Grand Slam of Darts 2024: Während der gesamten Gruppenphase waren sie angezählt – nun kam das Knockout für die Top-3 der Weltrangliste noch vor der K.o.-Runde

Darts Deutschland hatte gestern keinen schönen Martinstag, – der Tag an dem Martin von Tours, besser bekannt als St. Martin, gedacht wird, begünstigte nur einen der beiden Martins, die im Einsatz waren. Der Heilige Martin, der unter anderem als Schutzpatron der Reisenden, gilt, hatte dem aus dem hessischen Rodgau angereisten Martin Schindler keine Dienste erweisen können, obgleich der gebürtige Strausberger 109,15 Punkte im Average aufwies, musste er sich mit 2:5 Danny Noppert geschlagen geben. Damit fehlte dem Deutschen nur ein einziges Leg für den Einzug ins Achtelfinale. Profiteur des Debakels war Cameron Menzies, der dieselbe Punkteanzahl und auch exakt die gleiche Legdifferenz zustande brachte, da er aber im direkten Vergleich mit Martin Schindler die Nase unstrittig vorne gehabt hatte, war er derjenige, der den zweiten Tabellenplatz und damit das Ticket für die Weiterfahrt behielt. Da nutzte dem Deutschen auch die Schützenhilfe von Beau Greaves nichts mehr, sie hatte kurz zuvor Cameron Menzies mit 5:1 abgekocht und somit für reichlich Bewegung in der Gruppe B gesorgt. Doch nach Martin Schindlers 2:5-Niederlage gegen Danny Noppert war die Messe gelesen. Cameron Menzies hatte übrigens Ende Oktober in Leicester, – genau dort, wo auch seine Lebenspartnerin Fallon Sherrock mit dem Sieg bei der PDC Women‘s Series 23, die endgültige Qualifikation für die WM 2025 im Ally Pally geschafft hat – die Players Championship 29 für sich entschieden, das war sein Debüt Erfolg bei einem PDC Ranglistenturnier gewesen. Hatte der Schotte bei seinem unglücklichen Erstrundenaus beim World Grand Prix 2024 noch verzweifelt kundgetan, dass er einfach nicht gut genug sei, um als Vollprofi im Dartsport zu agieren und deswegen gedachte, auch weiterhin seinem Job im Sanitärbereich Vollzeit nachzugehen, so waren nach dem ersten Erfolg auf der ProTour nun neue Verhandlungen mit dem Arbeitgeber fällig. Mit dem Ergebnis, dass „Cammy“ künftig nurmehr drei Tage die Woche seinem Klempner-Job nachgehen wolle, anstatt der üblichen Fünf-Tage-Woche.

Das vorzeitige Ausscheiden des Titelverteidigers stand bereits vor dem gestrigen Spieltag fest, dennoch wollte Luke Humphries hier natürlich auch nicht sang- und klanglos untergehen, zumindest in der gestrigen Partie gegen Mickey Mansell gelangen ihm nochmal ein paar sehenswerte Akzente. Dave Chisnall fand hingegen auch gestern nicht in sein Spiel hinein, nur sein Trikot leuchtete auffällig im üblichen Gelb, ansonsten blieb er vollkommen farblos. Ritchie Edhouse, der sich weiterhin in Bestform befindet, offenbarte keinerlei Mühe, den Spieler aus St Helens in die Schranken zu verweisen. Absolut keine Gegenwehr bekam auch Ross Smith zu spüren, Connor Scutt, der noch im Auftaktmatch Dave Chisnall die 5:0-Klatsche erteilt hatte, wurde hier seinerseits mit dem „Whitewash“ gebügelt. Peter Wright wirft weiterhin die meisten Fragen auf, wie bei seinen vorausgegangen Partien, hatte er dem Gegner, gestern in der Person von Rob Cross, einmal mehr nichts entgegenzusetzen, die klare 1:5-Niederlage konnte kaum mehr überraschen. Während der Gruppenphase betreten die Duellanten die Bühne mit einem gemeinsamen Walk-on, d.h. Peter Wright musste auf seine Einlaufhymne „Don’t Stop The Party“ (Pitbull) verzichten, das wird ihn in seiner spielerischen Leistung wenig beeinträchtigt haben, aber eines ist trotzdem beschlossene Sache: für ihn ist die Party vorbei. Zumindest bei diesem Turnier, das Schicksal des letzten Tabellenplatzes, den er so ziemlich von Anbeginn innehatte, war nicht mehr abzuwenden. Diesen Platz hatte nach dem gestrigen Spieltag auch Rowby-John Rodriguez eingenommen, James Wade hatte sowohl den Gegner als auch das Spiel jederzeit im Griff, und machte es sich am Ende des Tages an der Tabellenspitze bequem. Auf dieser Position befand sich auch Martin Lukeman in der Gruppe C, er hatte kein einziges seiner Gruppenspiele abgegeben und war am St. Martinstag mit makellos weißer Weste und unversehrtem Mantel ins Achtelfinale eingezogen. Dem unterlegenen US-Amerikaner Leonard Gates wäre beinah noch ein besonderes Highlight gelungen, doch nach sieben perfekten Darts war Schluss, – ein großartiges Ausrufezeichen hatte er damit dennoch gesetzt.

„Game on!“ für die letzten Gruppenspiele beim diesjährigen Grand Slam of Darts

Die Gruppenphase neigte sich langsam aber sicher dem Ende zu, heute wurden in der WV Active Aldersley, Wolverhampton, die Sportanlage die letztes Jahr noch Aldersley Leisure Village hieß, die letzten Entscheidungen getroffen. Die beiden Tabellenführenden einer jeglichen Viererformation würden in die nächste Runde einziehen, während die schlechter platzierten Akteure die Heimreise antreten mussten. Nachdem gestern die Gruppen A, B, C und D an der Reihe gewesen waren, fand heute die Fortsetzung statt, logischerweise mit der Abfolge E bis H.

Der „Flying Scotsman“ setzt noch lange nicht zur Landung an

Den Anfang machten Gary Anderson und Noa-Lynn van Leuven, in dem Fall hieß das: der Tabellenerste der Gruppe G trat gegen die Tabellenletzte derselben Einheit an. Entsprechend war auch die Chancenverteilung auf das Achtelfinale, Gary Anderson war durch, Noa-Lynn van Leuven war eigentlich raus.

Gary Anderson, der das Ausbullen gewonnen hatte, machte gleich dort weiter, wo er in seinem letzten Match aufgehört hatte, mit einem exzellenten 11-Darter: 100 – 140 – 180 – 81, holte er sich das erste Leg, 1:0. Noa-Lynn van Leuven konnte das Tempo zunächst entschlossen mitgehen und konterte im zweiten Durchgang mit 15 treffsicheren Würfen, 1:1. Im dritten Durchgang hatte Gary Anderson bereits das erste High Finish zur Hand, die 140 löschte er mit zweimal Triple-20 und Double-10, 2:1. Ein wenig kurios gestaltete sich Durchgang Vier, Noa-Lynn van Leuven förderte hier bereits ihr zweites Maximum zutage, ließ dem zuerst die 134 folgen, dann die 57 und die 94, und stand somit nach vier Aufnahmen auf der 36. Mit der nächsten Aufnahme traf sie zuerst nur das einfache 18er-Segment und danach ein Doppel, allein es war das falsche. Statt in der Double-9 hatte sie den Pfeil in der Double-14 versenkt: „No Score!“. Eine Aufnahme später das Déjà-vu – mit dem nächsten Gang ans Oche lieferte die Niederländerin exakt dasselbe Szenario: wieder landete der erste Pfeil in der 18 und der zweite in der Double-14, wieder ertönte vom Caller das unbarmherzig entschiedene „No Score!“. Hatte man über die Abläufe per se schon reichlich gestaunt, musste eine Tatsache gar noch mehr verblüffen: nämlich, dass Noa-Lynn van Leuven trotz alledem ihr begonnenes Leg hielt. Gary Anderson hatte aus dem wiederholten Fauxpas seiner Kontrahentin kein Kapital schlagen können! 2:2. Im fünften Durchgang ließ der Schotte dann aber nichts mehr anbrennen und lief wieder vorne weg, 3:2. Offenbar hatte die strapaziös zehrende Unwegsamkeit im vierten Leg Noa-Lynn van Leuven doch einiges an mentaler Kraft abverlangt, denn obgleich sie im sechsten Durchgang schon ihre dritte 180 ans Board nagelte, musste sie sich auch mit etlichen Aussetzern abfinden. Sie war schon relativ nah dran am Doppel, doch Gary Anderson war einen Schritt schneller, es war der entscheidende Schritt und so schnappte sich der „Flying Scotsman“ das Break zum 4:2. Gary Anderson ließ sich seinerseits das begonnene Leg in Durchgang Sieben nicht nehmen und deckelte das Match. 5:2 für den Schotten, der ja schon vorher verbindlich als Achtelfinalteilnehmer festgestanden hatte.

Mensur Suljovic zeigt nochmal ansatzweise, was er kann

Auch die nächste Begegnung würde hinsichtlich der zweiten Runde keine neuen Erkenntnisse bringen, eine spannende Auseinandersetzung sollte es dennoch werden. Jermaine Wattimena, Tabellenerster in der Gruppe E, gegen das Schlusslicht, Mensur Suljovic. In den ersten beiden Durchgängen vermochte es jeder, sein eigens begonnenes Leg mit jeweils 15 Würfen nach Hause zu bringen, daraus ergab sich das 1:1. Auch in den nächsten zwei Legs war keiner der beiden Kontrahenten in der Lage, den Anwurf des anderen zu gefährden, wobei insbesondere Mensur Suljovic im vierten Durchgang ein respektables Glanzlicht zu setzen verstand. Mit Triple-20, 16 und Double-20 eliminierte er 116 Restpunkte, das High Finish bescherte dem Österreicher den Ausgleich, 2:2. Im fünften Leg konnte Mensur Suljovic mit seiner zweiten 180 aufwarten, mit insgesamt 14 Treffern machte er das erste Break in diesem Spiel aus und ging nun seinerseits in Führung, 3:2. Doch in Leg Sechs verschenkte der 52-Jährige, der in Wien beheimatet ist, drei Checkout-Versuche, dass kostete ihn die Absicherung des Breaks. Stattdessen erzielte Jermaine Wattimena das sofortige Re-Break, 3:3, das er in Durchgang Sieben ohne Umschweife mit dem 86er-Finish bestätigte, 4:3. Für Mensur Suljovic ist „Aufgeben“ jedoch ein Fremdwort, so schnell gab er sich nicht geschlagen. Mit viel Beharrlichkeit errang er im achten Durchgang neuerlich den Ausgleich, somit ging es über die volle Distanz. Den Decider durfte Jermaine Wattimena beginnen, doch es war nicht der Vorteil des Anwurfs, der für den Matchausgang ausschlaggebend war, es war das grandiose High Finish (148), das über Sieg und Niederlage entschied. Jermaine Wattimena versenkte zwei seiner Pfeile in der Triple-20 und den dritten in der Double-14. Damit hatte er nicht nur den Gegner überrumpelt, sondern anscheinend auch sich selbst ein wenig überrascht. Gefreut haben sich am Ende beide über das derart stilvolle Ende der Partie. Mensur Suljovics Gratulation kam von Herzen, auch ein Sieg hätte schließlich nicht wirklich etwas geändert an der Ausgangssituation. Er selbst hatte mit 98,77 im Average (Jermaine Wattimena 95,95), einen würdigen Abschluss geliefert und zeigte ehrliches Gefallen am gelungenen Checkout des Gegners.

Die Philippinen entsenden ihren besten Spieler – gelingt es Lourence Ilagan, Luke Littler einzubremsen?

Weiter ging es an diesem Abend mit Luke Littler und Lourence Ilagan, auch hier traf die Nummer Eins auf die Nummer Vier der Tabelle. Hatte man die ersten beiden Partien des 17-Jährigen verfolgt – verfolgen können, (bei dem Tempo, das dieser vorgelegt hatte, war selbst das keine Selbstverständlichkeit), so musste man beinah befürchten, dass auch der „Underdog“ von den Philippinen heute womöglich gnadenlos unter die Räder kommen würde. Aber Lourence Ilagan belehrte uns rasch eines Besseren!

Zunächst das gewohnte Bild: mit Anwurf und insgesamt 14 Pfeilen holte sich Luke Littler das erste Leg, 1:0. Dabei wäre fast der 12-Darter rausgesprungen, doch beim Versuch des 121er-Finishs, misslang der Wurf auf Tops. Im zweiten Durchgang stand Luke Littler mit dem 11-Darter bereit: 180 – 96 – 180 – 45, er war drauf und dran, hier das nächste Feuerwerk abzubrennen, 2:0. Doch schon in Leg Drei stellte sich der Außenseiter in den Weg, mit 15 beachtenswert platzierten Würfen hatte Lourence Ilagan den Anschluss zum 1:2 geschafft. Und als es Luke Littler in Durchgang Vier etwas langsamer angehen ließ, nahm ihm der Gegner gar noch den Anwurf ab, nicht zuletzt dank gekonntem Set-up-Shot (131) holte sich der 46-Jährige aus Manila das Break und glich aus, 2:2. Doch in Durchgang Fünf war der Nachwuchsstar wieder zur Stelle und übernahm erneut die Führung, 3:2. Im sechsten Leg schaltete Luke Littler schließlich wieder einen Gang höher: 135 – 140 – 96 – 130, der 12-Darter konnte sich sehen lassen, vor allem die Art und Weise, wie der junge Engländer das High Finish quitt geworden war, machte Eindruck. 20, Triple-20, Bullseye, damit waren weitere 130 Punkte Geschichte. Luke Littler hatte das nächste Break eingesackt und war nurmehr ein Leg vom Sieg entfernt. Aber wer glaubte, das war`s nun, der täuschte gewaltig. Denn auf der anderen Seite eliminierte Lourence Ilagan (ebenso wie vorher Jermaine Wattimena) mit zweimal Triple-20 und Double-14 das 148er-Checkout, – diesen formidablen Coup des „Underdogs“ hatte man in dem Moment auch nicht kommen sehen. Auch das war wieder ein Break gewesen, 3:4. Angesichts der Tatsache, dass Luke Littler im laufenden Turnier bis dato kaum ein Leg abgeben, geschweige denn ein Break hinnehmen musste, rieb man sich schon ein wenig die Augen. Wenn man ehrlich war, hatte Luke Littler ja auch nicht unbedingt eine „Killer-Gruppe“ erwischt, doch dass ihn aus dieser Vierer-Riege ausgerechnet Lourence Ilagan am meisten fordern würde, hatten wohl auch nur die wenigsten auf dem Schirm. Doch „fordern“ hin oder her, wirklich ernsthaft gefährdet fühlte sich der Shootingstar aus Runcorn, der im ebenfalls am River Mersey gelegenen Warrington, im Nordwesten Englands, zuhause ist, vermutlich nicht. Bester Beleg dafür war sein Einstieg ins achte Leg, acht perfekte Darts – es fehlten nur wenige Millimeter für den Neun-Darter. Für die verbliebene Zwölf benötigte er allerdings nochmal zwei Gänge ans Oche, aber dann war nicht nur der 13-Darter ausgemacht, sondern auch der Matcherfolg in trockenen Tüchern, 5:3.

Die Gruppe H war nun an der Reihe, hier kam es zur rein niederländischen Begegnung: Gian van Veen gegen Wessel Nijman. Im Rückblick auf die Performances von Wessel Nijman konnte man eigentlich gar nicht so recht glauben, dass er sich sieglos am Ende der Tabelle wiederfand, da hätte das eine oder andere Spiel sehr wohl auch in seine Richtung gehen können. Aber, wie schon einmal an früherer Stelle betont, im Sport galt der Konjunktiv nichts, da zählten nur beinharte Fakten. Und die besagten: bislang zwei Siege für Gian van Veen und zwei Niederlagen für Wessel Nijman.

Wer setzt sich im Duell der niederländischen Youngsters durch?

Wessel Nijman hatte sich zum Ende der Gruppenphase hin, offensichtlich nochmal richtig was vorgenommen und begann das Match mit erfolgreichem 10-Darter. Sechs perfekte Darts, dann die 105 und das 36er-Checkout, 1:0. Das zweite Leg holte sich Wessel Nijman mit High Finish, 118 (20, T20, D19), schon stand es 2:0. Im dritten Durchgang konterte Gian van Veen mit 14 treffsicher platzierten Pfeilen und schaffte den Anschlusstreffer, 1:2, bevor Wessel Nijman in Leg Vier den nächsten 12-Darter aus dem Ärmel zog: 140 – 100 – 180 – 81, 3:1. Gian van Veen revanchierte sich in Durchgang Fünf mit dem 13-Darter, 2:3, doch Wessel Nijman hatte auch im sechsten Leg wieder die passende Antwort bereit. Die 180 als perfekter Set-up-Shot, auch ihm genügten 13 Treffer, um den Vorsprung abermals auszubauen, 4:2. Als Krönung dieser extrem brillanten Vorstellung machte sich Wessel Nijman im siebten Durchgang daran, den „Big Fish“ herauszuziehen. Die ersten beiden Pfeile versenkte er in der Triple-20 – so weit, so gut. Aber dann landete der dritte im 25er-Segment, ein My hatte zur Vollendung gefehlt. Diese winzig kleine Diskrepanz zwischen „drin“ und „fast drin“, nutzte sein Gegenüber, um den nächsten 13-Darter in den Leggewinn umzumünzen, 3:4. Wessel Nijman hatte die Ziellinie deutlich vor Augen gehabt, der Sieg war in absoluter Reichweite, aber irgendwie griff er nicht zu. Auch der zweite Matchdart verfehlte sein Ziel, das bestrafte Gian van Veen mit dem Break, und ebenso plötzlich wie unerwartet war der Ausgleich wieder da, 4:4. Überraschend nicht etwa, weil Gian van Veen heute schlecht gespielt hätte, im Gegenteil, er förderte grandioses Scoring zutage. Aber Wessel Nijman hatte eine derart überirdische Performance abgeliefert, dass man sich schwerlich vorstellen konnte, dass ihn irgendwas oder irgendjemand noch hätte stoppen können. Aber dieser vermaledeite letzte Schritt über die Ziellinie, das ist halt immer noch der schwerste. Und genau diese Theorie unterstrich der 24-Jährige aus dem niederländischen Uitgeest auch im neunten Durchgang, als er ein weiteres Mal gravierend über seine eigenen Nerven stolperte. Die Restforderung von 68 Punkten vor der Brust (und offenbar auch die schwere Last des Erfolgsdrucks auf der Brust), traf Wessel Nijman zunächst die Triple-20, aber anschließend bugsierte er seinen Pfeil statt in die Double-4, schnurstracks in die Double-18. Selten waren „Goldilocks“ im Preis derart teuer! Auf der anderen Seite hatte Gian van Veen zuvor ebenfalls zwei Matchdarts vergeben, doch beim nächsten Gang ans Oche ließ er sich nicht mehr länger bitten, der erste Pfeil landete in der Double-20, Decider und Match waren entschieden. 5:4 – Gian van Veen hatte im rein niederländischen Duell den Landsmann glücklich bezwungen. Nochmal zum Mitschreiben die Averages: Gian van Veen hatte 103,99 im Schnitt erzielt, während Wessel Nijman mit einem Drei-Dart-Average von 111,1 verloren hat – unfassbar!

Ab hier spielte der Tabellenzweite gegen den Dritten des Tableaus

Nachdem wir viermal der Partie des jeweils Tabellenführenden gegen den Tabellenletzten beiwohnen durften, begann nun die Serie der jeweiligen Tabellenzweiten gegen den Tabellendritten, es wurde also nochmal so richtig spannend und im Grunde genommen hatte hier rein theoretisch die ultimative K.o.-Runde schon längst begonnen.

Das erste Spiel in dieser umstrukturierten Konstellation bestritten Dimitri Van den Bergh und Keane Barry, beide mit realistischen Erfolgsaussichten auf das Achtelfinale, jeder hatte es in der eigenen Hand. Es dauerte mal wieder etwas länger, bis auch Dimitri Van den Bergh endlich auf der Bühne angekommen war, aber dann konnte er offensichtlich weit besser mit der Situation umgehen, als sein Kontrahent dies vermochte. Nachdem Keane Barry im ersten Durchgang mit Anwurf irgendwie über die Ziellinie gestolpert war, holte sich der Belgier relativ selbstsicher mit 15 Treffern Leg Zwei, 1:1, bevor ihm im darauffolgenden Durchgang ein Pfeil weniger genügte, um das Break auszumachen, 2:1. Mit der 133 hatte sich Dimitri Van den Bergh in Leg Vier die 50 aufbereitet, auch die war flugs weggewischt und es hieß 3:1. Keane Barry war bei allen drei Leg-Verlusten noch weit jenseits der 100er-Marke verblieben, das sollte sich auch in Durchgang Fünf nicht ändern. Hier parkte er gar noch auf der 224, als der „Dreammaker“ mit dem 12-Darter: 180 – 139 – 130 – 52, auf 4:1 davonzog. Im sechsten Leg befand sich der 22-Jährige aus dem irischen Drogheda einmal mehr noch jenseits der 100, da hatte sich Dimitri Van den Bergh bereits souverän dem 80er-Finish entledigt und so den 5:1-Erfolg fixiert. Damit stand in der Gruppe F, nach Luke Littler, der sein Ticket für die nächste Runde ja schon länger in der Tasche hatte, auch der zweite Achtelfinalteilnehmer fest: es war Dimitri Van den Bergh.

Wann hatte Michael van Gerwen zum letzten Mal die Gruppenphase nicht überstanden?

Weiter ging es mit der Entscheidung zwischen Michael van Gerwen und Ryan Joyce, auf dem Papier eine klare Angelegenheit – aber eben nur auf dem Papier! Am Board sah die Sache ganz anders aus, hier wurde aus der theoretisch „klaren Angelegenheit“, die Realität, wo klare Verhältnisse geschaffen wurden. Und das tat Ryan Joyce, indem er gleichmal die ersten zwei Durchgänge für sich verbuchte. Michael van Gerwen hatte in Leg Eins das 122er-Finish nur durch den Fehlwurf auf die Double-7 verpasst, das bestrafte Ryan Joyce umgehend mit dem 79er-Checkout, griff sich so den Anwurf des Gegners und ging 1:0 in Führung. Im zweiten Durchgang turnte Michael van Gerwen noch irgendwo auf der 230 herum, da hatte Ryan Joyce das Break schon bestätigt, 2:0. Mit der 99 bereitete sich der Niederländer im dritten Leg die 40 auf, die ward mit der nächsten Aufnahme vom Board gefegt und Michael van Gerwen war auf der Leg-Anzeigengrafik angekommen, 1:2. Im vierten Durchgang verpasste Ryan Joyce, mit dem Fehlversuch auf die Double-19, das 118er-Finish, damit holte er den Kontrahenten zurück ins Leg, der nutzte seine Chance, löschte 65 Restpunkte und der Ausgleich war wieder hergestellt, 2:2. Für dieses Break revanchierte sich Ryan Joyce jedoch postwendend, in Leg Fünf griff er sich das umgehende Re-Break, und schritt ein weiteres Mal vorne weg, 3:2. Auch hier war ihm das High Finish (108) nur äußerst knapp durch die Lappen gegangen, doch da „Mighty Mike“ nicht in der Lage war, nach eigentlich optimalem Set-up-Shot (140), die verbliebene 40 mit sechs Versuchen quitt zu werden, hatte Ryan Joyce ausreichend Zeit gehabt. In Leg Sechs war Michael van Gerwen nah dran, die Restforderung von 158 Punkten mit einer Aufnahme zu begleichen, aber er scheiterte an der Double-19. Ryan Joyce hatte zuvor hauchdünn das Bullseye-Finish verpasst, bekam jedoch auch hier wieder eine weitere Gelegenheit, Versäumtes nachzuholen. Beim nächsten Gang ans Oche nahm er die 25 heraus, damit tütete er auch das 4:2 ein. Michael van Gerwen hatte sich bis dahin fast in jedem Leg mit der Kalenderblattweisheit auseinandersetzen müssen, dass knapp daneben halt auch vorbei ist. Erst in Leg Sieben fand der Niederländer zu alten Tugenden zurück: 180 – 134 – 171 – 16, der Last-Minute-11-Darter gereichte ihm zum 3:4. Im letzten Moment hatte Michael van Gerwen den Kopf nochmal aus der Schlinge gezogen. Dem ließ er im achten Durchgang den 14-Darter folgen: nachdem er bei der vierten Aufnahme zum besten Zeitpunkt seine dritte 180 abgeliefert hatte, bewies er auch das perfekte Timing, um den Double-Trouble zu verabschieden. Ohne lange zu fackeln wurde er die verbliebene 42 los und der Ausgleich war wieder hergestellt, 4:4. Ryan Joyce war in beiden Durchgängen weit jenseits der 100 verblieben, eigentlich gar näher an der 200 dran, als an einem Doppel, da hatte Michael van Gerwen, mit der drohenden Niederlage vor Augen, das frühzeitige Ausscheiden gerade so abwenden können. Aber noch war nichts entschieden, noch war keiner von beiden über der Ziellinie. Es ging über die volle Distanz, man konnte die Spannung schier mit Händen greifen. Michael van Gerwen genoss im Decider den Vorteil des Anwurfs, aber von Genuss konnte schon bald keine Rede mehr sein. 14 Treffer später hatte Ryan Joyce, vor den leicht ungläubig dreinblickenden Augen des Gegners, seinen ersten Matchdart verwandelt. Der dreifache Grand Slam Sieger (2015 bis 2017) konnte es offenbar nicht fassen, dass er soeben sein letztes Spiel bei der diesjährigen Austragung beendet hatte. Beide mit fast identischem Average (Michael van Gerwen: 93,43 / Ryan Joyce: 93,45), aber der Engländer konnte halt jeden zweiten Versuch im Doppel unterbringen, während „MvG“ sich lediglich mit der Checkout-Quote von 30,77% begnügen musste. Michael van Gerwen gesellte sich somit zu den gesetzten Spielern, die bereits nach der Gruppenphase ausgeschieden waren, während Ryan Joyce in der nächsten Runde wiederkommen darf.

Eine ähnliche Sprachlosigkeit wie beim gestrigen Ausscheiden des Titelverteidigers, Luke Humphries, stellte sich ein, dass Michael van Gerwen nicht einmal das Achtelfinale erreichen würde, damit hatte man nicht wirklich rechnen können. Ein weiterer Kandidat, den man im Vorfeld definitiv in Runde Zwei erwartet hatte, der mittlerweile jedoch ebenfalls extrem wackelte, war Michael Smith. Der „Bully Boy“ würde heute Abend mit Sicherheit alles dran setzen, um doch noch ins Achtelfinale vorzudringen, denn der frühzeitige Turnierabschied würde für ihn auch einen drastischen Absturz in der PDC Order of Merit bedeuten. Schließlich hatte er sich im Finale des Grand Slam of Darts 2022 mit 16:5 gegen Nathan Aspinall durchgesetzt und damit den Titel geholt. Alles andere als ein voller Erfolg bei der Austragung zwei Jahre danach, brachte in jedem Fall Abzüge bei den Weltranglistenpunkten mit sich, das Ausscheiden in Runde Eins war hier natürlich die Höchststrafe. Frag nach bei José de Sousa (Grand Slam Champion in 2020), welche Auswirkungen ein solcher Punkteabzug im schlimmsten Fall nach sich ziehen kann. Aber auch Mike De Decker wollte natürlich unbedingt eine Runde weiterkommen, der diesjährige Sieg beim World Grand Prix hatte ihn nicht nur stärker, sondern auch begieriger nach weiteren Erfolgen gemacht.

Nachdem die Nummer Eins und die Nummer Drei bereits ausgeschieden waren, kämpfte nun der Weltranglistenzweite um den Verbleib im Turnier

Michael Smith hatte das Ausbullen für sich entschieden, begann das Spiel aber mehr als eigentümlich. Vielversprechend startete er mit der 180 ins Match, ließ dem zwei mangelhaft dürftige Aufnahmen ohne jegliches Triple folgen, um dann beim vierten Gang ans Oche das Triple-20-Segment wieder komplett aufzupumpen. Das zweite Maximum als Vorbereitung für die Double-20 kam jedoch zu spät, denn gegenüber hatte Mike De Decker dreimal in Folge die 140 herausgenommen und anschließend das 81er-Finish gelöscht. Der 12-Darter gegen den Anwurf bescherte dem Belgier das 1:0. Mike De Decker startete mit vier perfekten Darts ins zweite Leg und hatte auch sonst bei jeder Aufnahme mindestens einen, wenn nicht gar zwei Triple-20-Treffer parat, das eben erzielte Break war kurz darauf bestätigt und „The Real Deal“ eilte mit 2:0 in Front. Im dritten Durchgang hatte der 28-Jährige aus Mechelen das High Finish, 107 (T19, 18, D16) zur Hand, im Nu hatte er seinen Vorsprung auf 3:0 ausgebaut. Michael Smith wusste kaum, wie ihm geschah, seine Körperhaltung und sein Gesichtsausdruck sprachen Bände. Es war, als habe sich bereits eine frühzeitige Resignation eingestellt, zu oft hatte er bis zu diesem Zeitpunkt durchaus starke Aufnahmen mit grottenschlechten Fehlwürfen vermischt. Da folgte ein abgrundtiefer Aussetzer einem grandiosen Treffer und umgekehrt, entweder er traf alles oder er traf nichts. Das einzige, worauf sich der Weltmeister von 2023 heute Abend verlassen konnte, war, dass er sich auf nichts verlassen konnte. Irgendwann hatte man auch das Gefühl, dass er seine Pfeile nur noch ziellos wegschleuderte ... – obwohl, Michael Smith hat im Grunde genommen so einen genial rasant-flüssigen Wurfstil, dass man sich eigentlich immer fragt: wann zielt der eigentlich? Fakt ist jedoch, dass er heute Abend einfach zu wenig traf, und wenn, dann war es meistens zu spät. Ganz anders gegenüber Mike De Decker, der spielte unbeirrt seinen Stiefel runter und räumte ein Leg nach dem anderen ab. Und nachdem der relativ frischgekürte Major-Sieger aus Belgien auch sein begonnenes Leg in Durchgang Vier für sich verbucht hatte, 4:0, nahm er im fünften Leg mit dem erneuten 12-Darter: 139 – 134 – 134 – 94, abermals den Anwurf des Gegners an sich, 5:0 – der „Whitewash“ war perfekt.

Es war ein kläglicher Auftritt des Grand Slam Champions von 2022 gewesen, damit sind alle drei Topplatzierten der PDC Order of Merit bereits nach der Gruppenphase ausgeschieden. Umso überzeugender konnte Mike De Decker (100,2 im Average) beim heutigen Auftritt glänzen, ihn sehen wir im Achtelfinale wieder.

Wer aus der Gruppe H folgt Gian van Veen ins Achtelfinale?

Ein allerletztes Achtelfinalticket war noch zu vergeben, um jenes bewarben sich in der Abschlusspartie: Stephen Bunting und Josh Rock. Josh Rock hatte den ersten Anwurf, war im ersten Leg auch durchaus noch mit zuverlässiger Treffsicherheit zugange, der 13-Darter bescherte ihm das 1:0. Auch Stephen Bunting war mit der dazugehörigen Entschlossenheit unterwegs, obgleich ihm in Durchgang Zwei das „Shanghai-Finish“ zunächst misslang, brachte auch er sein begonnenes Leg unangefochten nach Hause, 1:1. Im dritten Leg ließ „The Bullet“ drei Breakdarts liegen, das nutzte Josh Rock, um seinen Anwurf, nach acht Checkout-Versuchen, gerade noch so mit Ach und Krach zu halten, 2:1. Auch in Durchgang Vier hatte Josh Rock etliche Möglichkeiten auf Doppel und somit aufs Break, aber er konnte nicht davon profitieren. Auf der anderen Seite spielte Stephen Bunting mit aller Konsequenz sein Leg zu Ende, 2:2. Der Engländer war im fünften Leg mit dem 11-Darter zur Stelle: 180 – 140 – 140 – 41, das brachte ihm das Break und die 3:2-Führung ein. Elf weitere Treffer benötigte Stephen Bunting in Durchgang Sechs: 59 – 180 – 162 – 100 (T20, D20), da war auch das 4:2 zementiert. Josh Rock versuchte sich mit aller Kraft zu wehren, hämmerte im siebten Durchgang mit der vierten Aufnahme die 177 ins Board, doch es nutzte alles nichts. Stephen Bunting hatte einen weiteren 12-Darter zur Hand: 140 – 180 – 135 – 46, somit war auch das 5:2 besiegelt. Josh Rock hatte mit einem Average von 99,64 aufwarten können, war damit aber nicht gegen die 106,66 seines Gegners angekommen. Mit Stephen Bunting war der letzte Achtelfinalteilnehmer ermittelt.

Es war ein durchweg aufregender Spieltag gewesen, der der extrem interessanten und hochklassigen Gruppenphase einen würdigen Abschluss verliehen hat. Die größte Überraschung stellte mit Sicherheit die Tatsache dar, dass weder der Weltranglistenerste im Achtelfinale am Start sein wird, noch der Zweite und auch der Dritte der PDC Order of Merit ist raus. Das tut der Spannung aber keinen Abbruch, im Gegenteil, es macht die Situation möglicherweise noch um einiges unkalkulierbarer. Morgen geht es also in die zweite Runde, die ersten vier Achtelfinals stehen an. Bis dahin: Gute Nacht and Always Look on the Bright Side of the Flight!

Grand Slam of Darts


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