Grand Slam of Darts 2024: Drei Debütanten zeigen den Etablierten, wo`s langgeht, lediglich „Voltage“ zieht rechtzeitig den Stecker des erfolgsgeladenen Grand Slam-Neulings

Nach vier aufregenden Tagen der Gruppenphase begann heute in der Sportanlage WV Active Aldersley, Wolverhampton, die zweite Runde des Grand Slam of Darts 2024. Die Sensation schlechthin war natürlich, dass nicht nur der Weltranglistenerste und Titelverteidiger, Luke Humphries, bereits ausgeschieden war, sondern, dass es auch die beiden nachfolgenden Topplatzierten, Michael Smith und Michael van Gerwen, nicht geschafft haben, ihrerseits das Ticket für das Achtelfinale am gestrigen Abend doch noch im letzten Moment einzulösen. Während man sich bei Michael Smith nicht des Eindrucks erwehren konnte, dass er angesichts seiner frustrierenden Performance, das Match irgendwann abgeschenkt hat, hatte Michael van Gerwen den Glauben an sich nicht verloren, sondern bis zum letzten Dart gekämpft, um das Manko der fehlenden Konstanz mit Willensstärke zu kompensieren. Auch Michael Smith hatte in seinem Spiel ganze Galaxien an gewohnter Treffsicherheit eingebüßt, er vermengte in unzuträglicher Regelmäßigkeit gelegentliche Meisterwürfe mit grottenschlechten Aussetzern. Dass er nicht zu seinem A-Game fand, (nicht einmal zu seinem B-Game), schien den Grand Slam-Sieger von 2022 derart zu beeinträchtigen, dass bei ihm wieder mal das ungesunde Hadern siegte, – eine toxische Eigenart, die er sich eigentlich abgewöhnt zu haben schien. Hier war er wieder: der fatale Frust, der ihn derart aus der Konzentration brachte, dass scheinbar irgendwann die Resignation durchbrach. Auf der anderen Seite fand Mike De Decker unbeirrt und ebenso unablässig den Weg in die Triple-Felder, ließ sich von der eingeschlagenen Richtung durch nichts ablenken und schaffte binnen kürzester Zeit klare Verhältnisse. Die folgerichtige Konsequenz dessen war der „Whitewash“, in jeder Hinsicht die Höchststrafe für Michael Smith, denn durch das Erstrundenaus verliert er auch eine ganze Menge wertvoller Weltranglistenpunkte, schließlich hatte er sich im Finale des Grand Slams of Darts 2022, also vor zwei Jahren durchgesetzt. Diese Punkte werden nun abgezogen, – wo die Reise in der PDC Order of Merit dann hingeht, wird sich in Kürze zeigen. Weit mehr Kampfgeist als sein Vornamensvetter hatte Michael van Gerwen bewiesen. Obgleich auch bei ihm kaum etwas wunschgemäß verlief, versuchte er sein Bestes, sein unproduktives Spiel in den Griff zu kriegen und der Negativspirale entgegen zu wirken. Das Fehlen seiner sonst üblichen schöpferischen Gestaltungskraft glich er mit ergiebiger Verbissenheit aus und erzwang so, nach bedrohlichem Rückstand, doch noch den Decider. Aber auch Ryan Joyce ist jemand, für den unermüdliche Hartnäckigkeit und Entschlossenheit keine Fremdworte sind, im entscheidenden Leg förderte er abermals beharrsam sein beständiges Trefferkontingent zutage und mit dieser Energieleistung hatte er es schließlich über die Ziellinie geschafft. Der dreifache Grand Slam-Sieger Michael van Gerwen (2015, 2016, 2017) war, ebenso wie Luke Humphries und Michael Smith, raus. Luke Humphries und Michael Smith teilten übrigens ein weiteres Schicksal, (und zwar teilten sie dieses auch mit Scott Waites): keinem der drei Protagonisten wollte es nach dem ersten Grand Slam-Triumph gelingen, im Folgejahr die Gruppenphase zu überstehen.

Einen 5:3-Sieg gegen Lourence Ilagan erzielte Luke Littler, der Matchverlauf war aber bei weitem nicht so deutlich, wie das Ergebnis es vermuten lassen könnte. Natürlich spielt bei jener Mutmaßung auch die Erwartungshaltung eine Rolle, denn die prognostizierte im Vorfeld mehr oder minder ein Frühstück im besten Sinne. Aber Lourence Ilagan belehrte alle Weissager und Seher eines Besseren, denn er wusste sich sehr wohl zur Wehr zu setzen, verbuchte zwei Break-Erfolge für sich und produzierte obendrein ein hervorragendes 148er-High Finish. Damit hatte der Philippine von allen drei Gegnern in dieser Gruppe, Luke Littler das meiste, wenn nicht gar einzige Paroli entgegenzusetzen. Aber Luke Littler verdeutlichte einmal mehr, dass nicht nur beträchtliche Begabung vonnöten ist, sondern vor allem seine immer noch extrem ausgeprägte Unbekümmertheit den Unterschied macht. Wie entscheidend der mentale Aspekt ist, unterstrich jüngst auch Ross Smith, der erzählte, dass er am Practice Board mehr als zufrieden mit seinem Spiel sei, dass er aber im Wettbewerb häufig nicht in der Lage wäre, auf sein eigentliches Leistungsniveau zuzugreifen. Der 35-Jährige, der es heute Abend mit Martin Lukeman zu tun bekam, schlussfolgerte daraus, dass bei ihm, insbesondere auf mentaler Ebene, noch ein ganzes Maßnahmenpaket notwendig wäre. Wie relevant, ja geradezu ausschlaggebend, die Verfassung zwischen den Ohren ist, demonstrierten gestern die beiden Youngsters aus den Niederlanden: Gian van Veen und Wessel Nijman. Gian van Veen hatte im Vorfeld die Einschätzung preisgegeben, dass Wessel Nijman eigentlich der talentiertere Spieler von beiden sei. Da er selbst aber über das bessere „Kopfspiel“ verfüge, würde er ihn am Oche des Öfteren schlagen können. Und genau diese Hypothese belegte Gian van Veen kurioserweise im anschließenden rein niederländischen Duell. Wessel Nijman hatte einen sagenhaften Average von 111,1 Punkten hingelegt, stand kurz davor, mit dem „Big Fish“ den 5:2-Erfolg zu krönen, doch dann kam der eine kurze Moment, der das fragile Kartenhaus zum Einsturz brachte. Wirklich nur um ein My schrammte Wessel Nijman am Bullseye vorbei, da passte kein Blatt zwischen Treffpunkt und Außendraht. Allein die Tatsache, dass der 24-Jährige aus Uitgeest hier nur den Draht gekratzt hatte, brachte den Wendepunkt in dieser Begegnung, denn fortan stolperte Wessel Nijman in allen verbliebenen Legs über sein eigenes Nervenkostüm. Gian van Veen, der ja durchaus ebenfalls großartiges Scoring gezeigt hatte, holte sukzessive auf, bis er, rasant und gleichzeitig mit gediegener Gelassenheit, die volle Distanz erzwungen hatte. Mit dem großen Flattern vor der Ziellinie, vollendete Wessel Nijman hier sein persönliches Trauerspiel. Statt in die Double-4 manövrierte er den Matchdart in die Double-18, das öffnete dem Gegner Tür und Tor. Gian van Veen schritt beim nächsten Gang ans Oche erfolgreich durch, mit 103,99 im Schnitt hatte er die Partie gegen seinen teilweise überirdisch aufspielenden Landsmann noch gedreht und den 2:4-Rückstand in einen 5:4-Erfolg umgemünzt.

Welch signifikante Rolle das Selbstvertrauen im Darts spielt, bekräftigte auch Josh Rock in seinem Duell mit Stephen Bunting. Vor einigen Tagen hatte der 23-Jährige aus dem nordirischen Antrim verlautbart, dass er sehr schwer mit dem einstigen Hype um seine Person umgehen konnte, weil die ununterbrochene mediale Aufmerksamkeit gleichzeitig einen enormen Erfolgsdruck auf junge Spieler ausüben würde, dem er selbst einfach nicht gewachsen war. Er sprach der Öffentlichkeit keineswegs das Recht ab, hier gesteigertes Interesse zu vermelden, bekundete hierfür auch volles Verständnis, sah dies aber dennoch als zweischneidiges Schwert an. Da hat es Luke Littler, der in Sachen „Hype“ „Rockys“ Nachfolge angetreten hat, um einiges leichter, zum einen, weil er von seiner vertrauten Umgebung sehr effektiv abgeschirmt wird, – es kommt nur ran an ihn, was und wer rankommen soll, – zum anderen, weil es Luke Littler weiterhin leicht fällt, dem Druck unbekümmert standzuhalten. Dass Josh Rock mit der mentalen Seite des Sports außerordentlich zu kämpfen hat, belegte auch sein gestriger Auftritt. Die Verbissenheit, mit der er an dieses alles entscheidende Duell herangegangen war, wurde ihm zum Verhängnis, irgendwann war es eher die Auseinandersetzung mit dem Geist, als mit dem Gegner. Stephen Bunting spielte hingegen in seiner ruhigen Manier, während er aus seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz schöpfte. Das verhalf ihm zum entspannten 5:2-Erfolg, wohingegen Josh Rock im Anschluss auch noch mit den Tränen der Enttäuschung rang.

Der dritte im Bunde, der sehr schwer mit der Situation umgehen konnte, war Keane Barry, auch er zeigte Nerven und war nicht imstande, sich gegen den souverän auftretenden Dimitri Van den Bergh, der mit zwei Major-Erfolgen natürlich über weit mehr Beschlagenheit verfügt, zur Wehr zu setzen. Keine Frage, wer im Duell: Gary Anderson versus Noa-Lynn van Leuven, die größere Routine aufweist. Der „Flying Scotsman“ ließ sich auch von den anfänglich durchaus bemerkenswerten Angriffsversuchen der niederländischen Nummer Zwei in der PDC Women‘s Order of Merit, nicht unnötig aufhalten und setzte seinen derzeitigen Höhenflug fort. Last not least die Begegnung zwischen Mensur Suljovic und Jermaine Wattimena. Mensur Suljovic, der im Verlaufe des Turniers, dieses Jahr nicht sonderlich viel auszurichten vermochte und auch keine Glanzpunkte setzte, zeigte gestern nochmal, wieviel Darts immer noch in ihm steckt und erzwang zumindest die volle Distanz. Als Jermaine Wattimena im Decider jedoch das 148er-Finish zur Hand hatte, freute sich nicht nur der Niederländer selbst über den stilvollen Abschluss, sondern auch der Gegner.

„Game on!“ für das erste Achtelfinale des Grand Slam of Darts 2024

Am heutigen Abend stand also die erste Session der zweiten Runde an, die Partie: Danny Noppert versus Mickey Mansell, machte den Anfang. Im Achtelfinale wurde bei der maximal möglichen Legausbeute gleichmal gehörig aufgestockt, jetzt galt der Best-of-19-Legs Modus, d.h. man benötigte zehn Zähler auf dem Leg-Konto, um ins Viertelfinale einzuziehen.

Grand Slam-Debütant gegen ehemaligen UK-Open Champion – auf dem Papier eine eindeutige Angelegenheit, nicht so am Board

Danny Noppert war in prächtiger Spiellaune angetreten, im ersten Durchgang servierte er sich mit dem Maximum den perfekten Set-up-Shot, löschte beim nächsten Gang ans Oche mit der Double-5 und der Double-15 die aufbereitete 40, und holte sich so den Anwurf des Gegners. Es war nicht der üblichste Weg, 40 Restpunkte herauszunehmen, aber sehenswert war es allemal. Das war vermutlich auch die Ansicht des Niederländers, der sonst kaum Reaktion zeigt, diesmal aber tatsächlich ein wenig Bewegung in die Mundwinkel zu bringen bereit war. 1:0. Ins zweite Leg startete Danny Noppert mit vier perfekten Darts, es wurde der 11-Darter: 180 – 125 – 140 – 56, mit dem er das eben erzielte Break bestätigte, 2:0. Wieder sah man eine geringfügige Veränderung in der Mimik des Friesen, – was war denn heute mit Danny Noppert los? Die Augen etwas weiter geöffnet als sonst, die Brauen nach oben gezogen – für seine Verhältnisse war das ein geradezu eklatanter Gefühlsausbruch. Doch ab Durchgang Drei war auch Mickey Mansell zur Stelle: 60 – 140 – 180 – 121. Der 12-Darter, mitsamt High Finish, das er mit Triple-20, 11 und Bullseye eliminiert hatte, bescherte dem Nordiren den Anschluss, 1:2. Im vierten Durchgang verpasste Danny Noppert bei eigenem Anwurf einen Checkout-Dart auf Tops, das bestrafte Mickey Mansell mit dem Break zum Ausgleich, 2:2. Der 51-Jährige mit dem Nickname „Clonoe Cyclone“, packte im fünften Leg den nächsten 12-Darter aus: 180 – 123 – 138 – 60, damit übernahm nun er zum ersten Mal in dieser Partie die Führung, 3:2, und es ging in die erste kurze Pause, die bei dieser Distanz nach fünf gespielten Legs ja obligat war.

Mit viel Schwung kam Mickey Mansell aus der Pause zurück und machte gleich dort weiter, wo er vorher aufgehört hatte. Mit 98 eliminierten Punkten bereitete er sich in Durchgang Sechs die 40 auf, die löschte er mit einem weiteren Gang ans Oche, schon stand es 4:2. Das war das nächste Break, das er errungen hatte und im siebten Durchgang bestätigte er mit 15 Treffern selbiges auch, für Mickey Mansell war dies das fünfte Leg hintereinander, das er für sich verbuchen konnte, 5:2. Dem ließ er in Durchgang Acht Leggewinn Nummer Sechs folgen, logischerweise bedeutete dies auch, dass der Nordire mittlerweile schon drei Breaks einkassiert hatte, 6:2.

Kann Danny Noppert den Lauf des Gegners rechtzeitig abbremsen und den Rückstand noch irgendwie wettmachen?

Die Frage beantwortete Danny Noppert im neunten Leg mit dem 13-Darter, der 140er-Set-up-Shot hatte sich hierfür als besonders zweckdienlich erwiesen, damit erzielte er nicht nur das Re-Break, sondern stoppte – nach sechs Legverlusten in Folge – auch den Lauf des Gegner, 3:6. In Durchgang Zehn war es erneut der 11-Darter: 140 – 100 – 180 – 81, der dem Niederländer zum 4:6 gereichte. Im elften Leg hatte sich Danny Noppert mit der 93 die 36 aufbereitet, die war mit der nächsten Aufnahme problemlos vom Board gewischt, mit dem 14-Darter hatte der 33-Jährige aus dem friesischen Joure den Anschluss wieder gefunden, 5:6. Nach dieser Dreier-Serie war jedoch wieder Schluss für Danny Noppert, in Leg Zwölf hatte Mickey Mansell mit dem 13-Darter in den Flow zurückgefunden. Die 140 diente dem 51-jährigen Nordiren als passende Vorbereitung, bei der nächsten Aufnahme versenkte er seinen ersten Pfeil in der Double-20, schon hieß es für ihn 7:5. Ein Leg später zog Mickey Mansell das nächste High Finish, 117 (20, T19, D20) aus dem Ärmel und baute seine Führung auf 8:5 aus. Im 14. Durchgang hielt Danny Noppert seinen Anwurf unangefochten, damit verkürzte er ein weiteres Mal, 6:8. Mickey Mansell war heute Abend wiederholt in blendender Verfassung, auch im 15. Leg brauchte er nicht mehr als 13 Würfe, auch diesmal hatte er mit der 127 wieder den passenden Set-up-Shot parat, 9:6, der „Underdog“ war nurmehr ein Leg vom Viertelfinale entfernt. Danny Noppert grätschte in Durchgang 16 nochmal mit dem 14-Darter dazwischen, 7:9, bevor Mickey Mansell im 17. Leg mit dem „Shanghai-Finish“ das Match in Style deckelte, 10:7 – der nächste gesetzte Spieler musste sich aus Wolverhampton verabschieden. Mickey Mansell hatte mit 99,05 einen beachtenswerten Average vorgelegt, (Danny Noppert 95,71), doch es war vor allem seine exzellente Checkout-Quote, die den Unterschied ausmachte. Auch Danny Noppert hatte jeden zweiten Versuch im Doppel untergebracht, aber das wusste Mickey Mansell mit 66,67% eben noch zu übertreffen.

Rein theoretisch hätte hier auch Martin Schindler stehen können

Mit ein klein wenig Wehmut blickte man aus deutscher Sicht auf die nächste Begegnung, denn hier hätte auch Martin Schindler einlaufen können, es war jedoch Cameron Menzies, der gegen James Wade antrat. Nichtsdestotrotz musste man auch eingestehen, dass der Schotte, abgesehen von seiner gestrigen Niederlage gegen Beau Greaves, in der Gruppenphase enorm stabil aufgetreten war und sich nicht einmal von seiner eigenen emotionsgeladenen Hibbeligkeit aus dem Konzept bringen ließ, geschweige denn von seinem ausgeprägt bewegungsreichen Anlehnungsbedürfnis. Abgesehen davon, dass er sich bei Fehlwürfen gelegentlich immer noch die Hand ziemlich brachialgewaltig an den Kopf schlägt, ist er tatsächlich schon ein wenig ruhiger geworden, womöglich gehen auch langsam die Kopfschmerztabletten im Haushalt Sherrock/Menzies aus. Mit James Wade hatte Cameron Menzies exakt jenen Akteur gegenüberstehen, der ihm in Sachen „biegsame Mimik-Flexibilität“ in nichts nachsteht.

Wo war James Wade, als das Ausbullen stattfand?

Kurz vor Spielbeginn erkundigte sich James Wade bei den Offiziellen, wer eigentlich das Ausbullen gewonnen hat – kein Wunder, dass er es vergessen hatte, schließlich war es Cameron Menzies, der anfangen durfte. „Cammy“ servierte sich die 180 als perfekte Vorbereitung, brauchte dann aber fünf Checkout-Versuche, um das Leg auch wirklich an sich zu nehmen, 1:0. Der zweite Durchgang bot eine holprige Wegstrecke für beide Protagonisten, letztendlich war es James Wade, der einen Fehler wenig machte und ausglich, 1.1. Im dritten Leg hatte Cameron Menzies bereits sein zweites Maximum zur Hand, mit insgesamt 15 Treffern war das 2:1 erzielt. Einen Pfeil weniger benötigte James Wade im vierten Durchgang, mit der vorbereitenden 123 hatte er sich die 38 gestellt, die er beim nächsten Gang ans Oche beglich, 2:2. Der ausgezeichnete 13-Darter in Leg Fünf verhalf dem Schotten zur 3:2-Führung, damit ging es zum Zwischenstopp. Im sechsten Durchgang hatte Cameron Menzies die 140 als Set-up-Shot parat, das war die ideale Grundlage für das erste Break in dieser Auseinandersetzung, 4:2. Dieses Break kristallisierte sich als Wirkungstreffer heraus, allerdings genau umgekehrt als man es vermuten könnte. Denn anstatt von diesem Erfolgserlebnis zu zehren und den Aufschwung mitzunehmen, war „Cammy“ plötzlich von der Rolle. Genau andersrum praktizierte es James Wade, auch der spielte plötzlich wie ausgewechselt, allerdings fand hier die Verwandlung zum Positiven statt. Beleg dafür, der 12-Darter in Durchgang Sieben: dreimal die 140 und das 81er-Checkout, damit hatte er postwendend das sofortige Re-Break erzielt, 3:4. Das achte Leg begann James Wade mit seiner nächsten 180, hier brauchte er nicht mehr als 14 Pfeile, da hatte er bereits den Ausgleich wieder hergestellt, 4:4. Fast identisch gestaltete „The Machine“ Leg Neun, da startete er ebenfalls mit dem Maximum, und benötigte ebenso nur 14 Treffer, die ihm das neuerliche Break bescherten. 5:4, was für ihn gleichsam die erste Führung an diesem Abend bedeutete. Im zehnten Durchgang gelang James Wade das Kunststück, zum dritten Mal in Folge, ein Leg mit der 180 zu beginnen und mit insgesamt 14 Würfen erfolgreich abzuschließen, 6:4.

War es der gestrenge Blickkontakt, der die Wende brachte?

James Wade hatte bis zum Beginn der zweiten Pause vier Legs in Folge geholt, indes Cameron Menzies zunehmend in den optischen Dialog mit der im Publikum befindlichen Lebensgefährtin, Fallon Sherrock, getreten war. Immer wieder wanderte sein Blick nach unten, seine Gestik sprach dabei Bände. Und irgendwie schien dieser markerschütternd laut-stillschweigende Gedankenaustausch Früchte zu tragen, denn plötzlich war Cameron Menzies, den James Wade für die Dauer von vier Durchgängen aus dem Spiel genommen hatte, wieder da. Aus dem Nichts zauberte der 35-Jährige aus Glasgow die 150 als Set-up-Shot aus dem Hut und stellte sich die 36. Ein Wurf später war auch die Geschichte und Cameron Menzies war wieder dran am Gegner, 5:6. Aber James Wade förderte im zwölften Durchgang den 13-Darter zutage und baute den Vorsprung erneut auf zwei Zähler aus, 7:5. 14 Würfe später hatte Cameron Menzies, der neben dem Darts weiterhin als Klempner tätig ist, die 85 mit zwei Pfeilen rausgeschraubt und abermals verkürzt, 6:7. Im 14. Durchgang ließ James Wade das 110er-Finish liegen, weil er den Versuch auf Tops verpasste, das bestrafte Cameron Menzies mit dem Break, neuerlich hatte er nicht mehr als 14 Treffer benötigt, 7:7. Der Ausgleich war da, es war wieder ein Match. Cameron Menzies, der so lange verzweifelt einem Rückstand hinterhergelaufen war und dabei eigentlich den Eindruck vermittelte, als würde er schier durchdrehen oder zumindest von der Bühne hüpfen, so emotional wie er sich gebarte, war urplötzlich wieder zur Stelle. Sehenswert auch sein Checkout im 15. Leg, hier beglich Cameron Menzies die Restforderung von 97 Punkten mit 19, Double-19 und Double-20, 8:7. Nun ging der Schotte wieder vorneweg, was James Wade im 16. Durchgang mit dem 12-Darter beantwortete, das High Finish war im Paketpreis inbegriffen: 180 – 97 – 100 – 124 (T20, T8, D20), 8:8. Cameron Menzies revanchierte sich in Leg 17, indem er seinerseits ebenfalls das High Finish, 113 (T19, 16, D20) herausnahm, 9:8. Im 18. Durchgang bekam Cameron Menzies die erste Möglichkeit, das Match zuzumachen, doch den Wurf auf Tops verlegte er, (als Mitarbeiter des Sanitärbereichs darf er das ja durchaus auch mal). James Wade nutzte das Missgeschick des Gegners und rettete sein begonnenes Leg über die Ziellinie und damit sich selbst auch in den Decider. Es ging also über die volle Distanz, Cameron Menzies hatte im Entscheidungsleg den Anwurf. Zu Beginn noch relativ gleichauf, legte der Schotte schnell einen Zahn zu und war bereits auf der 56, als der Gegner sich noch an der 197 abarbeitete. Beim nächsten Gang ans Oche versenkte Cameron Menzies den ersten Pfeil in der 16, die darauffolgenden zwei Versuche landeten jedoch oberhalb des Double-20-Segments. James Wade war zwischenzeitlich auf die 98 heruntergeeilt, traf aber mit der nächsten Aufnahme lediglich drei Einfachfelder, zweimal die 20 und einmal die 18. Das ergab summa summarum 58 gelöschte Zähler, auch ihm verblieben 40 Rest. Wiederum war Cameron Menzies an der Reihe, der erste Wurf saß mittig in der Double-20, das bedeutete, der nächste in der Rangliste schlechter platzierte Spieler hatte den Favoriten aus dem Turnier verabschiedet. 10:9 für Cameron Menzies, er hatte am Board James Wade überwältigt, wusste jedoch kaum, wie er seine eigene Freude bewältigen sollte.

„Smash“ gegen „Smudger“ – es klang ein wenig wie die Begegnung zweier Zeichentrickfiguren in einem Disney-Film, tatsächlich standen sich aber zwei hervorragende Dartsprofis gegenüber

Das dritte Achtelfinalmatch bestritten an diesem Abend Ross Smith und Martin Lukeman. Martin Lukeman hatte das Ausbullen für sich entschieden, mit der 98 bereitete er sich in Durchgang Eins die 40 vor, die war mit dem 13. Pfeil vom Board gefegt und es stand 1:0. Im zweiten Leg leistete sich Ross Smith einen Fehlwurf auf Double-16, verpasste dadurch das 95er-Finish und schon nahm ihm der Gegner den Anwurf ab, 2:0 für Martin Lukeman. Aber Ross Smith hatte in den folgenden beiden Durchgängen die geeignete Antwort parat, zunächst holte er sich das umgehende Re-Break, das er in Leg Vier bestätigte, somit glich er wieder aus, 2:2. Im fünften Durchgang war Martin Lukeman nah dran, den Restbetrag von 106 Punkten mit einer Aufnahme quitt zu kriegen, aber als der Versuch auf die Double-18 misslang, brauchte er nochmal zwei weitere Aufnahmen, allein um die verbliebene 18 loszuwerden, 3:2. Ross Smith machte es in Durchgang Sechs besser: 140 – 131 – 180 – 50, der 11-Darter bedeutete für ihn den erneuten Ausgleich, 3:3. Der 35-Jährige aus Dover versenkte die Pfeile seiner vierten Aufnahme in der einfachen Fünf, der Triple-20 und dem Bullseye, die 115 ließ ihm 32 Rest. Doch er sollte nicht mehr dazu kommen, die Früchte dieser Vorbereitung zu ernten, denn gegenüber nahm Martin Lukeman die 68 raus und zog wieder in Front, 4:3. Ins achte Leg startete der 39-Jährige aus Watford, der in Newbury zuhause ist, gegen den Anwurf, mit seiner dritten 180, (wobei angemerkt werden muss, dass er auch schon die 171 und die 177 abgeliefert hatte), das war eine angenehme Basis, um das Break herauszuspielen, 5:3. Absichern konnte er jenes Break im neunten Leg mit dem 11-Darter: 139 – 140 – 180 – 42, er wollte eben auf Nummer Sicher gehen, 6:3. Ross Smith hatte im zehnten Durchgang die 121 als Set-up-Shot zur Hand, das half ihm sein begonnenes Leg zu halten und es stand 4:6. Martin Lukeman antwortete im elften Durchgang mit dem 12-Darter, und wusste dabei insbesondere mit dem imposanten 165er-Set-up-Shot zu beeindrucken: 140 – 180 – 165 – 16, 7:4. Im zwölften Leg konnte sich Ross Smith nochmal mit 14 Treffern aufbäumen, 5:7, doch ab dann stellte sich eine gewisse Ratlosigkeit bei ihm ein. Den 13. Durchgang begann Martin Lukeman mit der nächsten 180 und beendete ihn mit dem 121er-Checkout. Dabei löschte er das High Finish mit 20, Triple-17 und Bullseye, mittlerweile gelang ihm so ziemlich alles, was er anpeilte, 8:5. Völlig unspektakulär agierte der Engländer, der „Smash“ genannt wird, in Durchgang 14, das 9:5 war es allemal. Das 15. Leg finalisierte Martin Lukeman dann wieder in Style: der optimale Set-up-Shot (128) und insgesamt 13 prächtig platzierte Treffer, damit hatte er, mit 10:5, den „Smudger“ aus dem Turnier verabschiedet.

Nachdem sich bereits drei Grand Slam-Neulinge gegen die Favoriten durchgesetzt hatten, machte sich auch der Debütant Ritchie Edhouse daran, es ihnen gleichzutun. Seit seinem Erfolg bei der European Darts Championship war der Engländer sichtbar aufgeblüht, schon beim Walk-on spürte man das neue Selbstverständnis, es schien, als wurde er vom Aufwind schier auf die Bühne getragen. Den Gruppensieg hatte er souverän eingeheimst, wobei er alle drei Kontrahenten (Ross Smith, Connor Scutt, Dave Chisnall) mühelos vom Oche fegte und nicht ein einziges Spiel abgab. Sein heutiger Gegner war Rob Cross, der in der Gruppe C sein Duell gegen Martin Lukeman verloren hatte und somit die Gruppenphase nur auf dem zweiten Tabellenplatz abschloss.

Rob Cross scheitert in der Kategorie „Checkout“ nur ganz knapp an der 100-Prozent-Hürde

Ritchie Edhouse hatte das Ausbullen für sich entschieden, begann somit das Match und er begann es mit der 180. Der ließ er zweimal die glatte 100 folgen, kurze Zeit später war das 1:0 fix. Auch Rob Cross offenbarte wenig Probleme, sein begonnenes Leg in Durchgang Zwei zu halten, das 88er-Finish radierte er mit zwei Treffern aus, 1.1. Ritchie Edhouse hatte im dritten Durchgang die 134 als Vorbereitung parat, mit insgesamt 14 Pfeilen war auch das 2:1 im Nu eingetütet. Im vierten Leg packte Rob Cross den 12-Darter (140 – 97 – 100 – 164) aus, wobei vor allem das High Finish (164) zum vorläufigen Highlight der Partie avancierte: Triple-18, Triple-20, Bullseye – Rob Cross ließ es so einfach aussehen, dass man die Treffer fast schon erwartet hatte. 2:2. Ritchie Edhouse konterte im fünften Leg mit exzellentem 11-Darter: 97 – 180 – 180 – 44, wie gesagt, der Rückenwind des Major-Titels strömte immer noch nach. 3:2. 14 Würfe später hatte Rob Cross wieder ausgeglichen, 3:3, bevor er im siebten Leg gar noch einen Gang nach oben zu schalten verstand. Mitsamt dem Maximum als perfektem Set-up-Shot, packte er hier den 13-Darter zum Break aus und ging nun seinerseits zum ersten Mal in dieser Partie in Führung, 4:3. Auch im achten Leg hatte Rob Cross mit der vierten Aufnahme die 180 zur Hand, hier brauchte er lediglich einen Pfeil mehr, um auf 5:3 auszubauen. Im neunten Durchgang grätschte Ritchie Edhouse nochmal mit dem 13-Darter dazwischen, 4:5, doch fortan ließ Rob Cross einfach gar nichts mehr zu. 14 Würfe benötigte „Voltage“ in Leg Zehn, da hatte er das 6:4 zementiert. Und nachdem er sich im vierten Durchgang schon des 164er-Finishs entledigt hatte, setzte er nun noch ein Sahnehäubchen obendrauf: zweimal die Triple-20 und Tops, damit hatte er im elften Leg auch die Restforderung von 160 Punkten beglichen, 7:4. Damit nicht genug, im zwölften Durchgang lieferte er bereits das nächste High Finish, 110 (T20, 14, D18), 8:4. Gegenüber konnte sich Ritchie Edhouse nicht einmal mehr den winzigsten Fehler leisten, schon war Rob Cross zur Stelle und strafte ihn ab. Im 13. Durchgang versuchte Ritchie Edhouse, genannt „Madhouse“, den Restbetrag von 130 Punkten loszuwerden, traf die 20 und die Triple-20, verpasste aber das Bullseye. 25 Punkte blieben stehen, und als er wieder an der Reihe war, bugsierte er seine ersten zwei Pfeile in die Neun und in die Elf. Keine Ahnung, was er mit dem dritten anvisierte, auf jeden Fall traf er diesmal das Bullseye. Eine Aufnahme früher wäre das ideal gewesen, so war es nur ein: „No Score!“ Rob Cross, der bis dahin eine hundertprozentige Trefferquote auf Doppel gehabt hatte, verpasste seinerseits ebenfalls das Bullseye und damit auch sein erstes Doppel-Segment. Kein Problem, als er sich dran machte, die verbliebene 25 aus dem Board zu nehmen, machte er es besser als sein Gegner, der ihm, durch seinen Fauxpas, die nächste Aufnahme ja überhaupt erst ermöglicht hatte. Die perfekte Checkout-Quote war dahin, doch viel wichtiger war das 9:4. Im 14. Durchgang hatte Rob Cross mit der vierten Aufnahme 134 Punkte gelöscht, das ließ ihm 87 Rest stehen. Er versenkte seine nächsten beiden Pfeile in der Triple-17 und in seinem Lieblingsdoppel, der Double-18, und machte so den Deckel aufs Match drauf, 10:4. Ritchie Edhouse hatte in diesem Duell ganze achtmal die 180 abgeliefert, Rob Cross kam hingegen nur auf drei Maxima, aber er konnte eben mit seinen unfassbar treffsicheren Finishs glänzen. Letztendlich erzielte Rob Cross die phänomenale Checkout-Quote von 83,33%, Ritchie Edhouse war in dieser Kategorie bei 26,67% gelandet.

Der überlegene Erfolg von Rob Cross beendete den ersten Achtelfinaltag, an dem bei drei von vier Matches der „Underdog“ die Nase vorne hatte. Morgen dann die nächste Session der zweiten Runde, bis dahin: Gute Nacht and Always Look on the Bright Side of the Flight!

Grand Slam of Darts


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