World Grand Prix – Tag 3 mit Sensationen und historischen Glanzpunkten

Am dritten Spieltag sind wir nunmehr in Runde zwei angekommen. Damit dürfen wir uns auch auf zwei wesentliche Änderungen einrichten: zum einen sind wir nun im „Best of 5-Modus“ angelangt, das heißt ein Spieler benötigt nun drei Sets, um weiterzukommen. Das bedeutet aber auch, dass eine Schwächephase, die eventuell zum Satzverlust führt, möglicherweise nicht mehr ganz so hart bestraft wird. Man hat einfach mehr Zeit, sein Potential auszuschöpfen und ist nicht bereits nach zwei Sets auf verlorenem Posten. Wenn ein Akteur gar nicht zur Form findet, nutzt ihm natürlich auch die Satzerweiterung nichts, aber generell kommt es den Spielern, die Tagesform bedingt auch mal etwas mehr Anlauf benötigen, doch sehr zugute. Die andere Änderung betrifft den Walk-on. Die Protagonisten dürfen jetzt wieder einzeln und mit ihrer persönlichen Einlaufmusik zur Bühne schreiten. Das ist nicht nur für das Publikum unterhaltsamer, auch die Spieler identifizieren sich mit ihrer persönlichen Erkennungshymne und schöpfen daraus nochmal das extra Quantum an Energie und Selbstbewusstsein. Der Präzisionssport Darts findet zu einem Großteil zwischen den Ohren statt, da darf man den Faktor Selbstsicherheit nicht unterschätzen. Und die eigene Einlaufmusik stärkt besagtes Selbstvertrauen nochmal in erheblicher Weise.

Den Anfang machten heute Abend Gary Anderson und Andrew Gilding

Andrew Gilding, der Spieler aus Ipswich/Suffolk, ist wie ein hochpreisiger Rotwein: je älter, desto besser. „Goldfinger“, der im flotten Alter von 52 Jahren zur Höchstform auflief, feierte dieses Jahr seinen größten Erfolg, als er – wohlgemerkt nicht gegen No-Name, sondern gegen keinen geringeren als Michael van Gerwen, nach wahnsinnig dramatischem Matchverlauf – die UK Open gewann.

Sein Gegner heute: Gary Anderson. Oh Gott, was könnte man über Gary alles erzählen. Es würde eine kleine Enzyklopädie füllen. Also strapazieren wir an dieser Stelle mal den guten Goethe: „Der Worte sind genug gewechselt“ und lassen die Taten des heutigen Abends sprechen.

Gary Anderson hatte in der ersten Runde begeistert wie in seinen goldenen Zeiten. Ja, ich weiß, der Bezug zu den „goldenen“ Zeiten gehört eigentlich „Goldfinger“, aber hier traf das Attribut mal auf beide Spieler zu. Auch wenn das Potential an Gemeinsamkeiten damit bereits ausgeschöpft ist, denn unterschiedlicher können zwei Spielercharaktere kaum sein. Anderson gelegentlich ein scharfzüngiger Heißsporn, wenn man ihn reizt. Gilding eher einer den nichts und niemand aus seiner stoischen Ruhe bringen kann. Man würde es vermutlich gar nicht mitkriegen, wenn er zwischendurch auch mal ein paar gediegene Momente Sekundenschlaf einlegen würde. Und entsprechend unauffällig hatte „Goldfinger“ in Runde eins dann auch Rob Cross gemächlich aus dem Turnier geschoben.

Nach Gary Andersons überzeugender Vorstellung in der ersten Runde durfte man umso gespannter sein, wie sich der Schotte heute präsentieren würde. „The Flying Scotsman“, der sich in jüngster Vergangenheit unsäglich darüber geärgert hatte, wie man ihn – vor allem von Seiten der Great Britischen Medien – bereits abgeschrieben hatte, scheint sich nun schelmisch darüber zu freuen, wie er es all seinen Kritikern nochmal richtig zeigt. Man hat das Gefühl, dass sich Anderson mit frisch geerntetem Ehrgeiz gerade mal wieder selbst neu erfindet. Und obwohl der Schotte sofort im Tunnel ist, sobald er am Oche steht, sah man bei ihm heute sogar den gelegentlichen Austausch mit dem Publikum, und zwar den der verbindlichen Art.

Obgleich Andrew Gilding im dritten Leg die erste 180 des Matches auspackte, war es Gary Anderson, der den ersten Satz souverän ohne Legverlust einstrich. Und wie es beim Double-In, Double-Out halt so ist: nachdem Gilding im zweiten Satz endlich sein erstes Leg geholt hatte, kam er im nächsten Leg prompt nicht mehr rein. Als der Engländer beim siebten Versuch endlich das Double traf, war Anderson längst davon geeilt. Legausgleich 1:1 im zweiten Satz. Doch Gilding zeigte sich beharrlich und ging mit 2:1 in Führung. Gary wäre nicht Gary, wenn er nicht umgehend wieder auf 2:2 gestellt hätte. Auffallend die breite Fächerung Andersons beim Auschecken. Während man vom „Flying Scotsman“ eigentlich immer die Double-20 oder dann Double-10 als bevorzugtes Segment kennt, spielt er mittlerweile das gesamte Board. Doch Andrew Gilding war diesmal der mit den ersten Set-Darts, die er aber noch liegen ließ. Aber weil auch Gary Anderson in diesem Leg nicht ausreichend Zielwasser getrunken hatte, bekam „Goldfinger“ seine nächste Chance, die er dann zu nutzen wusste. Ausgleich in den Sätzen 1:1. Auch zu Beginn des dritten Sets warf Gilding erstmal sieben oder acht Pfeile am Doppel vorbei. Gary machte derweil sein Ding und zog auf und davon. Trotzdem wirkte auch Andersons Spiel eher verhalten, man hatte das Gefühl, dass Gildings phlegmatisch angehauchter Stil sich mitunter als ansteckend erwies. Die eigentümliche Trägheit in den Bewegungen des Engländers schien immer wieder auf Andersons Motivation abzufärben. Erst im dritten Leg des dritten Sets die erste 180 des Schotten, der auf diesem Segment einst ja unzählige Rekorde aufgestellt hatte. Plötzlich war es umgekehrt, Garys Treffsicherheit schien nun Gilding anzustecken und dieser antwortete ebenfalls mit einer 180. Angestachelt vom gesteigerten Niveau beendete Anderson Leg und Set mit dem Bullseye-Checkout und tütete somit diesen Satz zu Null ein. Die Checkout-Quote machte zu diesem Zeitpunkt den großen Unterschied.

Zur Überraschung vieler antwortete Andrew Gilding nun ebenfalls mit einem 3:0 Satzgewinn. Ausgleich in den Sätzen und es folgte das, was die wenigstens erwartet hatten: der entscheidende fünfte Satz. Im ersten Leg die nächste Überraschung: Gary Anderson traf beim Check-Out das falsche Doppel, Andrew Gilding sagte Danke und holte sich das Leg. Im zweiten Leg stand es 40:202. Nein, es war nicht Anderson, sondern Gilding, der die 40 stehen hatte. Doch der schaffte es nicht, diese 40 über die Ziellinie zu bringen, und so zauberte Gary die 202 weg und machte das Unmögliche möglich, sprich: er holte sich doch noch das zweite Leg. Im dritten Leg hatte der Engländer die nächste Chance, mit einem Highfinish das Leg zu gewinnen. Er verpasste, setzte den letzten Dart daneben. Ebenso wie Gary im Anschluss. Dann endlich erreichte Gildings Checkout-Pfeil doch noch sein Ziel und er holte das nächste Break. 2:1 in Legs für „Goldfinger“. Es war ein einziges Auf und Ab der Gefühle – und wieder flogen Matchdarts vorbei und wieder klappte es nicht mit dem Checkout. Sowohl auf der einen Seite als auch auf der anderen. Es war nicht abzusehen, wer letzten Endes den entscheidenden Dart setzen würde. Irgendwie schien keiner siegen zu können. Dann plötzlich war es geschehen. Der letzte Pfeil des Engländers saß im Ziel – Sieger dieses Matches: Andrew Gilding.

Darts Deutschland drückt die Daumen

Und dann waren wir auch schon beim mit Spannung erwarteten emotionalen Höhepunkt des Abends: Martin Schindler versus Stephen Bunting. Martin Schindler, man kann es nicht oft genug betonen, war in Runde eins das großartige Kunststück gelungen, die herausragende Legende des Dartsports Raymond van Barneveld komplett aus dem Spiel zu nehmen. Es schien so, als wenn „Barney“ offenbar bedient von der Treffsicherheit des Gegners, in eine Art Schockstarre gekippt sei, während „The Wall“ auf der anderen Seite vollkommen souverän den Deckel drauf machte. Eine ähnlich brillante Vorstellung könnte Martin Schindler heute zum Sieg gegen Stephen Bunting verhelfen.

Der ist aber natürlich auch nicht erst seit gestern auf der Tour und weiß deshalb ganz genau, wie man als „The Bullet“ ins Board feuern muss, um Siege zu erringen. Nicht zu vergessen, auch Stephen Bunting ist ein ehemaliger Weltmeister, den man zu keinem Zeitpunkt unterschätzen darf. Obendrein scheint ein neuer Aspekt das Spiel des Engländers nochmal richtig zu pushen. Es wirkt fast wie eine Revolution, dass Bunting der seit jeher extrem leichte Dartspfeile (12 g) verwendet, nun doch den Schritt gewagt hat und auf schwerere Pfeile umgestiegen ist. Und nachdem er sich immer dagegen gewehrt hatte, scheint er jetzt gleich richtig in die Vollen greifen zu wollen, denn seine neuen Darts weisen sage und schreibe 18 Gramm auf. In der Relation zu seinen bisherigen Darts und auch in Anbetracht seiner bisherigen „Verweigerung“ von schwereren Dartpfeilen ist das ein kleines Universum.

Dann ging`s los. Stephen Bunting extrem gut drauf, startete fantastisch. Mit dem zwölften Dart checkte „The Bullet“ die 139 aus. Zu diesem Zeitpunkt hatte Martin Schindler neun Darts geworfen, doch leider alle neun am Doppel vorbei. Das heißt, „The Wall“ war noch nicht mal im Leg drin, stand noch bei 501, da hatte Bunting das erste Leg schon ausgecheckt. Ähnlich rasant räumte der Engländer das zweite Leg ab. Das Spiel hatte kaum begonnen, das stand es bereits 2:0. Und bevor man sich die Augen reiben konnte, war der erste Satz auch schon vorbei: 3:0 in Legs, d.h. 1:0 in Sätzen für Stephen Bunting.

Die Pause war willkommen, denn Martin Schindler musste sich vermutlich erstmal schütteln. Gut, dass es heute der „Best of 5-Modus“ war, so dass noch keine Panik aufkommen musste. Das war genau der Fehlstart von dem wir vorher sprachen, den man sich in Runde zwei eher erlauben konnte, als in der ersten Runde, wo es nach zwei gewonnen Sets vorbei war.

Nun wusste man, warum Bunting „The Bullet“ genannt wird, denn was der da oben abfeuerte, war sensationell. Den zweiten Satz begann der Engländer mit sechs perfekten Darts. Und auch wenn es hier noch nicht mit dem 9-Darter klappte, elf Darts zum Leg-Gewinn nimmt man auch gerne mit. Zeitweise merkte man gar nicht, dass noch ein Kontrahent mit auf der Bühne stand. Denn es spielte nur einer: Stephen Bunting. Ausgesprochenes Pech natürlich, dass der zu diesem Zeitpunkt eher unscheinbare Gegner ausgerechnet Martin Schindler hieß. Doch dieser wollte und durfte nicht aufstecken. Bunting warf exzellente Darts, doch Schindler unternahm alles, um dazwischen zu grätschen. Und das brachte die ersten kleinen Erfolgserlebnisse: der Deutsche griff sich das zweite Leg des zweiten Satzes und das war immerhin ein Break. Ausgleich 1:1. Doch damit nicht genug. „The Wall“ mauerte und bestätigte das Break. Jetzt ging Schindler zum ersten Mal in Führung. Im nächsten Leg kam auch Bunting erst mit dem achten Dart ins Leg. Schindler nutzte diese Chance holte sich ein weiteres Leg und damit auch den zweiten Satz.

Damit war alles wieder auf Anfang gestellt und das Momentum irgendwie zu Schindler geeilt. Es hatte sich ausgezahlt, dass sich Martin Schindler nicht von Buntings anfänglichem Sturmlauf hatte beeindrucken lassen. Kurze Frustmomente, Krone richten und weiter ging`s. Nun stand es 1:1 in Sätzen, alles wieder im Bereich des Möglichen. Im dritten Satz dachte man kurz, Stephen Bunting sei zur Scoring-Stärke des Anfangs zurückgekehrt. Dabei war das Scoring gar nicht sein Problem, sondern das Double-In. In den Legs, in denen der erste oder spätestens der zweite nicht saß, dauerte es zumeist sieben oder acht weitere Würfe, bis der Engländer endlich hinein fand. Und diese Phasen nutzte Martin Schindler, um sich die nächsten zwei Legs zu holen und somit auch Satz drei für sich zu entscheiden. Wobei Schindler in beiden Legs famos ausgecheckt, einmal gar die 160 rausgenommen hatte. Satzführung 2:1 für den Deutschen.

Schindler blieb einfach nur bei sich. Vierter Satz: Stephen Bunting ging 2:0 in Führung, man war sicher, das wäre der Satzausgleich. Doch Schindler zeigte seine besten Darts. Mit herausragenden Würfen glich er den bereits verloren geglaubten Satz in Legs zum 2:2 aus. Im fünften Leg hatte „The Wall“ Anwurf, verspielte diesen Vorteil aber, weil er diesmal seinerseits erst spät reinkam. Fast im Gleichschritt ging es in die Endphase. Es war die Nervenstärke des Engländers, die ihm dieses Leg und somit den vierten Satz bescherte. Schwache Nerven zeigte Bunting hingegen im ersten Leg des entscheidenden fünften Satzes. Damit vergab er Leg 1, das Schindler dankend entgegennahm. Und auch im zweiten Leg traf „The Bullet“ mehr schlecht als recht. Schindler machte es eindeutig besser und sicherte sich auch den zweiten Durchgang. 2:0 und Martin Schindler warf zum zweiten Mal zum Match an. Diesmal kam er gut rein, aber auch Bunting ließ nicht locker, wollte seine letzte Chance nutzen, im Spiel zu bleiben. Doch alle Gegenwehr des Engländers war vergebens. Wer hätte nach dem furiosen Start von Stephen Bunting noch mit diesem Ausgang gerechnet? Wir natürlich! Nach einem sensationellen Match bezwingt Martin Schindler zum zweiten Mal in dieser Turnierwoche einen ehemaligen Weltmeister und steht nun hochverdient im Viertelfinale.

Der Iceman und der polnische Adler geben sich die Ehre – und geben es sich gegenseitig

Ehrlich gesagt ist auch das Match Gerwyn Price gegen Krzysztof Ratajski nicht wirklich dazu prädestiniert, den Puls wieder nach unten zu schrauben. Der „Iceman“ ist definitiv eine Nummer für sich. Bei der jüngsten WM im Viertelfinale von Gabriel Clemens gestoppt, sind die Eskapaden von Gerwyn Price ebenso geschichtsträchtig wie seine Erfolge. Als erster walisischer Spieler holte er 2021 den Weltmeistertitel und löste damit den bis dahin auf Nummer eins abonnierten Michael van Gerwen an der Spitze der Weltrangliste ab. Auch die übrigen Major-Turniersiege des „Iceman“ können sich sehen lassen, u. a. der Titel des World Grand Prix-Sieges 2020.

Sein Gegner heute: Krzysztof Ratajski, der in der ersten Runde den zweifachen World Grand Prix-Sieger James Wade eliminiert hatte. Der Mann aus Warschau, der bereits beim World Masters triumphieren und auch die Gibraltar Darts Trophy nach Hause nehmen konnte, zeigte sich dieses Jahr als überlegener Sieger bei den German Darts Open. Mit 8:3 ließ er Stephen Bunting, den heutigen Gegner von Martin Schindler, noch vor gut einem Monat ziemlich chancenlos aussehen. Doch mit Gerwyn Price hat er heute Abend ein ziemliches Paket vor sich. Und damit meine ich nicht die Optik seiner ausgeprägten Rugby-Statur, sondern eher die ambitionierte Willenskraft, die gar ein wenig wie Besessenheit anmutet.

Im Interview des Vorfelds wurde Gerwyn Price darauf angesprochen, dass es Ratajski so gut wie nie gelungen sei, ihn vor laufender Kamera zu besiegen. Doch das Hochziehen der Augenbrauen beim „Iceman“ verriet, was er von der Aussage zwischen den Zeilen hielt. Man hatte nicht das Gefühl, dass er sich gegen den „Polish Eagle“ zu sicher fühlen wollte.

Dennoch begann Price das Match in gewohnter Manier und mit sichtlichem Selbstvertrauen. Ohne Probleme beim Double-In, auch das Scoring passte und das Auschecken sowieso. Aber auch Krzysztof Ratajski zeigte wenig Kompromissbereitschaft bei seinen Anwürfen. Den ersten Satz gewann somit der, der ihn auch begonnen hatte: Gerwyn Price, natürlich standesgemäß mit seinem zweiten Highfinish allein in diesem Satz.

Man mag sich an frühere Zeiten erinnern, als Krzysztof Ratajski es fast perfektioniert hatte, seine Gesichtsmimik mit völliger Regungslosigkeit zu bekleiden. Inzwischen verzieht er doch hier und da den Mundwinkel um ein paar Millimeter oder legt gar ein wenig Ungläubigkeit in seinen Blick. Ähnlich wie der andere Meister der Ausdruckslosigkeit: F1 Legende, Kimi Räikkönen. So gesehen würde der Nickname „Iceman“ viel besser zu Ratajski als zum heißblütigen Gerwyn Price passen.

Der Waliser, der auch dieses Jahr immer wieder überirdisches Darts ans Board zaubert, ließ heute keine Wünsche offen. Aber auch der Pole hielt stabil mit und zeigte ebenfalls zahlreiche Weltklassewürfe. Ratajski hatte einfach nur das Pech, dass Price jede noch so großartige Aufnahme zu kontern verstand. Ein Spiel von herausragender Qualität. Beide schenkten sich auch im zweiten Satz nichts, und so gelang es Krzysztof Ratajski nach einer 2:0-Führung des Walisers, den Ausgleich in Legs zu erzwingen. Doch im fünften Leg spielte das Double-In einmal mehr Schicksal. Beide kamen nicht sofort rein, doch Price war trotzdem eine Aufnahme schneller als sein Gegner. Und genau diesen Vorteil konnte er nutzen und sicherte sich entgegen vergebener 2:0 Leg-Führung doch noch den zweiten Satz mit 3:2. Mit einer 2:0 Satzführung lässt sich die Pause natürlich weit angenehmer genießen als mit ausgeglichenem Spielstand. Und so kehrte der „Iceman“ zufriedene Aura ausstrahlend ans Oche zurück, um keine Zweifel aufkommen zu lassen, wer das Achtelfinale als Sieger beenden würde. Es wirkte fast wie im Vorbeigehen, als Gerwyn Price mit 1:0 in Führung schlenderte. Dann wiederum schaffte es Price nicht, im nächsten Leg einen großen Vorsprung ins Ziel zu bringen, und Krzysztof Ratajski zeigte ihm, wie man 130 mit dem letzten Wurf aufs Bullseye auscheckt. Also es war nicht so, als wenn Price den polnischen Kontrahenten vorführen würde. Überhaupt nicht. Aber irgendwie war es Ratajski nicht möglich, die entscheidenden Momente für sich zu nutzen, und Gerwyn Price war derjenige, der die meisten Highlights für sich beanspruchte. Und so ging auch der dritte Satz in das Decider-Leg, in dem beide Set-Darts hatten, beide hatten ihre Chance, den Deckel drauf zu machen und beide verfehlten erstmal. Für Price ging es um den Matchsieg, für Ratajski ums Überleben. Doch Ratajski ging unter, der Sieger hieß Gerwyn Price.

Das Schlusslicht bildeten heute Abend Michael Smith und Brendan Dolan

„The History Maker“ trat im letzten Spiel der Abendsession gegen den amtierenden Weltmeister an. Den Spitznamen verdankt Brendan Dolan in der Tat seiner Halbfinalteilnahme beim World Grand Prix, datiert im Jahre 2011. Am 8. Oktober besagten Jahres gelang dem „History Maker“ jenes historische Glanzstück. Brendan Dolan warf den ersten 9-Darter der Geschichte in einem Turnier mit Double-In, Double-Out Regelung. Gefühlt begann damals übrigens auch die Geschichte des James Wade als der Kontrahent, der die meisten 9-Darter als Zuschauer erleben durfte (oder konnte oder musste).

Heute ging es gegen den „Bully Boy“ Michael Smith, der sich dieses Jahr endlich seinen langgehegten Traum erfüllen konnte. Nein, ich spreche nicht vom kleinen Rindvieh im Vorgarten, sondern vom ersten Weltmeistertitel. Nach unfassbaren neun Major-Finalniederlagen war es ihm 2022 endlich gelungen, den Grand Slam of Darts für sich zu entscheiden und somit den „Finalfluch“ hinter sich zu lassen. Endgültig gekrönt hat er sich dann selbstverständlich bei der WM 2023. Wie weltmeisterlich sich Michael heute Abend präsentieren würde, sollte das nächste und gleichzeitig letzte Match des Tages zeigen.

Schaut man auf die Bilanz der beiden, kommt man nicht umhin, leichtes Erstaunen zum Ausdruck zu bringen. Denn in den 13 Partien, die die zwei gegeneinander gespielt haben, hat Brendan Dolan beachtliche achtmal gewonnen. Ja, Sie können den Mund jetzt wieder zu machen!

Michael Smith, nicht nur amtierender WM-Champion, sondern auch die aktuelle Nummer eins der Weltrangliste, begann mit Break, klar, der Weltmeister halt. Doch der Weltmeister kann genauso schnell seinen Anwurf wieder abgeben. Sofort das Gegenbreak durch Brendan Dolan, der relativ glücklich zu dieser Achtelfinalteilnahme gekommen war, weil sich Dirk van Duijvenbode bei seiner Niederlage einmal mehr von fehlgeleiteten Stimmungen mitreißen ließ. Doch Dolan, der seit 1979 auf den Dartsbühnen der Welt unterwegs ist und schon so oft abgeschrieben wurde, zeigt auch immer wieder, dass er es durchaus noch drauf hat. Auch der Nordire ist jemand, den man nie zu früh aus den Augen verlieren darf.

Allerdings war auch dem „Bully Boy“ klar, dass er abliefern musste und sich hier keine Blöße geben durfte. Immerhin ist der Fokus der Dartswelt nun in erster Linie auf ihn gerichtet und da kann man nicht so einfach nach dem Achtelfinale heimgehen. Klar, dass der erste Satz dann nur noch Formsache für den Weltranglistenersten war. Auch in Satz zwei hielt der „History Maker“ ordentlich dagegen, ließ zumindest keine „zu-Null-Klatsche“ zu, so dass Michael Smith keineswegs haushoch, aber eben doch überlegen gewann.

Auch Dolans spezifische Helicopter-Fingerbewegung war ab und an zu sehen, d.h. auch er warf seine 180er. Alles in allem muss man aber doch konstatieren, dass die Nummer eins der Welt abgeliefert hat. Kein hochqualitatives Überfliegerdarts, aber auch wieder solide Basics und zwar durchaus von beiden. Es war ja auch für die Spieler schon spät am Abend – die letzte Paarung muss schließlich am längsten warten, bis sie dran kommt, und so konnte man Michael Smith anmerken, dass er mit seinem locker-lässigen Wurfstil, dem man immer viel abgewinnen kann, nun aufs Tempo drückte. Zum Abschluss wollte der Engländer nicht mal mehr ein Leg hergeben, sondern schnellsten seinen Feierabend genießen. Natürlich als Sieger und damit steht auch der aktuelle Weltmeister im Viertelfinale, wo er am Freitag auf Andrew Gilding trifft.

Im Viertelfinale auch ein Deutscher. Wir müssen es nochmal betonen: Martin Schindler hat Historisches geschafft. Als erster Deutscher steht er im Viertelfinale des World Grand Prix und trifft dort am Freitag auf den „Iceman“ Gerwyn Price.

Doch bevor es ins Viertelfinale geht, haben wir morgen erstmal die zweite Achtelfinalhälfte, wiederum mit aufregenden Paarungen, die viel Dramatik und Nervenkitzel versprechen.

In diesem Sinne: stay bright, nice flight!

World Grand Prix


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