch geduldig Rede und Antwort. Und sein Fazit zum Schluss lautete: „People need to know: I never give up.“ Das war dann das passende Schlussplädoyer, was anderes wollen wir von ihm auch gar nicht hören.

Zum Abschluss bleibt der herzliche Glückwunsch an den Sieger, Congratulations, Luke Humphries, und der gewohnte Abschiedsgruß: Always Look on the Bright Side of the Flight!

World Matchplay


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