World Grand Prix 2024: Unfassbar hohe Qualität zeichnet den ersten Spieltag aus und auch zwei Deutsche wissen, wie man in dieser erstklassigen Liga mitspielt

Hier ist das Doppel in doppelter Hinsicht relevant, was bedeutet, beim World Grand Prix werden die Legs nicht nur wie üblich auf ein Doppelfeld gewonnen, sondern müssen auch mit einem Treffer im Doppelsegment gestartet werden. Zu Deutsch, es ist das einzige Turnier, das im Modus Double-In, Double-Out (DIDO) stattfindet. Im Vorgespräch mit Kommentatorin Emma Paton erklärte John Part, dass ein Spieler komplett die Contenance verlieren kann, wenn die ersten Würfe auf Doppel nicht funktionieren, es würde einen riesigen Einfluss auf den kompletten Matchverlauf einzelner Akteure nehmen, wie man zu Beginn in die Partie hineinfindet. Man liebt diesen Modus oder man hasst ihn, einen Mittelweg gäbe es nicht. Wayne Mardle und Dan Dawson führten weiterhin aus, dass es ein gefürchtetes und selten beliebtes Format sei, wobei Spieler wie Dave Chisnall, der eigentlich seine Stärke eher im massiven Scoring offenbart, als auf Doppel, dennoch bestens mit dieser Variante zurechtkäme. Sprich: es ist alles ein großes Mysterium. Des Weiteren wird im Set-Modus gespielt, auch das kommt bei den Majors nicht allzu häufig vor, doch zumindest das eine oder andere Mal, zum Beispiel bei der Weltmeisterschaft, während hingegen der World Grand Prix mit der DIDO-Regel ein Alleinstellungsmerkmal innehat.

Austragungsort ist die Mattioli Arena in Leicester, als Titelverteidiger geht Luke Humphries an den Start, dessen phänomenaler Triumphzug letztes Jahr an gleicher Stelle begann, auch wenn die Multifunktionssporthalle da noch (und bis 9. Februar 2024) Morningside Arena hieß. Beim World Grand Prix 2023 besiegte Luke Humphries Gerwyn Price mit 5:2 (in Sätzen) und sicherte sich somit seinen ersten Major-Titel, dem er in beeindruckender Weise bislang fünf weitere folgen ließ, inklusive der Weltmeisterschaft 2024 und dem World Matchplay 2024. Beim diesjährigen World Grand Prix ist Luke Humphries folgerichtig an Eins gesetzt, er würde es am heutigen Abend mit Stephen Bunting zu tun bekommen.

Den Anfang machten jedoch Josh Rock und Ryan Joyce, gespielt wurde heute Abend im Best-of-3-Sets Modus, d.h. man brauchte zwei Satzgewinne, um in die zweite Runde einzuziehen. Den Anwurf im ersten Leg hatte Josh Rock und sein erster Pfeil landete in der Tat auch gleich in einem Doppelfeld, der Double-19. Ungewöhnlich, aber warum nicht?! Die Double-19 sollte im Verlauf des Abends auch zum erklärten Lieblingsziel des 23-jährigen Nordiren werden. Bei Ryan Joyce dauerte es zu Beginn ein paar Würfe mehr, doch dann saß der fünfte Versuch in der Double-16 und los ging`s auch für den Engländer. Josh Rock hatte aus dem möglichen Vorsprung, den er durch den späteren Einstieg seines Kontrahenten hätte haben können, kein effektives Kapital geschlagen und so war es Ryan Joyce, der die erste Möglichkeit zum Auschecken bekam. Aber das 155er-Finish scheiterte ausgerechnet an der Double-19, dem Doppelsegment, dem der Gegner heute so genussvoll frönte. Gegenüber sah sich Josh Rock mit der Restforderung von 80 Punkten konfrontiert, die er letztendlich mit dem Bullseye-Finish herausnahm, 1:0. Genau wie im ersten Leg begann Ryan Joyce den zweiten Durchgang mit der Double-16, Josh Rock präferierte einmal mehr die Double-19. Auch in diesem Leg hatte Ryan Joyce die erste Möglichkeit aufs Checkout, vergab jedoch den Versuch auf die Double-11. Aber auch Josh Rock verpasste zwei Breakdarts, nachdem er vorher den optimalen Set-up-Shot (137) geliefert hatte, und so bekam Ryan Joyce die nächste Chance, die er diesmal nutzte, 1:1. Im dritten Durchgang war Josh Rock weit wirkungsvoller unterwegs, unangefochten sicherte er sich das 2:1. Aber Ryan Joyce ließ sich nicht abschütteln, ebenso ungefährdet räumte er Leg Vier ab, 2:2, und als Josh Rock im fünften Leg abermals zwei Versuche auf Doppel ausgelassen hatte, kassierte Ryan Joyce den Satz ein, 1:0. In der kurzen Pause hatte Ryan Joyce offenbar nochmal eine gehörige Portion Selbstsicherheit getankt, ohne viel Federlesens zu erlauben, ließ er fast nichts mehr zu und machte schier kurzen Prozess mit seinem Gegner. Drei Leggewinne in Folge, der zweite Matchdart saß im Ziel, da verharrte der Kontrahent noch auf der 280, 2:0 in Sätzen für Ryan Joyce. Wayne Mardle hatte im Vorfeld taxiert, dass die Finalpaarung: Luke Humphries versus Josh Rock, lauten würde, die Prognose ist schon mal komplett danebengegangen. Es war nicht der Tag des jungen Nordiren, während der erste Sieger an diesem Abend Ryan Joyce hieß.

Martin Schindler lässt keine Wünsche offen

Es folgte die Partie Brendan Dolan gegen Martin Schindler. Erstmal herzliche Gratulation an Martin Schindler – so viel Zeit muss sein – der Deutsche hat Ende September in Basel, nach einem hochdramatischen Finale gegen Ryan Searle, wo er unter anderem sieben Matchdarts schadlos überstand, die Swiss Darts Trophy gewonnen. Somit hat der 28-jährige Strausberger Darts-Geschichte geschrieben, denn als erster Deutscher konnte er bereits zwei Turniere auf der PDC European Tour für sich entscheiden. Sein heutiger Gegner war der „History Maker“, Brendan Dolan, und jenen Spitznamen verdankt der 51-jährige Nordire exakt diesem Turnier. Beim World Grand Prix 2011 gelang Brendan Dolan der erste Neun-Darter im Double-In, Double-Out Format, als Kontrahent bezeugen konnte dies damals James Wade.

Mit Anwurf und dem Erfolg aus Basel im Rücken, begann Martin Schindler furios. Erste Aufnahme, gleich mal die 160 abgeliefert, das war die perfekte Grundlage für den ersten Durchgang, den der Deutsche mit 14 Würfen abschloss, 1:0. Auch im zweiten Durchgang überließ Martin Schindler seinem Gegner nicht einen Pfeil auf Double-Out, 2:0, bevor er ein Leg später das 3:0 einstrich, ohne dass Brendan Dolan bis dahin einen einzigen Versuch aufs Checkout gehabt hätte. 1:0 in Sätzen für Martin Schindler. Nach der Pause kam Brendan Dolan ein klein wenig besser ins Spiel, machte aber nicht den Eindruck, als wenn er jetzt die große Wende schaffen könnte. Das erste Leg holte er sich noch relativ souverän, 1:0, doch schon in Durchgang Zwei war Martin Schindler wieder zur Stelle und festigte umgehend den Ausgleich, 1:1. Auch im dritten Leg ließ „The Wall“ nichts anbrennen, damit war das nächste Break geschafft, 2:1. Im vierten Durchgang war Martin Schindler nah dran, das 132er-Finish auszumachen, allein das Bullseye wusste dies zu verhindern. Aber Brendan Dolan scheiterte bei seinen zwei Versuchen, 24 Restpunkte quitt zu werden, und der aktuelle Swiss Darts Trophy Champion konnte ein weiteres Mal ans Oche treten. Aber auch Martin Schindler wollte es nicht gelingen, die Restforderung von 25 Punkten loszuwerden, also durfte der „History Maker“ abermals ran. Bei dieser Aufnahme saß der dritte Pfeil mittig in der Double-3, damit konnte Brendan Dolan sein zweites Leg an diesem Abend für sich verbuchen, 2:2. Das sollte bei diesem World Grand Prix dann aber auch der letzte Leggewinn für den Nordiren gewesen sein, denn Martin Schindler packte im nächsten Durchgang den 12-Darter aus: 36 – 96 – 140 – 180 – 49. Der erste Matchdart war in der anvisierten Double-16 gelandet, damit war das 3:2 respektive das 2:0 in Sätzen für Martin Schindler fix. Großartiger Auftritt des Deutschen, so konnte es weitergehen.

Der Aufwärtstrend zeigt sukzessive nach oben

Danach betraten Jonny Clayton und Ritchie Edhouse die Bühne der Mattioli Arena in Leicester. Jonny Clayton konnte beim World Grand Prix bereits einmal den Siegerpokal in die Höhe hieven, nachdem er im Finale von 2021, seinen Landsmann Gerwyn Price mit 5:1 (in Sätzen) rigoros niedergestreckt hatte. Und fulminanter als Jonny Clayton heute Abend ins laufende Rennen startete, kann man ein Turnier dieses Formats wohl kaum beginnen. Den ersten Durchgang veredelte der Waliser mit 11 Treffern: 32 – 180 – 137 – 128 – 24. 1:0. Das war ein Break, das Jonny Clayton im zweiten Durchgang mit 14 Darts bestätigte, wobei er obendrein das High Finish von 130 Punkten, mit Triple-20, 20 und Bullseye löschte, 2:0. Im dritten Durchgang antwortete Ritchie Edhouse seinerseits mit dem 12-Darter: 36 – 140 – 100 – 135 – 90, 1:2. Doch schon im vierten Leg hatte Jonny Clayton das nächste High Finish, 102 (T20, 10, D16) zur Hand, 3:1, damit war der erste Satz gebucht, 1:0. Auch nach der Pause schien Jonny Clayton unstoppable. Das erste Leg begann er mit 152 ausradierten Punkten, mit insgesamt 14 Pfeilen hatte er kurze Zeit später das 1:0 eingetütet. Wieder hatte Ritchie Edhouse im nächsten Leg die passende Antwort parat: 89 – 140 – 125 – 147 (T19, T18, D18), der 11-Darter bescherte ihm den Ausgleich, 1:1. 14 Würfe später ging Ritchie Edhouse gar in Führung, mithilfe der 177 als perfekter Set-up-Shot, hatte er sich den dritten Durchgang gesichert, 2:1. Doch dann war Jonny Clayton wieder am Zuge, unbeirrt und ohne weitere Umschweife, auch wenn er beim Checkout im fünften Leg zwei Aufnahmen benötigte, holte sich der walisische World Grand Prix Sieger von 2021 die darauffolgenden zwei Durchgänge, damit war auch hier der 2:0-Erfolg in Sätzen zementiert.

Am Ende siegt der Glücklichere

Die nächste Partie bestritten Nathan Aspinall, der zuletzt eine lange Verletzungspause hinter sich gebracht hatte, und Ryan Searle, der im Endspiel der Swiss Darts Trophy Martin Schindler ziemlich unglücklich unterlegen war. Auch Nathan Aspinall startete äußerst imposant ins Match: 160 – 140 – 130 – 71, der 12-Darter gereichte ihm zum 1:0. Das war ein Break, das er im zweiten Durchgang unverzüglich bestätigte, 2:0. Ab Leg Drei war auch Ryan Searle im Match angekommen, mit 14 treffsicher platzierten Würfen, inklusive High Finish, 112 (20, T20, D16), ergatterte er sich den Anschluss zum 1:2. Obgleich es Nathan Aspinall im vierten Durchgang nicht gelang, das 140er-Finish mit einer Aufnahme zu löschen, wischte er die verbliebene 20 beim nächsten Gang ans Oche vom Board, damit stand das 1:0 in Sätzen für ihn fest. Im zweiten Durchgang ließ es Nathan Aspinall etwas langsamer angehen, erst der zehnte Versuch landete im Double-In-Segment, sprich in der Double-20. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Gegner bereits auf die 198 heruntergespielt, es war eine Frage der Zeit, bis Ryan Searle den Leggewinn für sich verbuchen konnte, 1:0. Auch das 2:0 für „Heavy Metal“ ließ nicht lange auf sich warten, bevor er im dritten Durchgang den 11-Darter auspackte: 38 – 140 – 140 – 159 – 24. Damit war auch der Ausgleich in Sätzen hergestellt: 1:1. Im nächsten Durchgang war es wieder Nathan Aspinall, der mitsamt gelungener 140er-Vorbereitung, 14 Pfeile zum 1:0 setzte, bevor er im zweiten Leg zwei Treffer weniger benötigte: 36 – 140 – 180 – 89 – 56, um 2:0 in Führung zu gehen. Doch dann schaltete Ryan Searle ein oder zwei Gänge nach oben, und holte sich die nächsten beiden Legs, wobei er vor allem im vierten Durchgang mit dem 11-Darter: 120 – 180 – 140 – 61, zu beindrucken wusste, 2:2. Doch Nathan Aspinall konterte im fünften Durchgang mit 12 gezielt manövrierten Pfeilen: 160 – 180 – 137 – 24, wobei er hier sogar acht perfekte Darts landen konnte, letzten Endes zählte aber nur der Satzgewinn, 2:1, der auch gleichzeitig den Matchgewinn markierte. Die Erleichterung war unsäglich groß, denn Ryan Searle hatte in besagtem Leg durchaus noch eine allerletzte Chance gehabt, mit dem 148er-Finish das Spiel für sich zu entscheiden, doch wenn der erste Pfeil in der einfachen Eins landet, kommen auch die darauffolgenden Treffer in der Triple-19 und im Bullseye um einiges zu spät. Es war das erste Duell an diesem Auftaktabend, das über die volle Distanz ging, mit dem besseren Ende für Nathan Aspinall.

Wie „Pikachu“ sich in das ungewohnte Format hineingefuchst hat

Im Anschluss daran war der zweite deutsche Teilnehmer am Start: Ricardo Pietreczko, er sollte bei seinem World Grand Prix Debüt den fünffachen Weltmeister Raymond van Barneveld fordern, der seinerseits zwar zweimal im Finale dieses Turniers stand, 2008 & 2009 (damals wurde noch im Citywest Hotel in Dublin gespielt), beide Male aber das Endspiel gegen den ewigen Dauerrivalen Phil Taylor verloren hatte. Bei Ricardo Pietreczko stand vor allem eine Frage im Raum: war die Wurfhand wieder völlig in Ordnung? Nach seiner verletzungsbedingten Aufgabe in der dritten Runde der Hungarian Darts Trophy, war „Pikachu“ ziemlich schnell wieder auf den Floor zurückgekehrt, was durchaus zu einiger Zuversicht berechtigte. Ricardo Pietreczko hatte den ersten Anwurf, doch das nutzt einem in diesem Format relativ wenig, wenn man zu Beginn kein Doppelfeld trifft. Erst der siebte Versuch landete in der Double-19, da hatte der Gegner schon 220 Punkte abgebaut gehabt. Es dauerte auch nicht mehr lange und Raymond van Barneveld strich das 1:0 ein, bevor er in Durchgang Zwei, nicht zuletzt dank der 100er-Vorbereitung, auch das 2:0 ausmachte. Doch ab Leg Drei hatte auch Ricardo Pietreczko die Double-In, Double-Out Variante für sich adaptiert, 15 Pfeile genügten ihm für den Anschluss zum 1:2. Einen Wurf weniger benötigte der gebürtige Berliner für den Ausgleich, 2:2, und nachdem sich Ricardo Pietreczko im fünften Leg noch den passenden Set-up-Shot (104) serviert hatte, ließ er sich auch das Set nicht mehr nehmen. Einen 0:2 Leg-Rückstand hatte „Pikachu“ in ein 3:2 umgemünzt. 1:0 in Sätzen für Ricardo Pietreczko. Auch im zweiten Set zeigte sich der Niederländer zunächst stabil und entschlossen und ging 1:0 in Führung. Mit 14 Treffern in Leg Zwei glich Ricardo Pietreczko postwendend aus, 1:1. Mithilfe des optimalen Set-up-Shots (133) in Durchgang Drei, konterte Raymond van Barneveld stante pede, 2:1. Aber im vierten Leg war auch Ricardo Pietreczko wieder zur Stelle, er vermochte es gar, mit einem fantastischen 12-Darter zu brillieren: 160 – 137 – 100 – 104 (T19, 15, D16), 2:2. Es ging ins Entscheidungsleg dieses Satzes, das Raymond van Barneveld zwar begann, aber es war der Deutsche, der den ersten Matchdart bekam. Ricardo Pietreczko versuchte die 100 mit 20, Tops-Tops loszuwerden, aber nur der zweite Dart landete in der Double-20. Den dritten Pfeil versenkte der Wahl-Hannoveraner im einfachen 20er-Segment, somit bekam die niederländische Darts-Ikone noch eine letzte Chance, im Match zu bleiben. Leise meldete sich auch die „Barney-Army“ mal wieder zu Wort, es half, denn Raymond van Barneveld bugsierte den vierten Checkout-Versuch doch noch in die Double-9 und hatte so die Verlängerung erzwungen. 1:1 in Sätzen. Doch im dritten Satz lief so gut wie gar nichts mehr für den Niederländer, seine Körperhaltung, seine Gestik und seine Mimik sprachen Bände. Ricardo Pietreczko hatte es gleich mit dem ersten Wurf auf die Double-20 ins Leg geschafft, während Raymond van Barneveld zehn Versuche brauchte, um überhaupt mal in den Durchgang starten zu dürfen. Der German Darts Championship Sieger von 2023 war bereits auf der 210 angelangt, da erst versenkte Raymond van Barneveld seinen ersten Pfeil in der Double-16. Das anschließende 1:0 für Ricardo Pietreczko war reine Formsache, und während Raymond van Barneveld im zweiten Leg beim Versuch, 130 Restpunkte zu löschen, an der Double-5 scheiterte, tütete „Pikachu“ souverän das 2:0 ein. Auch im dritten Durchgang ließ sich Ricardo Pietreczko nicht allzu lange bitten, obwohl er sich beim Stand von 81 Punkten einen argen Lapsus leistete, indem er die Restforderung mit Triple-19, Double-9 plus 11 zu löschen trachtete. „No Score!“ O.k., der Gegner war auf der 213 verblieben, da konnte man sich so ein bewusstes Überwerfen auch leisten. Beim nächsten Gang ans Oche machte es der Deutsche etwas besser, aber immer noch nicht perfekt: weiterhin auf der 81, manövrierte Ricardo Pietreczko den ersten Pfeil in die Triple-7 und den zweiten in die einfache 20, während der dritte Dart irgendwo im Nirgendwo landete. Aber Raymond van Barneveld wollte es ebenfalls nicht gelingen, mit einer Aufnahme 113 Restpunkte quitt zu werden, so durfte Ricardo Pietreczko ein weiteres Mal ran. Und der nächste Matchdart saß dann auch wirklich mittig im anvisierten Ziel, 2:1 in Sätzen für Ricardo Pietreczko gegen die niederländische Darts-Legende Raymond van Barneveld.

Das weltmeisterliche Comeback

Die Nummer Eins der PDC Order of Merit und gleichzeitig die Nummer Eins der Setzliste dieses Turniers war nun an der Reihe: Luke Humphries, ihm stand Stephen Bunting gegenüber. Die beiden waren erst letzten Donnerstag in Wigan aufeinander getroffen, als Luke Humphries seinen heutigen Gegner im Finale der Players Championship 26, mit 7:6 in die Schranken verwies. Die heutige Begegnung sah einen mega-starken Stephen Bunting am Start, der im ersten Satz nicht die geringste Bereitschaft zeigte, dem amtierenden Weltmeister irgendwelche Chancen einzuräumen. Das erste Leg holte sich Stephen Bunting gegen den Anwurf, 1:0, dass Luke Humphries hier nach gekonntem Set-up-Shot (139), drei Checkout-Darts ausgelassen hatte, sollte ihn teuer zu stehen kommen. Im zweiten Durchgang packte Stephen Bunting das High Finish, 115 (19, T20, D18) aus, mit insgesamt 14 Treffern, ging „The Bullet“ mit 2:0 in Führung. Und im dritten Leg setzte der gebürtige Liverpooler, der schon lange in St. Helens zuhause ist, noch eins drauf, der 11-Darter: 120 – 180 – 140 – 61, gereichte ihm zum 3:0, d.h. zum Satzgewinn, 1:0. Nach der Pause machte Stephen Bunting dort weiter, wo er vor der Pause aufgehört hatte, mit dem 12-Darter: 32 – 180 – 100 – 135 – 54, zum Leggewinn, 1:0. Auch beim 2:0 ließ er nichts anbrennen, hier benötigte er gerade mal zwei Würfe mehr, schon stand Stephen Bunting kurz vor dem Matchgewinn, während der Titelverteidiger – gar mit drohendem „White Wash“ – kurz vor dem Aus stand. Am Rande der Niederlage angekommen, startete Luke Humphries in Durchgang Drei zu einer phänomenalen Aufholjagd. Wobei Stephen Bunting durchaus einen Matchdart in der Hand hatte, doch den verlegte der BDO-Weltmeister von 2014, so war der Weg frei für Luke Humphries zum 1:2. Nachdem er den Kopf gerade noch so aus der Schlinge gezogen hatte, war „Cool Hand, Luke“ im vierten Durchgang mit dem 12-Darter, das High Finish inbegriffen, zur Stelle: 152 – 134 – 97 – 118 (T20, 18, D20), 2:2. Und im fünften Leg machte Luke Humphries das kurz zuvor noch unmöglich scheinende möglich. Mit dem perfekten Set-up-Shot (180) hatte er sich die 50 gestellt, beim nächsten Gang ans Oche genügten zwei Pfeile, um nach insgesamt 14 Würfen auch diesen Leggewinn sicherzustellen, 3:2. Kurze Zeit vorher noch die bedrohlich winkende Niederlage vor Augen, hatte Luke Humphries den Satzausgleich erwirkt, 1:1. Zunächst hatte der 29-Jährige aus Newbury fünf Legs in Folge abgeben müssen, dann seinerseits drei Leggewinne am Stück geholt und nun war tatsächlich wieder alles auf Anfang gestellt. Nun hatte der Weltmeister und World Matchplay Champion 2024 das Momentum auf seine Seite gezogen. Im ersten Durchgang des Decider-Sets servierte sich Luke Humphries eine starke 132er-Vorbereitung, das erlaubte ihm dann sogar zwei Aufnahmen, um die verbliebene 40 zu eliminieren, und es stand 1:0 für ihn. Geschlagen war Stephen Bunting, trotz des wirkungsträchtigen Comebacks seines Gegners, aber noch lange nicht, souverän sicherte er sich Durchgang Zwei, 1:1. Aber wenn der „Humphries-Express“ mal ins Rollen gekommen war, konnte man nurmehr schwer etwas entgegensetzen. Stephen Bunting gelang es in Leg Drei in keiner Weise, einen Bremsklotz dazwischen zu werfen, er befand sich noch irgendwo in den Gefilden von 210 Punkten, da hatte Luke Humphries bereits das 2:1 ausgemacht. Im vierten Durchgang benötigte „Cool Hand, Luke“ dann wahrlich vier Versuche, um überhaupt ins Leg reinzukommen, der Gegner hatte jedoch auch nach sechs Würfen noch nicht ins Double gefunden. Das und die Tatsache, dass Luke Humphries bei seiner ersten erfolgreichen Aufnahme gleich mal wieder 152 Punkte ausradiert hatte, erlaubte dem Engländer auch den einen oder anderen Aussetzer, aber schlussendlich waren es tatsächlich nur 14 Treffer, die dem Weltranglistenersten zum Sieg verhalfen. 2:1 in Sätzen für Luke Humphries – beide, sowohl der Sieger als auch der Besiegte wirkten danach ein wenig ungläubig, bei Stephen Bunting gesellte sich ins Gefühl noch eine gewisse Fassungslosigkeit hinzu. Aber Fair Play ist bei beiden Akteuren schließlich oberstes Gebot und so bekundete jeder dem anderen im Anschluss den gebührenden Respekt. Auf Luke Humphries wartet in der nächsten Runde Ricardo Pietreczko.

Manchmal siegt einfach das bessere Timing, geboren aus der Routine

Dann die Begegnung, der nicht wenige in freudiger Erwartung entgegen sahen: Rob Cross versus Luke Littler. Rob Cross hatte den ersten Anwurf, fand aber nicht gut ins Match hinein und musste sein begonnenes Leg gleich mal wieder abgeben. 1:0 für Luke Littler, der sich im ersten Durchgang mit dem 14-Darter durchgesetzt hatte. Rollentausch im zweiten Leg, hier war es Luke Littler, der einen langsameren Gang eingelegt hatte und seinen Anwurf dadurch nicht halten konnte, schon war der Ausgleich wieder hergestellt, 1:1. Dann waren beide Protagonisten endgültig im Spiel angekommen, in den zwei Folgedurchgängen hielt jeder sein angefangenes Leg relativ mühelos, 2:2. In Durchgang Fünf versäumte es Luke Littler, seine einzige Breakchance zu nutzen, das bestrafte Rob Cross mit dem Satzgewinn, 1:0. Mit hervorragendem 13-Darter sicherte sich Luke Littler nach der Pause den ersten Durchgang und zog 1:0 in Front. Doch Rob Cross schien stets die geeignete Antwort parat zu haben, auch er ließ sich in Leg Zwei nicht die Butter vom Brot nehmen, checkte 88 Restpunkte mit 20, 18 und Bullseye aus, 1:1. Luke Littler löschte in Durchgang Drei ebenfalls die verbliebene 88, wenn auch auf einem komplett anderen Weg (20, Triple-18, Double-7), 2:1. In Leg Vier gelang Luke Littler sowohl bei seiner zweiten wie auch bei seiner dritten Aufnahme das Maximum, doch zweimal die 180 innerhalb dieses Durchgangs sollten nicht ausreichen, um Rob Cross vom Leggewinn abzuhalten. Der hatte sich mit 12 Darts (76 – 134 – 139 – 128) die 24 aufbereitet, die er mit dem 13. Wurf vom Board wischte, 2:2. Aber der Weltmeister von 2018 schaffte es im fünften Durchgang nicht einmal annähernd, den Anwurf seines Gegners in Gefahr zu bringen, so holte sich Luke Littler hier den Satzausgleich, 1:1. Das war ein wahrhaftig spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen, man konnte keine tendenzielle Vorhersage entwickeln, für wen das Siegerpendel letztendlich ausschlagen würde. Beide Spieler agierten auf Augenhöhe, Luke Littler mit dem etwas stärkeren Scoring, der erfahrenere Rob Cross mit dem möglicherweise gewiefteren Timing. Einmal mehr ging es in den Entscheidungssatz. Auch jetzt startete Rob Cross wieder ausgezeichnet, es waren abermals zwölf hervorragend platzierte Treffer: 36 – 139 – 134 – 140 – 52, die ihm das 1:0 bescherten. Zwei Versuche mehr brauchte Luke Littler in Durchgang Zwei, wobei er vor allem mit dem imposanten Set-up-Shot von 165 gelöschten Punkten für Furore sorgte, 1:1. Rob Cross war ihm in diesem Leg äußerst knapp auf den Fersen geblieben, konnte aber selbst mit seiner 130er-Vorbereitung nichts ausrichten. Also wusste er, dass er noch eine Schippe drauflegen musste, wollte er den blutjungen Gegner heute schlagen. Gedacht, getan – in Durchgang Drei zog „Voltage“ den 11-Darter aus dem Ärmel: 40 – 100 – 180 – 149 – 32, das brachte ihm die 2:1-Führung. Und offensichtlich wollte es Rob Cross nicht auf ein Entscheidungsleg ankommen lassen, denn auch im vierten Durchgang ließ er nichts anbrennen. Luke Littler hatte einen Checkout-Dart liegen gelassen, das öffnete dem aus Pembury/Kent stammenden, aber in Hastings wohnhaften 34-jährigen Engländer, Tür und Tor. Zum zweiten Mal in dieser Partie checkte Rob Cross 88 Restpunkte mit 20, 18 und Bullseye aus. So war der 2:1-Sieg in Sätzen gesichert. Rob Cross wird damit der nächste Gegner von Martin Schindler sein. Rückblickend war es vor allem die überragende Checkout-Quote von Rob Cross: 80%, die ihm den Erfolg über Luke Littler einbrachte, der 17-Jährige war hier nur auf 37,5% gekommen.

Den Angelschein gemacht, aber für den vollen Erfolg sollte das nicht reichen

Den Abschluss des ersten Spieltages bildeten Gian van Veen und Ross Smith. Gian van Veen trat mit berechtigtem Rückenwind aus Budapest an, war er dort doch bis ins Finale der Hungarian Darts Trophy vorgedrungen. Im Endspiel gegen Michael van Gerwen unterlag er dann zwar, dennoch hatte er sich zugestanden, ein hervorragendes Turnier gespielt zu haben und der junge Niederländer empfand es auch keineswegs als Schande, als Nachwuchsspieler gegen den erfolgreichen Landsmann verloren zu haben. Auch Ross Smith hatte zuletzt wieder einen erfolgsversprechenden Aufwärtstrend verraten, was eine Prognose in diesem Aufeinandertreffen zweier formstarker Duellanten reichlich schwer machte. Ross Smith mit dem ersten Anwurf, den er sich auch nicht nehmen ließ, 1:0. Im zweiten Durchgang traf Gian van Veen das falsche Doppel, Experten nennen es „Goldilocks“, man könnte es natürlich auch mit „dumm gelaufen“ kommentieren, denn statt in der Double-4 versenkte Gian van Veen seinen Pfeil in der Double-13. „No Score!“ ertönte es gnadenlos vom Caller, das hieß, Ross Smith durfte erneut ans Oche treten. Auch er hatte vorher das Bullseye verfehlt und nun die verbliebene 25 vor der Brust. Doch im Gegensatz zu seinem Kontrahenten traf der Engländer nach der einfachen Neun auch noch die Double-8, 2:0. Wie in Durchgang Zwei benötigte Ross Smith auch im dritten Leg lediglich 14 Würfe, schon war das 3:0, sprich das erste Set eingetütet, 1:0 in Sätzen für Ross Smith. Im ersten Leg des zweiten Satzes verfehlte der „Smudger“ mit dem zwölften Pfeil die Double-16, kein Problem, ein Dart später war das ebenfalls erledigt, 1:0. Im zweiten Durchgang war Gian van Veen nach drei Aufnahmen auf der 170 angekommen und warf die Angelschnur aus: zweimal Triple-20 und Bullseye, damit war der erste „Big Fish“ des Tages gezogen. Mit diesem geschmeidigen 11-Darter hatte der 22-Jährige aus dem niederländischen Poederoijen den Ausgleich errungen, 1:1. Jenes Highlight blieb Gian van Veen noch vergönnt, bevor Ross Smith zum Endspurt ansetzte. Der 12-Darter in Durchgang Drei: 92 – 134 – 100 – 135 – 40, bescherte ihm das 2:1, und auch in Leg Vier ließ Ross Smith keine Fragen offen. Der Gegner war noch weit über der Hunderter Marke zu finden, da zog der 35-jährige Engländer bereits seinen Matchgewinn-Dart aus dem Board. 2:0 in Sätzen, Ross Smith hatte an diesem ersten Spieltag, mit 101,79 im Durchschnitt (ein Average über 100 ist beim Double-In, Double-Out Format eher eine Rarität), das letzte Zweitrundenticket gezogen, sein Gegner dort wird am Mittwoch Jonny Clayton sein.

Ein wahnsinnig spannender und auch nervenaufreibender Spieltag in Leicester ist zu Ende gegangen, mit durchwegs hochklassigen Performances, inklusive zwei deutschen Teilnehmern, die beide die nächste Runde erreicht haben und so bleibt nur noch der Gute-Nacht-Gruß: Always Look on the Bright Side of the Flight!

World Grand Prix


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