European Darts Championship – die Viertelfinals mit dem größten Comeback der EM-Geschichte und weiteren Sensationen

Der Finaltag sollte ohne deutsche Beteiligung stattfinden. Stopp! Stimmt überhaupt nicht! Also nochmal von vorne: Nicht nur in Sachen Top-Spieler, auch was die Top-Austragungsorte betrifft, gewinnt Deutschland immer mehr an Bedeutung. Und so ist es mehr als bezeichnend, dass die Darts Europameisterschaft, nach Premier League und WM, das dritt bedeutendste Turnier der PDC, in Dortmund ausgetragen wird. An diesem Wochenende waren über 30.000 Zuschauer in der Westfalenhalle zugegen, somit absolute Rekordzuschauerzahl für dieses Turnier. Damit haben wir sowohl was das Niveau der Spielerqualität angeht, als auch die Austragungsorte betreffend längst zu den Spitzenpositionen aufgeschlossen.

Heute also Finaltag und mit den Viertelfinals startete der Nachmittag. Und auch im Viertelfinale ging es nochmal über maximal 19 Legs, d.h. der erste mit zehn Legs auf seinem Konto konnte das Halbfinalticket in Empfang nehmen. Die Session begann mit dem Duell Chris Dobey gegen Peter Wright. Kurz vor Halloween war Joanne Wright nochmal extra gefordert. Wenn man den Gerüchten glauben darf, war sie mit ihrem Gatten bereits seit 6 Uhr frühmorgens am Werke. Am Nachmittag bot sowohl Wrights Trikot als auch seine Kopfbemalung die entsprechende Deko, sehr-sehr ansprechend und kunstvoll ausgefeilt! Dennoch hatten sie es dem Anlass entsprechend noch relativ dezent angehen lassen. Da stand mehr das Kunstvolle im Vordergrund, weniger der Schauer und der Schrecken. Womöglich war da auch die Hoffnung, dass Peter auch am Abend noch mitspielen durfte. Eventuell wollten sie da, zumindest Verkleidungs-technisch noch ein Horror-Schippchen drauflegen. Vielleicht mochte man aber auch den Gegner nicht zu sehr durch Äußerlichkeiten erschrecken – das wollte Peter dann mit seinen Würfen aufs Board erledigen. Doch Chris Dobey ist nicht derjenige, der leicht in Angst und Schrecken zu versetzen war. Im Gegenteil, auch der Engländer ein Musterbeispiel an Ruhe und Gelassenheit. Wenn jemand ähnlich aufgeräumt wie „Snakebite“ daherkommt, so ist das Chris Dobey. Nichts scheint ihn irgendwie aus dem Gleichgewicht bringen zu können. Gleiches gilt aber auch für Peter Wright.

Was für ein surrealer Sturmlauf

Peter Wright hatte Michael Smith gestern eine regelrechte Klatsche verpasst. Wobei man aber auch konstatieren muss, dass der amtierende Weltmeister gestern einfach nicht stattfand. Chris Dobey würde ihm diesen Gefallen heute nicht tun, das machte er bereits in den ersten drei Legs deutlich. Bis zum 2:1 für „Snakebite“ hatte jeder seinen Anwurf überzeugend und stabil durchgebracht, dann fand es Peter Wright an der Zeit, schon mal ein Break zu landen und erhöhte auf 3:1. Klar, dass auch Chris Dobey sich daran erinnerte, wie gut er derzeit in Form ist und so servierte er postwendend das Re-Break. 2:3. Was dann folgte, war ein fast surrealer Paradelauf des Schotten: Mit Triple-20, Triple-17, Bullseye die 161 ausgescheckt. 5:2. Mit Triple-19, Triple 19, Bullseye die 164 ausgescheckt. 6:2 Aber auch die Art und Weise wie beständig Peter Wright die 81 herausnahm, war mehr als beeindruckend. Triple-19, Double-12 und es stand 7:2 Selbst im Publikum war es zwischenzeitlich ganz still geworden. Es war, als wenn die Menschen den Atem anhielten, nur um dieses Faszinosum nicht zu stören. Jeder verfolgte gebannt das Geschehen. Nach neun gespielten Legs stand „Snakebite“ auf einem Average von 109, hatte vier 180er geworfen und brillierte mit einer Checkout-Quote von 63,64%. Aber auch Chris Dobey spielte kongeniale 105,48 im Average, hatte bereits vier 180er auf dem Konto und lag trotzdem 2:7 zurück! Im zehnten Leg schaffte es „Hollywood“ endlich, den Lauf des Schotten zu stoppen. 3:7 Nach der Pause verpasste Peter Wright – fast erstaunlicherweise – das nächste High Finish, so dass Chris Dobey, inklusive seiner fünften 180, auch das erste Break erzielte. 4:7.

Es dauerte bis zum zwölften Leg, bis der Halloween-geschmückte Paradiesvogel den ersten Pfeil wirklich mal komplett versemmelte – einfache 1, damit nächstes High Finish verpasst. Dobey nutzte auch diesmal seine Chance, schloss zum 5:7 auf. Nun hatte Chris Dobey seinerseits einen Lauf in Gang gesetzt, dreizehntes Leg, zweites Break für den Engländer: 6:7. Auch Peter Wright hatte nicht wirklich nachgelassen, aber da es Dobey genauso verstand, konsequent durchzumarschieren, hatte man ein Duell auf Augenhöhe, bei dem mal der eine seine Sequenz an Leg-Gewinnen durchzog, mal der andere. Die nächste 180 von Peter Wright hielt Dobey nicht davon ab, das vierzehnte Leg zu holen, damit Ausgleich 7:7. Fünfzehnter Durchgang: nun ließ der Schotte schon des Öfteren den einen oder anderen Leg-Dart aus, somit gelang „Hollywood“ die Führung zum 8:7. Nachdem es lange nach einer absoluten Dominanz von „Snakebite“ aussah, hatte sich nun das Momentum zum Engländer hinüber verzogen. Das Publikum mischte sich wieder ein, versuchte Peter Wright mit aufmunterndem Skandieren seines Namens zu pushen. Es half. Im sechszehnten Leg schaffte er es endlich, den Lauf des Kontrahenten seinerseits zu stoppen: Ausgleich 8:8. Leg 17: Chris Dobey hatte die Chance zum erneuten Break, nutzte sie nicht. Wright löschte die 51, ging damit wieder in Führung: 9:8. Achtzehntes Leg: Chris Dobey mit 260 Punkten auf dem Konto, Peter Wright hatte nur noch die 49 zu Buche stehen. Dobey warf 60 Punkte, stand auf 200. Von 49 Punkten löschte Wright gerade mal 29. Rest 20. Dobey knabberte weitere 96 Punkte vom Konto ab. Und Peter Wright war wieder an der Reihe: Restbestand 20, erzielte Punktzahl: Null! Dobey hatte die 104 da stehen, wird sich geärgert haben, dass er beim vorherigen Anwurf nur ein einziges Triple getroffen hatte, aber natürlich sollte auch die 104 für einen Spieler seiner Güteklasse kein Problem sein. Es war schließlich seine letzte Chance, im Match zu bleiben. Stattdessen biss „Hollywood“ gerade mal 72 Punkte runter und jeder andere Spieler mit größerem Emotions-Haushalt hätte im Anschluss wohl auch ins Darts-Board gebissen, er natürlich nicht. Und auch wenn Peter Wright sieben Matchdarts benötigte, schlussendlich traf er die Doppel-10 und war glücklicher 10:7 Sieger in diesem hochklassigen und ebenso hochdramatischen Match.

Eine eindeutige Angelegenheit! Oder doch nicht?

Das würde spannend werden. Einer, der die großen Gesten liebt, gegen einen, der nichts anderes im Sinn hat, als Pfeile zu werfen. Obwohl Danny Noppert in diesem Turnier bislang ausschließlich Weltklasse-Darts geworfen hatte, konnte Gerwyn Price einigermaßen zuversichtlich ins Match gehen, denn die letzten sieben Duelle gegen seinen heutigen Gegner hat er alle gewonnen. Danny Noppert startete perfekt mit der 180, konnte dann aber in den nächsten Anwürfen nicht nachlegen, während „The Iceman“ zwar „nur“ mit der 100 (der Bouncer bereits abgezogen) ins Match ging, dann aber die 120 und die 140 folgen ließ. Als Price nur noch 56 vor Augen hatte, musste „The Freeze“ sich noch mit der 203 auseinandersetzen. 1:0. Im zweiten Leg hatte Danny Noppert alle Chancen, sein Leg nach Hause zu bringen, doch war er heute noch nicht wirklich in Fahrt gekommen, ließ aus, 2:0 für Gerwyn Price. Der ehemalige Rugby-Spieler mit dem außergewöhnlichen Pfeile-Talent ließ auch heute nichts zu, sein Anwurf war genauso problemlos eingetütet wie das nächste Break: 4:0.

Im ersten Spielsegment war der Niederländer definitiv unter die walisischen Räder geraten und so stand es zur Pause 5:0. 106 im Average, 50% Checkout-Quote – Gerwyn Price meldete seine Ansprüche auf den Titel an. Sechstes Leg: die zweite 180 für Danny Noppert. Auf der anderen Seite die Möglichkeit auf den „Big Fish“ für Gerwyn Price. Kein „Anglerglück“, die 25 blieb stehen, so dass der Niederländer noch die Möglichkeit hatte, die 121 zu löschen und mal seinerseits ein kleines Zeichen zu setzen. Doch auch bei Noppert war es das Bullseye, das dies zu verhindern wusste. Klar, dass Price am heutigen Tag kein zweites Mal daneben warf. 6:0. „The Freeze“ hatte heute einen absolut gebrauchten Tag erwischt, musste nicht nur zur Kenntnis nehmen, wie zahlreiche seiner Pfeile dem Board wieder entfleuchten und als Bouncer auf dem Boden landeten, sondern er musste auch zusehen, wie der Waliser auch noch auf 7:0 davonzog.

Es drohte der „White Wash“

In 16 Jahren Europameisterschaft hatte es über diese Distanz noch nie einen „White Wash“ gegeben. Ausgerechnet der Mann, der dieses Jahr den 16. und einzigen „White Wash“ über die Best-of-11-Legs-Distanz gespielt hatte, musste nun befürchten, selbst Opfer dieser Demütigung zu werden. Das galt es erstmal zu verhindern. Gesagt, getan – nach dem achten Leg war auch der Niederländer auf der Scoring Tafel angelangt. 1:7. Und nachdem die erniedrigende Null endlich verschwunden war und auch der Gegner mit seinem Power-Play etwas nachließ, schien es, als wenn Danny Noppert seine Freude am Leg-gewinnen wiederentdeckt hätte. Die nächsten zwei Legs waren kein Spaziergang, aber relativ solide abgeräumt. 3:7. So eindeutig wie das Zwischenergebnis waren die durchschnittlichen Zahlen keineswegs. Noppert wies zum Zeitpunkt der zweiten Pause immerhin einen Average von 95,45 auf, was nicht gravierend unter dem von Gerwyn Price lag, der bis dahin im Durchschnitt 99,02 gespielt hatte. Im elften Leg bescherte „The Iceman“ mal wieder ein Highlight: acht perfekte Darts, bevor der neunte das Zielsegment verweigerte. Es war der zweite 8-Darter an diesem Wochenende und ähnlich wie Krzysztof Ratajski, benötigte auch Price letztendlich zwölf Darts zum Leg-Gewinn. Jammern auf hohem Niveau – und damit stand es 8:4. Und während man annehmen musste, dass es gleich 9:4 stehen würde, schaffte es Price nicht, die 80 zu checken. Noppert machte es besser, löschte die 56 und dann stand es 5:8. Noch überzeugender spielte der Niederländer gar in Leg 14. Diesmal war es Gerwyn Price, der noch 229 vor der Brust hatte, während Danny Noppert die 50 ausmachte. 6:8.

Der fünfzehnte Durchgang von beiden Spielern ein grandioses Leg auf Augenhöhe mit dem besseren Ende für „The Freeze“. 7:8 Auch in Leg 16 spielten beide auf höchstem Niveau, mit einem wesentlichen Unterschied: der Niederländer spielte das auch zu Ende, während Price unmittelbar vor dem Checkout offensichtlich in den Standby-Modus schaltete. Damit schaffte Noppert das eigentlich Unmögliche in diesem Spiel, den Ausgleich zum 8:8. Und als Noppert dann im siebzehnten Durchgang auch noch die 124 mit Triple-20, 14, Bullseye auscheckte, war Gerwyn Price sichtbar bedient. 9:8, man muss es betonen: für Danny Noppert! Es schien, als hätte sich Price spätestens nach diesem Leg bereits verabschiedet und geistig auf den Heimweg nach Wales gemacht. Nurmehr körperlich präsent, absolvierte er das Restprogramm. Vermutlich auch ein Novum in der Geschichte, nämlich in der Geschichte des „Iceman“: Gerwyn Price spielte ein komplettes Leg ohne ein einziges Triple-Feld zu treffen. Und so stand er denn auch noch auf der 237 als der niederländische Kontrahent seinen ersten Matchdart verwandelte. Die Double-18 getroffen und die größte Comeback-Sensation in der Geschichte der European Darts Championship war vollendet. Nach 0:7 Rückstand gewinnt Danny Noppert noch mit 10:8. Der Begriff „Wahnsinn“ hatte heute eine neue Bedeutung erhalten. Kurzer Blick auf die Zahlen: „The Freeze“ hatte am Ende einen Average von 101,3 aufzuweisen, Gerwyn Price hatte sich auf 96,92 herunter katapultiert. Die Checkout Quote von Noppert betrug inzwischen 50%, während der Waliser auf 33,33 abgerutscht war. Bleibt nur noch eines zu sagen:

„DANKE, Danny Noppert!“

Keine Ahnung, wie man das noch irgendwie toppen konnte, eigentlich gar nicht möglich. Die nächsten beiden wollten es zumindest versuchen. Drittes Match der Nachmittagssession und es wartete: Luke Humphries gegen James Wade – auch dieses Duell hatten wir doch erst vor kurzem. Wir erinnern uns: Hildesheim, dritte Runde, als „Cool Hand“ Luke seinem Landsmann, der bis dahin erstklassig unterwegs gewesen war, einen relativ überraschenden 6:0 „White Wash“ aufs Auge gedrückt hatte. Aber auch James Wade hat in der gestrigen Achtelfinalrunde seinen Gegner, José de Sousa einfach weginhaliert. Also zwei Akteure, die derzeit beide in der Lage sind, mit ihren Kontrahenten mal eben und auf die Schnelle kurzen Prozess zu machen. Viel Respekt, Wertschätzung und Vorschusslorbeeren präsentierte Luke Humphries seinem heutigen Gegner bereits im Vorfeld, als er betonte: „James Wade wird nicht unterschätzt, sondern zu wenig geschätzt!“ Für Luke ist Wade einer der „Top-5-Player-of-all-times” Wir hatten lange darüber gesprochen, dass „The Machine“ mittlerweile aus den Top-16 herausgefallen war, still und leise hat er sich aber mittlerweile an Ryan Searle vorbeigedrückt und ist auf der Rangliste schon wieder auf Platz 15 zurückgeschlichen.

„The Machine“ marschiert

Luke Humphries hatte das Ausbullen gewonnen und startete das Match auch mit Leg-Gewinn. 1:0. Bereits im zweiten Durchgang und selbst wenn es nur der eigene Anwurf war, machte aber auch James Wade deutlich, dass mit ihm heute abermals zu rechnen war. Mit beständig starkem Scoring holte er sich sein Leg und im Anschluss auch das seines Gegners und ging 2:1 in Führung. Für ein Break war natürlich auch Humphries jederzeit gut, Re-Break zum 2:2. Im fünften Durchgang deutete „Cool Hand“ Luke dann spätestens an, dass er heute noch nicht so richtig in Fahrt gekommen war, indem seine Pfeile zahlreiche Triple-Segmente ignorierten. Das ermöglichte Wade das neuerliche Break zum 3:2. Humphries hatte sich die letzten Tage des Öfteren auf zwischenzeitlichen Wegabweichungen befunden, doch bislang war er dann auch immer wieder rechtzeitig zurück in der Spur. „The Machine“ hatte jedoch heute wieder einen Sahnetag erwischt, an dem ihm das konsequente Gewinnen der Legs einfach nur Freude bereitete und so malträtierte er nach der ersten Pause erstmal ordentlich verschiedene Triple-Felder, bevor er gnadenlos die 124 (20, T18, Bullseye) abräumte. 4:2. Im siebten Leg dann endlich auch das erste High Finish von Luke Humphries. Die 158 löschte er mit Triple-20, Triple-20, Double-19. Anschluss zum 3:4. Das konnte einen James Wade freilich nicht erschrecken, souverän die 78 gecheckt, ging er 5:3 in Führung.

Doch auch wenn Humphries heute bei weitem kein Feuerwerk abbrannte, wusste er, wie man sich die Momente rauspickt. Mit Triple-20, 8, Double-4 löschte auch er die 76, wohlwissend, dass sein Gegner, ein Großmeister der Doppel-10, ihm mit einem Restbetrag von 30 ganz knapp auf den Fersen stand. 4:5. Aber Wade mochte heute keinen einzigen Leg-Dart verschenken, das 6:4 war nur folgerichtig. Weiterhin mit einem Break vorne, musste James Wade rein theoretisch nur seinen Vorsprung verwalten. Praktisch holte sich „Cool Hand“ Luke nach der Pause wenig überraschend erst einmal seinen Anwurf. 5:6. Und weil Wade heute so gut wie keinen Wurf auf Doppel ausließ, war auch das 7:5 nur Formsache. Brillant hingegen schon wieder wie der ehemalige Automechaniker aus dem englischen Aldershot / Hampshire, die 121 im dreizehnten Durchgang ausmachte. Mit Triple-20, 11 und Bullseye holte er sich das 8:5. Und obwohl er in Leg 14 drei Leg-Darts benötigte, baute „The Machine“ im nächsten Durchgang seinen Vorsprung auf 9:5 aus. Es passte zum Matchverlauf und vor allem passte es an diesem Nachmittag zu James Wade, dass er das fünfzehnte Leg mit einem High Finish beendete. Mit 20, Triple-20 und Double-12 war die 104 ausradiert und der Sieg besiegelt. Luke Humphries hatte es vorher gesagt: er hat viel Hochachtung vor James Wade und würde das Spiel auf keinen Fall auf die leichte Schulter nehmen. „The Machine“ könne jeden schlagen, natürlich auch ihn. Auch wenn er es so nicht wollte, sollte er recht behalten. Auch Wade hatte nach dem Match viel Lob und anerkennende Worte für seinen Kontrahenten übrig. Und er bezeichnete Luke Humphries als „tickende Zeitbombe“ im Hinblick darauf, dass dieser in naher Zukunft zweifelsohne zahllose Turniere gewinnen wird. James Wade werden wir im Halbfinale wiedersehen.

Die Sensationen wollen kein Ende nehmen

Nachdem Michael van Gerwen gestern den einen Youngster rausgehauen hatte, ausgerechnet unseren Darts-Star, Ricardo Pietreczko, wollte er sich heute den nächsten zur Brust nehmen: Gian van Veen. Der Rookie, der hier sein Debüt bei der EM gibt, hatte allerdings in den Vorrunden gezeigt, dass er es mit jedem aufnimmt und dabei trotzdem immer ruhig und gelassen bleibt. Dieses Viertelfinale also rein niederländisch. Gian van Veen zeigte auch in diesem Duell, dass er zwar extrem hohen Respekt, aber Null Angst vor dem großen Namen Michael van Gerwen hatte. Unbeeindruckt startete der Shooting Star erstmal mit Break zum 1:0, bevor er im zweiten Leg auch die erste 180 des Matches ablieferte. Folgerichtig holte er sich dann auch sein Leg. 2:0 Natürlich noch kein Thema für „Mighty Mike“, der Anschluss zum 1:2 war schnell hergestellt. Doch van Veen agierte weiter wie an der Schnur gezogen, nahm sich sein Leg zum 3:1 und nachdem sein Landsmann im fünften Durchgang sagenhafte fünf Leg-Darts am Ziel vorbeipfefferte, holte er sich auch das nächste Break. Es ging 4:1 für den jüngeren der beiden Niederländer in die Pause. Leicht kurios, der Start nach der Pause: Gian van Veen war pünktlich zurück. Wer fehlte, war sein Kontrahent. Irritiert blickte „The Giant“ immer wieder zum Seitenausgang. Gut, auf einen viermaligen Europameister kann man auch mal ein bisschen länger warten, aber seltsam wirkte es schon. Dann, gefühlte fünfzig Probewürfe später, kam Michael in gemäßigtem Tempo zurück auf die Bühne. Ein kurzer Schulterklopfer signalisierte die Entschuldigung und weiter ging es. Dann die absolute Pflicht: zwei Breaks hinten, holte sich van Gerwen seinen Anwurf zum 2:5. GVV ließ seinerseits nicht locker, 6:2. Lag hier die nächste Sensation in der Luft?

Ein Niederländer war ja bereits im Halbfinale, ein weiterer würde definitiv folgen

Doch welcher war zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar. Stand jetzt, hatte van Veen die größeren Chancen. Doch gegenüber befand sich ja immer noch Michael van Gerwen. Den durfte man nie und niemals abschreiben. Jetzt Schritt für Schritt – den Anfang machte MvG mit dem 3:6. Der Nachwuchsspieler ließ allerdings partout nicht locker, mit perfektem Set-up-Shot und anschließend fehlerfreiem Checkout ging er 7:3 in Führung. Van Gerwen würde eine letzte Denkpause erhalten, in der er sich schnellstmöglich neu kalibrieren musste, um dem Rückstand von vier Legs noch Herr zu werden. Gegen einen solch furios aufspielenden Gegner eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, selbst für einen, der schon so lange das Maß aller Dinge ist. Auch aus dieser Pause kam Michael verspätet zurück. Es wurde gemutmaßt, dass dies Kalkül sei, was ich selbst nie und nimmer glaube. Van Gerwen ist zu sehr Sportsmann, zu professionell und zu sehr Fair-Player, als dass er diese Spielchen nötig hätte. Für mich einer der besten Verlierer des Sports, unabhängig davon, wie groß sein Ärger und seine Abneigung gegenüber dem „Verlieren“ natürlich ist. Auf jeden Fall denke ich, dass da andere Probleme, eventuell körperlicher Natur eine Rolle spielten.

In den nächsten beiden Legs holte wiederum jeder seinen Anwurf: 8:4 für van Veen. Im dreizehnten Durchgang Chance für Gian van Veen auf das Break. Die Möglichkeit ließ er aus, der Landsmann holte sich doch noch sein Leg. Es war ein Geschenk des Youngsters, dennoch muss der Akteur immer noch selber auschecken. 5:8. Man merkte ganz eindeutig, dass bei Michael heute etwas ganz arg im Argen lag. Das konnte man allein daran feststellen, dass es bis zum vierzehnten Leg dauerte, bis van Gerwen seine erste 180 warf. Dies hielt „The Giant“ jedoch nicht davon ab, mit dem High Finish von 116 (T20, 20, D18) das Leg zu beenden. 9:5 Neuer Versuch in Leg 15: nochmal startete van Gerwen mit der 180. Und da er umgehend die 171 folgen ließ, glaubte man für einen kurzen Moment, MvG sei zurück. Doch der Schein trog. Von der 150 knapste er mühsam weitere 64 Punkte ab. Hier hatte van Gerwen noch das Glück, dass sein Gegner in diesem Durchgang eine seiner höchst seltenen Power-Pausen eingelegt hatte und weiterhin 275 zurücklag. Daher hatte Michael ausreichend Zeit, die restlichen 86 rauszunehmen und zumindest nochmal auf 6:9 zu stellen. Leg 16 sollte dann aber wirklich die Entscheidung bringen: „Mighty Mike“ heute alles andere als „almighty“, brachte in diesem Durchgang teilweise sehr gute Darts ans Board, streute aber auch regelmäßig Aussetzer ein. Anders der Mann gegenüber. Mit unglaublicher Konstanz donnerte van Veen erst drei aufeinanderfolgende 100er in die Scheibe und ließ dem eine 125 folgen. Bei 60 Restbetrag funkten dann doch mal ein paar Nerven dazwischen, aber die Einmischung war nicht gravierend genug, als dass sie ihn noch davon abgehalten hätte, die Sensation perfekt zu machen. 10:6 für den Rookie gegen den Superstar.

Natürlich soll das van Veens Leistung in keiner Weise mindern, aber den eigentlichen Michael van Gerwen haben wir heute nicht gesehen. Trotzdem musste der junge EM-Debütant sein Spiel selber nach Hause bringen. Und wie er das auf Weltklasse-Niveau bewerkstelligt hat, war außerordentlich. Mit Gian van Veen hat die Niederlande nicht nur einen weiteren Teilnehmer im EM Halbfinale, sondern auch einen kommenden Champion in ihren Reihen, das steht außer Frage. Gratulation an den Newcomer.

Die Spiele der Nachmittagssession haben uns bereits sämtliche Nerven gekostet. Wir haben fast ausschließlich sensationelle Matches erlebt, mit zum Teil historischen Ausmaßen. Daher schnell in die Pause, damit wir auch den Abend noch durchstehen. Ab 19 Uhr geht es weiter mit den Halbfinals.

European Championship


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