Hungarian Darts Trophy 2024 – Bereits nach den Halbfinals war eine Tatsache unumstößlich: der diesjährige Champion war auf jeden Fall mit niederländischem Pass in Budapest angereist
Es ging Schlag auf Schlag weiter, die Halbfinals standen auf dem Programm. Hier wurden zwei Durchgänge auf den maximal möglichen Legverbrauch draufgestapelt, jetzt benötigte man also sieben Leggewinne, um die Reise ins Finale fortführen zu dürfen.
Das erste Halbfinale bestritten Gian van Veen und Ryan Searle. Gian van Veen strahlte an diesem Wochenende die Art Entschlossenheit aus, die man von ihm lange nicht mehr erlebt hatte, das machte ihn so brandgefährlich. Auch hier zeigte er seine Bereitschaft für mehr, das Halbfinale sollte noch nicht das Ende seiner Reise darstellen. Das Ausbullen hatte der Niederländer für sich entschieden, im ersten Durchgang präsentierte er gleich mal das erste High Finish, 112 (T20, 20, D16), das gereichte ihm zum 1:0. Ryan Searle antwortete im zweiten Durchgang mit 14 treffsicher platzierten Würfen, der optimale Set-up-Shot (140) war in der Summe enthalten, 1:1. Auch in den darauffolgenden zwei Legs konnte jeder seinen Anwurf unangefochten wahren, wobei Ryan Searle in Durchgang Vier nicht nur die nächste passende Vorbereitung (127) zur Hand hatte, sondern auch mit dem 13-Darter zu beeindrucken wusste, 2:2. Im fünften Leg zog Gian van Veen den 12-Darter, mitsamt Checkout von exakt 100 Punkten, aus dem Ärmel: 140 – 121 – 140 – 100 (T20, D20), und ging abermals in Führung, 3:2. Ryan Searle startete das sechste Leg mit sechs perfekten Darts, das Publikum wurde hellhörig, aber die nächsten drei Pfeile landeten in der einfachen Eins, der Triple-1 und der Triple-3, womit „Heavy Metal“ gerade mal 13 kleinlaute Pünktchen traf, selbst die Tonleiter einmal rauf und runter ergibt schon mehr Treffer. Große Enttäuschung im Saal – Come on, ihr seid dieses Wochenende schon mit drei Neun-Darter verwöhnt worden! Bei der vierten Aufnahme fanden die Pfeile des Engländers abermals zwei Triple-Felder und diesmal taugten sie auch wirklich etwas – Triple-18 und Triple-19 – trotzdem war auch hier wieder die Eins dabei, wobei es da kein Ausreißer war, der sich ins große Segment flüchtete, die ungerade Restsumme machte den vermeintlichen Irrläufer notwendig. Doch alles kam zu spät! Entgegen der Tatsache, dass Ryan Searle mit Anwurf und zweimal der 180 in den Durchgang gestartet war, nahm ihm der Gegner dieses Leg doch noch aus der Hand. Gian van Veen präsentierte hier nicht allein den 12-Darter, sondern obendrein ein phänomenal gutes High Finish. Zweimal der 140 ließ der 22-Jährige aus dem niederländischen Poederoijen, zunächst die 60 folgen, bevor er mit Triple-20, Triple-17 und Bullseye, die Restforderung von 161 Punkten vom Board fegte, 4:2. Das war wahrlich ein Wirkungstreffer, denn im siebten Durchgang bekam Ryan Searle kaum noch etwas auf die Reihe, während Gian van Veen mit 14 weiteren souveränen Treffern, das 5:2 ausmachte. Im achten Leg probierte sich der aus Wellington stammende 36-Jährige, der mittlerweile in Holcombe Rogus, einer kleinen Gemeinde in der Grafschaft Devon beheimatet ist, am 121er-Finish, der Versuch scheiterte am Bullseye. Sein Gegenüber brauchte derweil abermals nur 14 Pfeile, um das 6:2 sicher zu machen. Im Halbfinale benötigte man, wie gesagt, sieben Leggewinne für den Einzug ins Finale, Gian van Veen war also noch nicht durch. Und Ryan Searle dachte auch nicht daran, die Flinte zu früh ins Korn zu werfen, in Durchgang Neun sammelte er alle Konzentration, um sich brachialgewaltig gegen die drohende Niederlage zu stemmen und holte sich hier tatsächlich nochmal den Anwurf des Gegners, 3:6. Und in Leg Zehn war der Engländer gar drauf und dran, den „Big Fish“ aus dem Ozean der rasant treibenden Pfeile zu ziehen, aber der dritte Dart driftete an der Bullseye-Mitte vorbei. Die verbliebene 25 eliminierte er mit der nächsten Aufnahme dennoch und schaffte es so, das eben erkämpfte Break zu bestätigen, 4:6. Ryan Searle war jetzt wieder ganz in seinem Element, mit dem ausgezeichneten 12-Darter, das High Finish inbegriffen: 180 – 98 – 99 – 124 (T20, T14, D11) kassierte er auch den nächsten Anwurf des Niederländers ein und hatte sich so ganz plötzlich und unerwartet wieder an den Kontrahenten herangerobbt, 5:6. Doch genauso plötzlich und unerwartet wollte Ryan Searle im zwölften Durchgang gar nichts mehr gelingen. Die Triple-Felder waren mit einem Mal fast allesamt abhandengekommen und als er irgendwann endlich auf der 20 angelangt war, schienen auch die Doppel-Segmente für ihn wie zugenagelt. Auf der anderen Seite machte es Gian van Veen kaum besser, auch er hatte das GPS Navi für Triple-Segmente anscheinend nicht rechtzeitig aufgeladen, aber da Ryan Searle inzwischen im „Madhouse“ festsaß und jemand offenbar den Schlüssel für die Ausgangtür weggeworfen hatte, blieb dem niederländischen Nachwuchsstar ausreichend Zeit, sich den Weg von der 501 nach unten zu bahnen. Endlich unten angekommen, zeigte sich Gian van Veen auf Doppel dann weit sicherer als zuvor sein Gegner, der erste Versuch saß und es stand 7:5. Der erste Finalist war gesetzt, es war der Niederländer Gian van Veen.
Und auch im zweiten Halbfinale spielte England gegen die Niederlande, der „Smudger“ nahm es mit „Mighty Mike“ auf
Nicht ganz so spannend machten es in der zweiten Halbfinalbegegnung Michael van Gerwen und Ross Smith. Michael van Gerwen hatte sich letzten Mittwoch in Wigan im Endspiel, mit einem großartigen 8:4-Sieg gegen Dave Chisnall durchgesetzt und die Players Championship 21 für sich entschieden. Damit ist eine für ihn unsäglich bittere Durststrecke zu Ende gegangen, Michael van Gerwen hatte den lange auf ihm lastenden „Finalfluch“ überwunden und war endlich auf die Siegerstraße zurückgekehrt. Danach ist er mehr oder minder in sich gegangen und hatte festgestellt, dass er immer zu hart mit sich ins Gericht gehe und künftig wohl weniger Strenge und dafür mehr Nachsicht sich selbst gegenüber walten lassen wolle. Wie auch immer, der Sieg in Wigan hatte ihm offenbar einen signifikanten Motivationsschub verliehen, seither ist er wieder weit spielfreudiger und eben auch effektvoller, was Konstanz und Leistungsniveau betrifft. Man möchte glauben, er hat zu alter Stärke zurückgefunden.
Auch hier war Michael van Gerwen wieder von Anbeginn in bester Spiellaune, hatte den ersten Anwurf, begann das erste Leg auch mit dem Maximum, ließ dem die 69 und die 100 folgen und schloss den Durchgang mit exzellentem High Finish. Die 152 hatte er mit zweimal Triple-20 und der Double-16 herausgenommen, insgesamt ergab das Ganze einen 12-Darter, der dem Niederländer das 1:0 bescherte. Lediglich zwei Würfe mehr benötigte Michael van Gerwen in Durchgang Zwei, schon stand es 2:0. Mit dem brillanten Set-up-Shot von 150 ausradierten Zählern im dritten Durchgang, hierbei hatte er seine Pfeile gekonnt zweimal in der Triple-20 und einmal in der Triple-10 versenkt, ließ sich „MvG“ die 32 stehen, die war mit dem 13. Wurf Geschichte, da konnte man bereits das 3:0 für den Niederländer vernehmen. Im vierten Leg versuchte Ross Smith, der bis dato nicht einmal in die Nähe eines Doppelfeldes gekommen war, mit dem 127er-Finish dazwischen zu grätschen, aber der angedeutete Spagat misslang, nachdem sein dritter Pfeil am mittigen Bullseye vorbeischrammte. Um die Restforderung der verbliebenen 25 loszuwerden, sollte der Engländer keine Möglichkeit mehr erhalten, Mighty Mike räumte die 86, die er noch vor der Brust hatte, mit 18, Triple-18 und Double-7 aus dem Weg, damit war auch das 4:0 eingetütet. Im fünften Durchgang gönnte Michael van Gerwen seinem Kontrahenten dann doch ein Leg, das heißt, gegönnt hat er es ihm vermutlich nicht wirklich, aber nachdem van Gerwen hier auch mal drei Checkout-Darts liegen gelassen hatte, sammelte Ross Smith die Krümmel halt auf und griff sich das Leg. Es war sogar ein Break, Ross Smith war endlich auf der Leg-Anzeigentafel angekommen. Und er hatte seine Freude am Leggewinnen auch gleich wieder entdeckt, im Endspurt des sechsten Durchgang löschte er mit Triple-20, 19 und Double-16, die Schnapszahl von 111 Punkten, hatte somit das eben errungene Break bestätigt und verkürzte auf 2:4. Michael van Gerwen befand wohl, dass der Gegner nun mehr als ausreichend am Zuge war und packte im siebten Durchgang den nächsten 12-Darter aus: 140 – 84 – 180 – 97. Damit hatte der dreifache Weltmeister seine Führung wieder ausgebaut und kam der Ziellinie auch immer näher, 5:2. In Durchgang Acht hatte Ross Smith nochmal ein Rezept gefunden, dem heute übermächtigen „Mighty Mike“ Paroli zu bieten: es war der 13-Darter, der hier hinsichtlich der frühzeitig drohenden Niederlage Abhilfe schaffen sollte. Michael van Gerwen hatte sich in diesem Leg eine winzig kleine Scoring-Verschnaufpause genehmigt, was bei ihm bedeutete, er traf in diesem Durchgang „nur“ viermal die Triple-20. Tatsächlich war er auch noch auf der 120, als Ross Smith das 3:5 ausmachte. Mehr Leggewinne wollte Michael van Gerwen dem Gegner dann aber nicht mehr zugestehen, in Durchgang Neun förderte er seinerseits den 13-Darter zutage und erhöhte auf 6:3. 14 Würfe später hatte Michael van Gerwen dem Gegner den nächsten Anwurf abgenommen und den 7:3-Sieg zementiert.
Damit war klar, der Hungarian Darts Trophy Champion 2024 war auf jeden Fall ein Niederländer: Michael van Gerwen und Gian van Veen im Finale, das nach einer kurzen Pause starten sollte.