World Grand Prix 2024: Erst konnte es nicht schnell genug gehen, dann war Ausdauer gefragt, aber auch meditativer Müßiggang angesagt

Mittlerweile stand bereits der zweite Teil der zweiten Runde auf dem Plan, auch heute würde es in der ehemaligen Morningside Arena in Leicester, die, der Übernahme des neuen Sponsoren geschuldet, seit dem 9. Februar 2024, Mattioli Arena heißt, wieder vier Partien geben, in denen acht Spieler darum fighteten, das Viertelfinalticket zu ergattern. Gestern waren bereits die ersten vier Protagonisten in die nächste Runde eingezogen, dabei blieben Martin Schindler und Ricardo Pietreczko unglücklicherweise auf der Strecke. Zunächst sah es so aus, als könne Rob Cross Martin Schindler im Schnellverfahren abfertigen, doch in Satz Zwei war der Deutsche zur Hochform aufgelaufen und zahlte es seinem Gegner mit gleicher Münze heim. Martin Schindler überließ seinem Kontrahenten in diesem Set kein einziges Leg, bevor er auch den dritten Satz mit hervorragendem Break begann. Jenes Break bestätigte der gebürtige Strausberger, der schon länger im hessischen Rodgau beheimatet ist, im darauffolgenden Durchgang, doch, ein Leg vom dritten Satzgewinn entfernt, gab er das Set noch aus der Hand. Rob Cross hatte nicht nur in die Spur zurückgefunden, sondern begab sich auch gleich wieder auf die Überholspur, strich drei Legs in Folge ein und sicherte sich Satz Drei. Von diesem eigentlich unnötigen Satzverlust erholte sich Martin Schindler nicht mehr, im anschließenden Set spielte er keine wesentliche Rolle. Rob Cross war vollständig in seinen ebenso angespannt wie betont lässigen Flow zurückgekehrt, der 3:1 Satzerfolg war ihm nicht mehr zu nehmen. Ricardo Pietreczko zeigte sich gegen den Weltranglistenersten zu Beginn chancenlos, aber auch ihm gelang es, im zweiten Satz nochmal gehörig aufzutrumpfen, doch auch er musste in Set Drei und Vier die gestrige Überlegenheit des Gegners machtlos zur Kenntnis nehmen und letztendlich auch anerkennen. Keineswegs überlegen, im Gegenteil, eigentlich eher mit stumpfen Waffen war gestern Abend Jonny Clayton angetreten, aber Ross Smith wollte es partout nicht gelingen, sein respektables Scoring auch in den Sieg umzumünzen. Stattdessen offenbarte er immer wieder eklatante Nervenanfälligkeiten, die regelrecht zum Leistungsknick führten. Während der Gegner mit dem mental bedingten Performance-Abfall zu kämpfen hatte, zeigte sich Jonny Clayton zunehmend gefestigt und steigerte seine Treffsicherheit, vor allem auf dem unerlässlichen Weg in die Doppelfelder. So war es dann auch der Waliser, der einen souveränen 3:1-Satzgewinn ausmachte. Der gestrige Abend hatte mit einem epischen Drama begonnen, es war das einzige Spiel, das über die volle Distanz von fünf Sets ging, und obendrein auch noch das Entscheidungsleg im Entscheidungssatz barg. Hier vergaben beide Duellanten Matchdarts, bevor Ryan Joyce sich schließlich, schier auf der letzten Rille fahrend, durchzusetzen vermochte.

Eine interessante Aussage, die John Part im Vorfeld zu allen beteiligten Spielern gemacht hat, möchte ich an dieser Stelle noch in den Raum werfen: „The body language tells the truth“ – diese Info sollte man vielleicht unkommentiert einfach mal so stehen lassen.

Abermals weist der Debütant den etablierten Routinier in die Schranken

Auch heute galt natürlich wieder der First-to-3-Sets Modus, der, nebenbei gesagt, auch im Viertelfinale zur Anwendung kommen wird. Auffallend war bei diesem Major, dass hier kein einziger Niederländer die zweite Runde erreichen konnte, während am heutigen Abend indessen gleich zwei Belgier an den Start gingen. Einer davon machte gemeinsam mit Gary Anderson den Anfang, es war der World Grand Prix-Debütant, Mike De Decker. Während der Schotte, der dieses Jahr auf der ProTour den bislang höchsten Average spielt, in der ersten Runde seinem ehemaligen Protegé und auch Trainingsgefährten, dem Weltranglistenzweiten Michael Smith, nach einem aufregenden Kampf auf Augenhöhe das Nachsehen gegeben hatte, wusste Mike De Decker aus der plötzlich auftretenden, spielerischen Dürftigkeit seines Gegners, Damon Heta, Kapital zu schlagen.

Dann startete die erste Abendpartie und nicht wenige dürften überrascht gewesen sein, wie Mike De Decker im ersten Satz kurzen Prozess mit Gary Anderson machte. Den ersten Durchgang holte sich der 28-jährige Belgier mit dem 12-Darter: 89 – 100 – 135 – 137 – 40, 1:0, 14 Würfe später hieß es 2:0 für Mike De Decker, und auch im dritten Leg war der Schotte noch nicht einmal annähernd in Reichweite eines Checkout-Feldes, da hatte „The Real Deal“ das erste Set bereits eingetütet, 1:0. Im zweiten Satz nutzte Gary Anderson den ersten Anwurf, um mit 1:0 in Führung zu gehen, aber Mike De Decker konterte mit 14 Pfeilen im zweiten Leg und glich sofort wieder aus, 1:1. Fast identisch verliefen die nächsten beiden Legs, „The Flying Scotsman“ schritt abermals dank 15 Treffern in Front, 2:1, Mike De Decker zog mit dem 14-Darter nach, 2:2. Doch in Durchgang Fünf dann das erste Break des Matches: der Spieler aus dem belgischen Mechelen löschte das „Shanghai Finish“ und schnappte sich nach dem ersten Set auch Satz Zwei, 2:0. Im ersten Durchgang des dritten Satzes hatte Mike De Decker den 13-Darter zur Hand, das bescherte ihm das 1:0. Gary Anderson antwortete in Leg Zwei mit 14 Treffern und glich seinerseits aus, 1:1. Die gleiche Wurfanzahl benötigte der Gegner in Durchgang Drei, wobei er obendrein ein imposantes High Finish inkludierte: die 160 löschte Mike De Decker mit zweimal Triple-20 und Tops, 2:1. Im vierten Durchgang fand der Belgier so gar nicht ins Leg hinein, eine unsichtbare Fraktion aus der schottischen Unterwelt schien die Doppelfelder so geschickt zugenagelt zu haben, dass nur „fliegende Scotsman-Pfeile“ durchzudringen vermochten. Als Mike De Decker endlich seinen ersten Dart in der Double-16 untergebracht hatte, stand Gary Anderson bereits auf der 175, der Belgier musste aber noch nicht in Panik geraten, denn es war schließlich der Anwurf seines Gegners und somit kein allzu gravierender Legverlust, 2:2. Im fünften Durchgang zog der World Grand Prix Debütant einfach den nächsten 12-Darter aus dem Ärmel: 108 – 180 – 139 – 74. Damit zementierte Mike De Decker das sensationelle 3:0 in Sätzen gegen die schottische Darts-Ikone Gary Anderson.

Zwei, die sich prächtig verstehen, am Oche aber nichts schenken

Im Anschluss waren Gerwyn Price und James Wade an der Reihe. Gerwyn Price hatte im Vorfeld erklärt, dass James Wade sein bester „Mate“ auf der Tour sei und, dass er sich mit keinem so gut verstünde, wie mit dem Engländer, natürlich galt das Einvernehmen nicht auf der Bühne, da würde er alle Freundschaft beiseiteschieben und den Kumpel ordentlich fordern. James Wade, der dafür bekannt ist, dass er dem Gegner eigentlich ausschließlich einen höflichen Händedruck anbietet, unterstrich die Aussage des Walisers, indem er dem „Iceman“ zur Überraschung vieler, eine herzliche Umarmung zukommen ließ. Gerwyn Price war übrigens einer derjenigen, der für besagtes Fehlen eines Niederländers in der zweiten Runde mitverantwortlich war, denn er hatte Danny Noppert nach Hause geschickt. „The Freeze“ hätte das Erstrundenduell gut und gerne auch für sich entscheiden können, fand aber zum Schluss partout den Weg ins Double-In nicht mehr. Die Double-In, Double-Out Variante ist eben das Besondere an diesem Turnier, bei Peter Wright war es eher das Double-Out, das ihm einmal mehr zu schaffen machte. Profiteur dieser Unzulänglichkeit war James Wade, der einfach seinen gewohnt konstanten Stiefel runterspielte und so ungefährdet in die nächste Runde eingezogen war. Nachdem sich Wayne Mardle mit Josh Rock schon gewaltig aus dem Fenster gelehnt hatte, wagte er heute Abend die nächste Prognose, und zwar, dass sich Gerwyn Price warm anziehen müsse, wenn James Wade sein bestes Spiel auszupacken imstande sei.

Die ersten vier Durchgänge in Satz Eins teilten die beiden „Buddies“ sozusagen freundschaftlich unter sich auf, wobei es James Wade war, der in Satz Eins und Drei mit lediglich 14 Würfen zu überzeugen wusste und gleich zu Beginn auch den passenden Set-up-Shot (140) zur Hand hatte. 2:2. Im fünften Durchgang war „The Machine“ dann nur ein My weit davon entfernt, den „Big Fish“ aus dem Darts-Meer zu angeln, allein das Bullseye verhinderte den Coup. Aber die verbliebene 25 wischte James Wade beim nächsten Gang ans Oche vom Board, das 1:0 in Sätzen war eingetütet. Allerdings hatte der Engländer das Set hier mit Anwurf für sich entschieden, im zweiten Satz durfte Gerwyn Price das erste Leg beginnen. Das hielt James Wade jedoch nicht davon ab, auch in diesem Set mit 1:0 in Führung zu gehen, denn dank gekonnter Vorbereitung (138) und insgesamt 14 wohlplatzierten Treffern, stahl er dem Gegner das begonnene Leg. Es war das erste Break in diesem Match gewesen, welches James Wade im zweiten Durchgang mit einem beeindruckenden 13-Darter bestätigte, 2:0. Im dritten Durchgang grätschte Gerwyn Price dann wieder dazwischen, mit 14 Pfeilen konnte er sein begonnenes Leg nach Hause bringen, 1:2. Doch schon im vierten Durchgang packte James Wade den 12-Darter aus: 100 – 100 – 97 – 180 – 24, auch der zweite Satz war somit unterzeichnet und besiegelt, 2:0. Im dritten Set machte der erklärte Autoliebhaber da weiter, wo er im zweiten aufgehört hatte: in schier stoischer Manier räumte er Durchgang Eins und Zwei ab, 2:0. Es war keineswegs so, dass Gerwyn Price chancenlos war, aber so viele Gelegenheiten er auch hatte, er ließ sie alle liegen. Im Endspurt des dritten Legs versenkte der „Iceman“ seinen ersten Pfeil in der Triple-20, den zweiten in der einfachen 20 und den dritten im Bullseye. Dieses 130er-Finish feierte Gerwyn Price mit einiger Ironie ab, 1:2, auch der „Mate“ fand`s wohlwollend amüsant, wie sich „Gezzy“ darüber freute. Doch im vierten Durchgang verpasste Gerwyn Price seine allerletzte Chance auf Tops, und James Wade machte den Deckel aufs Match drauf. Glatter 3:0- Satzerfolg für den Engländer, damit waren beide bislang dargebotenen Partien im Schnellverfahren abgefertigt worden.

Daryl Gurney untermauert, wie wichtig Kondition sein kann, während Joe Cullen offenbar die richtige Ausdauer mitgebracht hat

Im Anschluss stand das Duell: Daryl Gurney gegen Joe Cullen, auf dem Programm. Was Daryl Gurney mit Gerwyn Price gemeinsam hatte, war, dass auch er in der ersten Runde einen Vertreter aus der Oranje-Monarchie aus dem Turnier verabschiedet hat, doch während Gerwyn Price „nur“ die niederländische Nummer Zwei besiegte, war dies Daryl Gurney gar mit der Nummer Eins aus den Niederlanden gelungen. Obendrein bügelte er dabei den Topstar Michael van Gerwen mit einem „Whitewash“, was einer kleinen Sensation gleichkam. Bei Joe Cullens Erstrundenmatch musste man hingegen lange befürchten, dass er gegen Chris Dobey keinen Fuß auf den Boden bekommen würde, doch urplötzlich drehte der „Rockstar“ das Match und war bis zum Schluss tonangebend.

Joe Cullen hatte das Ausbullen gewonnen, damit den Anwurf im ersten Leg, doch Daryl Gurney zögerte nicht, die Restforderung von 86 Punkten, mit Triple-18 und Double-16 zu begleichen und damit das erste Break einzukassieren, 1:0. Jenes Break bestätigte der Nordire im zweiten Durchgang und zog mit 2:0 in Front. Nur im dritten Leg fand Daryl Gurney keinerlei Zugang mehr zu den Double-In-Segmenten, der Gegner war bereits unten auf der 128 angekommen, erst da landete „SuperChin“ einen ersten Treffer im Doppelfeld, es war die Double-7. Besagte 128 Punkte waren mit zwei weiteren Aufnahmen Geschichte, Joe Cullen fand damit den Anschluss zum 1:2. Für den Leggewinn im vierten Durchgang benötigte Daryl Gurney lediglich 13 Würfe, damit war der Satz auf seinem Set-Konto verbucht, 1:0. Im ersten Durchgang des zweiten Satzes war es Joe Cullen, der den 13-Darter auspackte, damit erzielte er das Break und ging 1:0 in Führung. Doch Daryl Gurney konterte im zweiten Leg postwendend mit Re-Break, 1:1, das er im dritten Durchgang auch bestätigte, 2:1. Im vierten Leg war der 38-Jährige aus dem nordirischen Derry, (als Wertschätzung der Unterstützung einiger Handelsorganisationen aus London zum Zweck des Aufbaus einer neuen Stadtbefestigung, auch Londonderry genannt), nah dran, das 164er-Finish herauszunehmen, aber der Wurf aufs Bullseye kratzte nur am Draht. Die verbliebene 25 wollte auch beim nächsten Gang ans Oche partout nicht weichen, Joe Cullen, der seinerseits ebenfalls sechs Checkout-Darts vorbei geschleudert hatte, bekam doch noch eine Chance, sein begonnenes Leg zu halten. Mit dem siebten Versuch nutzte er die gebotene Möglichkeit, indem er den Pfeil in der Double-5 versenkte. Somit hatte er unverhofft den Ausgleich geschafft, 2:2. Und nachdem der Engländer schon mal soweit gekommen war, servierte er sich in Durchgang Fünf auch noch den prächtigen Set-up-Shot von 140 gelöschten Punkten, was ihm die optimale Basis für den Leggewinn lieferte. Es war jedoch nicht nur das Leg, das er für sich entschieden hatte, auch der Satzausgleich war damit hergestellt, 1:1.

In Satz Drei übernahm Daryl Gurney vorrübergehend wieder das Steuerrad, mit dem 12-Darter im ersten Durchgang: 96 – 180 – 140 – 67 – 18, griff er sich den Anwurf des Gegners, 1:0. 14 treffsichere Würfe benötigte der Nordire, um das eben errungene Break im zweiten Leg zu bestätigen, 2:0. Und im dritten Durchgang war es gar ein Pfeil weniger, den Daryl Gurney investieren musste, um in diesem Set glatt durch zu marschieren. 2:1 Satzführung, plötzlich sah es nach einer sicheren Sache für Daryl Gurney aus. Auch im ersten Durchgang des vierten Sets hatte sich der van Gerwen-Bezwinger mit dem optimalen Set-up-Shot (134) die ideale Ausgangsposition bereitet, um das nächste Break einzufahren, doch drei weitere Gänge ans Oche, sprich neun weitere Versuche, reichten nicht aus, um die verbliebene Restforderung von 20 Punkten quitt zu werden, schlussendlich war es das „Madhouse“, in das er sich verirrt hatte, ohne jemals den Ausgang zu finden. Joe Cullen nutzte den gewonnenen Zeitrahmen, um mehr als schwerfällig über die Ziellinie zu schleichen, es war ein Leg, das er eigentlich nie hätte gewinnen dürfen, 1:0. Den nächsten Teil seiner eigenen Tragödie lieferte Daryl Gurney in Durchgang Zwei, hier stand er im Endspurt auf der 70, versenkte den ersten Pfeil erfolgreich in der Triple-18, nur um dann zwei weitere Checkout-Darts am anvisierten Ziel vorbei zu hämmern. Auch hier bestrafte Joe Cullen die Nachlässigkeit des Gegners wieder und begab sich nun mit 2:0 in Front. In Durchgang Drei konnte man sich bereits nicht mehr des Eindrucks erwehren, dass beim Nordiren die Luft raus war. Hier war Daryl Gurney noch nicht einmal in der Nähe eines Double-Out Feldes, nicht zuletzt dem geschuldet, dass er schwer ins Leg hineingekommen war, da sackte Joe Cullen auch schon den Satz ein, 2:2. Auch in Satz Fünf gab Daryl Gurney lediglich ein Bild des Elends ab, er schien nervlich, aber eben auch konditionell nun völlig am Ende. Wie in den Legs zuvor, benötigte „SuperChin“ auch im ersten Durchgang dieses Sets mehrere Aufnahmen, um überhaupt ins Spiel zu kommen, gegenüber hatte Joe Cullen reichlich Zeit das 1:0 auszumachen. Im zweiten Leg ging es für den 35-Jährigen aus Bradford dann etwas rasanter zur Sache, hier waren es lediglich 14 Pfeile, die er zielbewusst ins Board manövrierte, damit war auch das 2:0 gefestigt. In Durchgang Drei nahm Joe Cullen dann nochmal ein paar Umwege in Kauf, beim Versuch, 20 Restpunkte zu eliminieren, traf er 10, 5 und Triple-11, das brachte ihm nichts weiter als ein „No Score!“ ein. Daryl Gurney befand sich zu diesem Zeitpunkt mit der 145 schon auf einem möglichen Finish, doch so wie sich der Nordire zwischenzeitlich präsentierte, war ihm dieser Betrag nicht mehr ernsthaft zuzutrauen. Er selbst bestätigte jene Mutmaßung, indem er mit 20, 8 und 20 ausradierten Zählern, gerade mal weitere 48 Punkte eliminierte. Joe Cullen ließ sich kein weiteres Mal bitten und nachdem er mittlerweile sechs Legs in Folge abgeräumt hatte, war auch sein 3:2 Satzerfolg in trockenen Tüchern.

Der „Dreammaker“ und die Zermürbungstaktik, vor der selbst ein Dave Chisnall nicht gefeit ist

Die Entscheidung um das letzte Viertelfinalticket machten am heutigen Abend Dave Chisnall und Dimitri Van den Bergh unter sich aus. Dave Chisnall hatte am Dienstag Cameron Menzies eine bittere Niederlage beigebracht, denn der Schotte war nicht imstande gewesen, auch nur ein einziges Leg für sich zu entscheiden. Keineswegs ein Fun Fact, vielmehr ein betrüblicher Fakt am Rande: nach seiner Niederlage war Cameron Menzies mehr als robust mit sich ins Gericht gegangen und hatte auf Social Media kundgetan, dass „dies der Grund sei, weswegen er weiterhin als Klempner arbeite, er wäre einfach nicht gut genug für einen Profi“. Harte Worte, hoffentlich nur aus der Emotion heraus verlautbart. Während Dave Chisnall also seine massive Formstärke nochmals unterstreichen konnte, war es Dimitri Van den Bergh nach längerer Durststrecke endlich wieder gelungen, seine Formschwäche in die Wüste zu schicken, er knüpfte an frühere Leistungen an und warf Luke Woodhouse aus dem Turnier.

Dann hieß es zum letzten Mal in diesem Achtelfinale: „Game on!“ Dave Chisnall hatte den ersten Anwurf und war auch nah dran, im ersten Durchgang das 149er-Finish zu löschen, aber der Versuch auf die Double-16 misslang zunächst. Kein Problem, er bekam eine weitere Möglichkeit, die nutzte er zum 1:0. Doch Dimitri Van den Bergh hatte im zweiten Durchgang die passende Antwort parat, 14 Würfe später stand es 1:1. Die nächsten zwei Durchgänge erwiesen sich eher als Fehlerparade denn als Parade-Legs, beide mit dem besseren Ende für Dave Chisnall, der die 1:0 Satzführung übernahm. Im zweiten Durchgang konnte man mal wieder den berühmt-berüchtigten Exerzitien des Dimitri Van den Bergh beiwohnen, für ihn mag es hilfreich sein, aber der Gegner gerät damit komplett aus dem Rhythmus und selbst der Caller Charlie Corstorphine überlegte womöglich kurz, ob er vorher noch ein Pint im Pub schafft, bevor der Belgier zum Wurf bereit ist. Jeweils eine gefühlte Ewigkeit später hatte Dimitri Van den Bergh dann endlich seine Pfeile im Board untergebracht, Dave Chisnall tigerte derweil im Hintergrund auf und ab, dazwischen trank er Wasser, wobei es wirkte, als wenn er die Flüssigkeit lediglich in sich hineinschüttete, um die Wartezeit irgendwie rumzukriegen. Die oberste Devise im Darts lautet, das Board zu spielen, nicht den Gegner, Dave Chisnall musste sich heute Abend diesbezüglich so seine eigenen Gedanken machen. Auf jeden Fall war der Engländer fortan komplett von der Rolle, sein übliches Power-Scoring löste sich in Powder-Scoring auf und es wollte ihm im zweiten Satz nicht ein einziger Leggewinn gelingen. Der „Dreammaker“ holte sich hingegen drei Durchgänge in Folge und glich somit in Sätzen aus, 1:1. Im ersten Leg des dritten Satzes streute auch Dimitri Van den Bergh wieder reichlich Aussetzer ein, das vermochte Dave Chisnall in dem Fall zu bestrafen, der Spieler aus St. Helens ging 1:0 in Führung. In Durchgang Zwei stand der gebürtige Antwerpener nach neun Darts auf der 154, versenkte seine ersten zwei Pfeile in der Triple-20 und sah sich nun mit der 34 konfrontiert. Doch da der Gegner zu diesem Zeitpunkt noch auf der 300 herumturnte und er wenig bis gar keine Lust auf die Doppel-17 hatte, subtrahierte er einfach nochmal zwei Punkte von der Restsumme. Die Double-16 ward mit dem nächsten Wurf ausgemacht, damit war der 13-Darter zum 1:1 gefestigt. Im dritten Durchgang war Dave Chisnall, der hinten mit derart erröteten Wangen auf und ab trabte, dass man geneigt war, seinen Blutdruck messen zu wollen, dann wieder zur Stelle, mit 14 Würfen hatte er sich die erneute Führung gesichert, 2:1. Auch in Leg Vier war „Chizzy“ auf dem besten Wege, das Leg und somit den Satz klarzumachen, aber auch hier ließ er sich wieder aus dem Flow herausdrängen. Dave Chisnall ist halt ein Typ, der beißt nicht, der will nur spielen. Ähnlich wie Gary Anderson, oder auch Luke Humphries, Michael Smith, Danny Noppert und etliche andere Originale auf dem Circus, – die kennen kein Taktieren, kein Lavieren und auch sonst keine Spielchen abseits des Boards, deswegen ist dieses Verhalten für solche Spieler absolut befremdlich. Auch ein Dave Chisnall kommt eben mit den bewusst eingesetzten Rhythmusverschiebungen definitiv nicht zurande. Klar, es spielt sich alles im Bereich des Legitimen ab, deswegen kann es Dimitri Van den Bergh komplett egal sein, wie er zu seinen Erfolgen kommt, aber nicht nur Luke Humphries hat sich dazu bereits kritisch geäußert. Auf jeden Fall gab „Chizzy“ im vierten Satz, das sicher geglaubte vierte Leg wieder ab, und als der „Dreammaker“ im fünften Durchgang auch noch einen exzellenten 11-Darter aus dem Hut zauberte: 67 – 180 – 180 - 74, war dem Belgier das Set nicht mehr zu nehmen. 2:1-Satzführung für Dimitri Van den Bergh. Im vierten Satz hatte der zweifache Major-Champion, der vermutlich auch happy ist, seit der zweiten Runde wieder zum eigenen Walk-on-Song („Happy“ von Pharrell Williams) einlaufen zu dürfen, weiterhin vorzügliches Scoring zur Verfügung. In Durchgang Eins war es der gekonnte Set-up-Shot (134), der ihm die passende Basis lieferte, um mit dem 13. Pfeil die Double-18 abzuschießen, 1:0. Dave Chisnall bäumte sich im zweiten Leg nochmal mit dem 11-Darter auf: 36 – 125 – 140 – 180 – 20, das verschaffte ihm den Ausgleich, 1:1. Auch in Durchgang Drei war der 44-jährige Engländer bravourös unterwegs, hier war es der 12-Darter, inklusive High Finish: 117 – 140 – 100 – 144 (T20, T20, D12), der ihm das Break und die erneute Führung einbrachte, 2:1. Doch Dimitri Van den Bergh antwortete im vierten Leg mit 14 Treffern umgehend zum Re-Break und hatte damit den Ausgleich wieder hergestellt. O.k., „umgehend“ ist im Zusammenhang mit dem Belgier vermutlich nicht die präziseste Formulierung, aber irgendwann waren dessen Pfeile halt auch im Board und dann war der Ausgleich wirklich da, 2:2. Es ging in diesem Satz ins Entscheidungsleg, das Dimitri Van den Bergh begann, und in dem Dave Chisnall, der normalerweise für sein konstant hohes Scoring bekannt ist, bei sechs Aufnahmen gerade mal klägliche vier Triple-Felder traf, wobei von diesen vier Treffern zwei in der Triple-7 landeten. Besser machte es auf der anderen Seite Dimitri Van den Bergh, und auch wenn er drei Aufnahmen fürs Checkout brauchte, der sechste Matchdart saß in der Double-20. 3:1-Satzerfolg für den 30-jährigen Belgier, der damit im Viertelfinale steht. Damit muss Dave Chisnall seine Hoffnungen auf den diesjährigen World Grand Prix vorerst wieder begraben, der „Dreammaker“ hatte ihm den Traum vom ersten Major-Titel zerstört.

Nachdem die ersten zwei Matches des heutigen Abends derart flugs vonstattengingen, zogen sich die anderen beiden Duelle dann doch beträchtlich in die Länge. Aber nun standen sie fest, die acht Teilnehmer für das morgige Viertelfinale. Und bis es soweit ist, wünschen wir wie gehabt: Gute Nacht and Always Look on the Bright Side of the Flight!

World Grand Prix


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