Hungarian Darts Trophy 2024: Würde Michael van Gerwen seinen 37. Titel auf der PDC European Tour einfahren oder Gian van Veen seinen ersten?
Dann war es soweit, Philip Brzezinski, der an diesem Wochenende in Budapest als Master of Ceremonies im Einsatz war, rief die Finalisten auf die Bühne. Michael van Gerwen und Gian van Veen hatten sich im Halbfinale gegen Ross Smith und Ryan Searle durchgesetzt, England war also raus, die Niederländer machten das Endspiel unter sich aus. Auch im Finale kamen noch mal zwei Durchgänge obendrauf, mittlerweile galt der Best-of-15-Legs Modus, d.h. man brauchte jetzt schon acht Leggewinne, um Titel, Pokal und Preisgeld im Empfang nehmen zu können.
Stilvoller als der niederländische Großmeister des Darts, Michael van Gerwen, hätte man ein Finale auch kaum beginnen können. Mit dem Anwurf im ersten Durchgang, hatte er sich nach drei Aufnahmen 170 Punkte stehen gelassen, traf beim vierten Gang ans Oche zweimal die Triple-20 plus anschließend das Bullseye, 1:0. Der Gegner parkte noch auf dem Rastplatz der 319, da hatte die Datenbank bereits den 12-Darter inklusive „Big Fish“ auf der Habenseite des dreifachen Weltmeisters registriert. Im zweiten Durchgang verpasste Michael van Gerwen allerdings einen Breakdart, das eröffnete Gian van Veen die Möglichkeit, sein Leg zu halten, und die nutzte er wohlweislich, 1:1. Auch im dritten Leg war Michael van Gerwen wieder mit dem 12-Darter zur Stelle, dreimal die 140 sowie das 81er-Checkout, „Mighty Mike“ spielte hier seine ganze Dominanz aus, 2:1. In Durchgang Vier wollte er vorsorglich schon mal etwas Abstand zwischen sich und dem Gegner schaffen, der Set-up-Shot (140) vom 22-Jährigen kam zu spät, Michael van Gerwen hatte ihm bereits den Anwurf abgenommen und das 3:1 klar gemacht. Trotzdem lief das Match zu keinem Zeitpunkt Gefahr, in die Einseitigkeit abzudriften, Gian van Veen wusste sich durchaus zu wehren und auch wenn das 122er-Finish in Durchgang Fünf am Bullseye scheiterte, der begabte Nachwuchsprofi holte sich das Re-Break trotzdem postwendend, 2:3. Im sechsten Leg vermochte Gian van Veen, das eben erzielte Break gar mit High Finish, 101 (20, T15, D18) zu bestätigen, damit untermauerte der Shootingstar zum ersten Mal nachdrücklich, dass auch er sehr wohl Ansprüche auf den Finalsieg erhob, 3:3. Alles war wieder auf Anfang gestellt, aber Michael van Gerwen schien mittlerweile gewarnt. Entschlossen sicherte er sich den siebten Durchgang, 4:3, bevor sein Gegenüber im achten Leg, das erste Maximum dieses Endspiels und den hervorragenden Set-up-Shot von 162 Punkten präsentierte. Mit insgesamt 13 beeindruckenden Treffern hatte Gian van Veen wieder ausgeglichen, 4:4. Den 13-Darter kann natürlich auch Michael van Gerwen, seine Vorbereitung (128) im neunten Durchgang war womöglich nicht ganz so imposant, aber die neuerliche Führung war es allemal, 5:4. Aber Gian van Veen hatte im zehnten Leg die passende Antwort parat und konterte abermals mit dem High Finish, 110 (T20, 18, D16). Wieder war der Ausgleich geschaffen.
Findet der talentierte Nachwuchskünstler den wunden Punkt des Routiniers und damit auch den Wendepunkt?
Trotz allem Platzhirsch-Gehabe seines renommierten Titelkonkurrenten, schaffte es Gian van Veen dem Gegner immer wieder Kontra zu geben und somit das Match auf ein Level zu heben, auf dem ein gleichwertiger Schlagabtausch stattfinden konnte. Auf jeden Fall hatten Beide den Kampf auf Augenhöhe so kreiert, dass Spannung garantiert war. Und obwohl Gian van Veen beim Versuch, im elften Durchgang die 121 auszuchecken, der Versuch aufs Bullseye missglückte, reichten ihm insgesamt 14 Würfe, um Michael van Gerwen gar den Anwurf zu rauben. Das kam einer „Majestätsbeleidung“ schon sehr nah. Nun war es Gian van Veen, der zum ersten Mal in dieser Partie die Führung übernahm, 6:5. Im zwölften Durchgang lieferte dann auch Michael van Gerwen seine erste 180, bei Gian van Veen war es bereits die zweite im Match. Van Gerwen hatte sein Maximum jeweils mit der 140 flankiert, das gewährleistete ihm die Basis für das umgehende Re-Break, somit hatte auch er wieder ausgeglichen. Damit war die Break-Serie jedoch noch nicht zu Ende, Gian van Veen revanchierte sich in Durchgang 13 mit starkem Scoring sowie sicherem Checkout und nahm Michael van Gerwen abermals das begonnene Leg weg. Der Jüngere der beiden Niederländer ging erneut in Führung und war nurmehr einen Leggewinn vom Sieg entfernt, 7:6. Es schien, als habe Gian van Veen das Momentum nun klar auf seine Seite gezerrt, doch mit einer Hand schon am Pokal, ließ er in Durchgang 14 den ersten Matchdart liegen. Beim Versuch, die Restforderung von 118 Punkten quitt zu werden, misslang ihm der Wurf aufs Bullseye, es fehlte nicht mal ein Millimeter, als der Pfeil am Draht kratzte, aber daneben ist halt auch vorbei. Michael van Gerwen hatte zuvor beim Versuch, die 142 auszuchecken, die Double-11 verpasst, er konnte sich nicht sicher sein, ob er nochmal ans Oche treten dürfte. Dann war klar: Ja, er durfte! Die verbliebene Elf löschte er mit Drei und Double-4, somit hatte er den Kopf gerade nochmal aus der Schlinge gezogen und sich in die Verlängerung gerettet. 7:7. Michael van Gerwen hatte im Decider den Anwurf und begann mit der 96. Auf der anderen Seite konterte Gian van Veen mit einer weiteren 180, doch während Michael van Gerwen in den nächsten drei Aufnahmen immer wieder zumindest ein Triple traf, damit jeweils konstant nur knapp unter 100 Punkten blieb, fand Gian van Veen die Triple-Segmente nicht mehr respektive zu spät. Im Stile eines großen Champions hatte Michael van Gerwen das Finale mit dem „Big Fish“ begonnen, im Stile eines großen Champions beendete er es mit High Finish. 110 Punkte eliminierte er souverän mit Triple-20, 18, Double-16. 8:7 – der Hungarian Darts Trophy Champion 2024 war ermittelt. Hartelijk gefeliciteerd, Michael van Gerwen!
Die Erleichterung brach aus ihm heraus, es gab gar nicht genug Ventile, um die vorher aufgestaute Anspannung schlagkräftig loszuwerden. Es war sein 37. Erfolg auf der European Tour und Michael van Gerwen erklärte im anschließenden Interview, dass er „over the moon“ sei. Ja, es war nicht zu übersehen, wie viel ihm dieser Sieg bedeutete. Gian van Veen nahm seine Finalniederlage gelassen auf, er erklärte, dass er gerade mal 22 Jahre alt ist, daher sei es für ihn sehr wohl eine bedeutsame Errungenschaft, hier gegen Michael van Gerwen bereits im Endspiel gestanden zu haben. Alles in allem war es eine durchwegs gelungene Veranstaltung im BOK Sportcsarnok in Budapest. In diesem Sinne verabschieden wir uns aus Ungarn: Gute Nacht, jó éjszakát, auf Wiedersehen, viszontlátásra and Always Look on the Bright Side of the Flight!