German Darts Championship - Am deutschen Darts-Himmel ist ein neuer Stern aufgegangen
Das Beste kommt immer zum Schluss und so fieberten wir dem Höhepunkt entgegen, dem Höhepunkt in jeder Hinsicht! Das Finale stand an, man rieb sich nochmal die Augen: ja, es blieb wahr, die Teilnehmer hießen: Peter Wright und Ricardo Pietreczko. Nachdem an diesem Wochenende zweifellos schon alle Fingernägel abgebissen waren, mussten für das Finale nun definitiv die Fußnägel herhalten.
Betrachtete man die Leistungen beider Spieler über den Tag verteilt, gingen einem so langsam die Superlative aus. Wen „Pikachu“ im Halbfinale bezwungen hatte, musste ihm ebenso viel Selbstbewusstsein eingeflößt haben, wie die Art und Weise, wie er Michael van Gerwen niedergerungen hat. Klar, dass man im Finale auf alles noch eins draufsetzen muss, auch auf die Anzahl der zu gewinnenden Legs. Daher jetzt der Best-of-15-Legs Modus.
Auch im Finale nahm die Anfangsphase beinah surreale Züge an, denn ohne dass Peter Wright bis zu diesem Augenblick auch nur einen Dart auf Doppel gehabt hätte, ging Ricardo Pietreczko mit 4:0 in Führung. Noch galt es, nicht jetzt schon durchzudrehen, denn es lag noch ein weiter Weg vor „Pikachu“, es ging schließlich bis Acht und nicht zu vergessen, wer ihm gegenüberstand: Peter Wright, der Routinier, der jederzeit in der Lage war, zurückzuschlagen. Im fünften Durchgang dann erst der erste Leg-Dart für den Schotten, den ein Peter Wright natürlich mitnahm. 1:4.
Warum nicht, wenn`s der Konzentration hilft?!
Wir hatten es vorher ja schon mit den Ritualen. Auch Ricardo hat übrigens einen persönlichen Ritus: er spielt immer die gleiche Abfolge seiner unterschiedlichen Dart-Flight-Farben. Das sechste Leg spielte Peter Wright relativ souverän herunter, stand auf der 25 und hoffte mit der nächsten Aufnahme das Break zu holen und damit die Wende einzuläuten. Doch es sollte keine nächste Aufnahme geben, denn „Pikachu“ checkte die 116 (T20, 16, D20). 5:1. Im siebten Leg nochmal ein Lebenszeichen von „Snakebite“, 2:5. Aber Ricardo wollte sich nicht unnötig aufhalten lassen, checkte im nächsten Leg mit zwei Pfeilen die 74 (T14, D16), 6:2. Peter Wright grätschte nochmal mit achtbarem High Finish dazwischen, löschte die 126 (T19, 19, D50). 3:6. Doch Ricardo Pietreczko ließ ein weiteres grandioses Leg folgen. Peter Wright sah noch die 240 auf seinem Punktekonto aufleuchten, da checkte Ricardo bereits die 108 mit Triple-19, 19 und Double-16 aus. 7:3. Im elften Leg ein letztes Aufbäumen vom Schotten, 4:7.
Man konnte es nicht glauben, doch was dann folgte, war ein finales mega-brillantes Leg des Deutschen, das ihm den Turniersieg bescheren sollte. Auch hier wieder das High Finish, diesmal die 104, diesmal auf dem Weg über die Triple-19, 15, Double-16. Und auch diesmal stand Peter noch auf der 244, während Ricardo bereits seinen letzten Pfeil aus dem Board zog. Und das wahrhaftig auch zum letzten Mal. Summa Summarum hieß das: Ricardo hatte in diesem Match acht Leg-Darts und acht Mal getroffen. Oder anders ausgedrückt: 100% in der Checkout Quote und das in einem Finale. Man wusste nicht mehr, was man zuerst bejubeln sollte. Aber der Freudentaumel würde diese Nacht eh kein Ende nehmen, denn das Endergebnis lautete 8:4 für Ricardo Pietreczko. Nächste Woche wird er 29 Jahre jung und dieses vorgezogene Geburtstagsgeschenk mit Schleife und Pokal, wird wohl kaum zu übertreffen sein.
Viel Anerkennung auch von Peter Wright – für seinen deutschen Gegner, aber auch für das deutsche Publikum. Es war ihm eine Ehre, hier zu spielen! Und uns eine Freude, zu sehen, wie er an beiden Tagen stetig in der Lage war, an alte Stärken anzuknüpfen.
Ricardo Pietreczko schreibt deutsche Darts-Geschichte
Nochmal langsam und zum Mitschreiben: erst als zweiter Deutscher überhaupt (nach Max Hopp) gewinnt Ricardo Pietreczko ein PDC Turnier. „Pikachu“ besiegt im Finale den zweifachen Weltmeister Peter Wright und ist damit Titelträger der German Darts Championship in Hildesheim.
Kaum noch Puste im Pfeile-Köcher, bleibt mir nur noch der obligate Abschiedsgruß: stay bright, nice flight!