European Darts Championship – die Halbfinals mit einem Engländer, einem Schotten und zwei Niederländern
Die Viertelfinals hatten sprachlos gemacht, die Halbfinalpaarungen wurden dementsprechend mit allerhöchster Spannung erwartet. Im Halbfinale wurden nochmal zwei Legs drauf gepackt, somit im Best-of-21-Legs Modus gespielt. Natürlich musste nicht der Sieger zwei weitere Leg-Gewinne einstreichen, sondern es genügte eine Zugabe, d.h. elf Legs auf dem Konto und man war im Finale.
Danny Noppert gegen Peter Wright, die erste Partie versprach bereits 1A-Extra-Klasse. Der Niederländer hatte am Nachmittag den ehemaligen Weltmeister Gerwyn Price, der nicht dafür bekannt ist, dass er sich noch abfangen lässt, nach Rückstand 0:7 bzw. 3:8 mit 10:8 besiegt. Nopperts Motto lautet: „Never give up!“ – heute hatte man verstanden, was damit gemeint war. Auch Peter Wright hatte im Viertelfinale, passend zu seinem Halloween-Outfit, teilweise monströses Power-Darts hingelegt. Als der Schotte am Abend zum zweiten Mal an diesem Sonntag den Saal betrat, durfte man einmal mehr wahrnehmen, welch unglaublich hohe Beliebtheit „Snakebite“ genießt. Die Peter-Wright-Fangesänge sollten den ganzen Abend nicht verklingen. Und warum auch, zum einen bietet er hohen Unterhaltungswert, vor allem jedoch spielt er wieder unfassbar großartiges Darts. In den ersten beiden Legs alles in der Reihe, jeder holte sich seinen Anwurf. 1:1. Das dritte Leg ging dank „Shanghai Finish“ an den Niederländer, der im Anschluss das Break auch verteidigte und somit 3:1 in Führung lag. Der zweimalige Weltmeister wusste, es war nicht ratsam ein zweites Break zuzulassen und holte sich den Anschluss zum 2:3.
Nach der Pause bewies „The Freeze“, dass er heute anscheinend eine besondere Vorliebe für „Shanghai“ hatte. Abermals checkte er die 120, abermals zum Break, 4:2. Das dritte High Finish des Matches lieferte dann aber der Schotte: Triple-20, Triple-20, Double-8 und Peter hatte die 136 gescheckt. 3:4. Damit war „Snakebite“ ins Rollen gekommen. Achtes Leg, die 100 ward gelöscht und Wright glich zum 4:4 aus. Doch auch Danny Noppert hatte wieder Lust aufs Breaken: die 90 stand zu Buche, auch sein Gegner wäre bereit gewesen, mit der nächsten Aufnahme, die 80 zu löschen. Mit dem ersten Pfeil traf der Niederländer nur die einfache 20. Kein Problem, denn der zweite saß in der Triple-20. Unerschrocken zielte Noppert auf die Double-5. Erledigt. 5:4. Noch eine Schippe legte er in Leg 10 drauf: wieder begann er die letzte Aufnahme mit der einfachen 20, ließ diesmal die Triple-18 und die Double-18 folgen und die 110 war ausradiert. 6:4.
Das elfte Leg relativ im Gleichschritt runtergespielt, konnte Peter Wright den Vorteil des Anwurfs nutzen. 5:6. Beide im Average nah beieinander, Noppert bei 99,93, Wright gar bei 101,25 war es bis zu diesem Zeitpunkt die Checkout-Quote, die den wesentlichen Unterschied machte. Der Schotte hatte da ja schon geniale 62,5 aufzuweisen, aber Nopperts 85,71 waren einfach nicht von dieser Welt. „Snakebite“ trumpfte immer wieder mit brillanten Shots auf, doch Danny Noppert hatte einfach auf alles eine Antwort, zeigte sogar gelegentlich ein spitzbübisches Grinsen nach den Aufnahmen. Er, der sonst immer zu hundert Prozent im Tunnel ist und keinerlei Gesichtsregung offenbart. Leg 12 und die nächste Glanzleistung des Niederländers: Triple-20, Triple-17, Double-16 und die 143 war gecheckt. 7:5. Danny Noppert schien „unstoppable“, im besten Sinne des Wortes. Der dreizehnte Durchgang, das nächste Break und „The Freeze“ ging 8:5 in Führung.
Immer auf das eigene Spiel vertrauend
Aber ein Peter Wright in dieser Form weiß immer, wie man dazwischen grätschen kann, holte sich das Re-Break zum 6:8. Im nächsten Leg hatte er Anwurf, startete mit 180, 140 und 149. Gut, für die letzten 32 Punkte brauchte er ganze acht Leg-Darts, doch da Danny Noppert inzwischen abrupt abreißen ließ, weil er plötzlich die Triple-Felder nicht mehr fand, konnte sich „Snakebite“ die sieben „Fahrkarten“ locker leisten und mit dem achten Pfeil endlich das „Madhouse“ verlassen. 7:8. Im sechszehnten Leg hatte Danny Noppert dann endlich mal wieder die Triple-Felder für sich entdeckt, begann mit zwei Mal hintereinander 140. Antwort von Peter Wright: drei Mal hintereinander die 140. Trotzdem war die Ausgangssituation für beide fast identisch: der Schotte stand auf der 25, bei Noppert residierte die 36. „The Freeze“ war an der Reihe: er warf 18, 9, 20. „No Score!“ Peter Wright sagte Danke, checkte die 25 und glich aus zum 8:8.
Fortan waren dem Niederländer abermals die Triple-Segmente verlustig gegangen. Ganz anders die Zielsicherheit von Peter Wright – der traf mittlerweile so ziemlich alles, was er anpeilte. 9:8 Führung für den Schotten. Das Bild hatte sich komplett verkehrt, denn nun war es Wright, der auf alles eine Antwort parat hatte. Leg 18 strich er souverän ein. 10:8. Man spürte, es konnte nicht mehr allzu lange dauern. Danny Noppert hatte zu massiv abgebaut, um dem Spiel seines Gegners noch etwas entgegensetzen zu können. Der wiederum hatte einmal mehr Geduld bewiesen, die Hochphase seines Kontrahenten geduldig „ausgesessen“, das Nötigste getan, um derweil nicht zu sehr in Rückstand zu geraten und sich sogar damit abgefunden, dass sich das Triple-1 Segment heute häufig in sein Spiel einmischte. Und in der Schlussphase, als es darauf ankam, vermochte er gleich mehrere Gänge nach oben zu schalten. Leg 19 begann Wright mit 180, dann die 140 und der Rest war Formsache. Interessant noch sein Weg, um die 18 zu löschen: Double-2, Double-7. Man gönnt sich ja sonst nichts! 11:8 Sieg für Peter Wright, in einem Match, in dem Danny Noppert über einen langen Zeitraum grandioses Darts ablieferte, zeitweilig den Gegner sogar mehr oder minder in Griff hatte, doch in der Schlussphase nicht mehr mithalten konnte. Trotzdem ein grandioser Spieltag für den Niederländer. Aber der erste Finalist hieß Peter Wright und nach dieser Performance konnte man nur sagen, zurecht.
Der Debütant mit der besonderen Dynamik
Dann der nächste Kracher: James Wade gegen Gian van Veen. Damit war also der zweite Niederländer am Start und der legte gleich mal mit Expressantrieb los. Nachdem „The Machine“ das erste Leg, es war sein Anwurf, noch locker eingestrichen hatte, zündete Gian van Veen den Turbo. Mit geballter Scoring-Power und unglaublicher Treffsicherheit strich der EM-Debütant fünf Legs hintereinander ein und ging binnen Minuten 5:1 in Führung. Man rieb sich ungläubig die Augen, denn wie eine gigantische Lawine hatte „The Giant“ den Engländer erstmal gnadenlos überrollt. Im siebten Leg packte Wade dann zwei Mal hintereinander die 180 aus und hatte damit das Rezept zum Leg-Gewinn entdeckt. 2:5. „Legs zu gewinnen macht Spaß“, befand nun auch James Wade und holte sich Durchgang 8 und 9. Wobei er im neunten Leg mit Triple-20, 17, Bullseye die 127 checkte und damit auch mal ein markanteres Zeichen zu setzen in der Lage war. Im zehnten Leg war dann vorerst Schluss mit Lustig für den Engländer, denn Gian van Veen, dem zwischenzeitlich die Triple-Felder abhandengekommen waren, hatte diese mittlerweile wieder in Besitz genommen und stoppte den Lauf des Kontrahenten. 6:4. Elfter Durchgang: „The Machine“ war wieder da, hielt seinen Anwurf und es stand 5:6. Im zwölften Leg dann drei fabelhafte 180er in Folge für James Wade, gefolgt von der 19, Triple-12, Double-13 und er hatte auch die verbliebenen 81 Punkte gelöscht. Damit Ausgleich zum 6:6.
Das war die gute Nachricht für den Engländer, die schlechte war, dass er sich offensichtlich eine Fußverletzung zugezogen hatte. Er konnte wohl kaum noch auftreten. Und so dauerte es nicht einmal ein Leg und Gian van Veen hatte sich den Breakvorsprung zurückgeholt. 7:6. Der Niederländer begann das vierzehnte Leg mit der 180, spielte es konsequent zu Ende und es stand 8:6. Wieder musste Wade einem Vorsprung von zwei Legs nachrennen. Doch rennen war ganz offensichtlich nicht mehr drin für den Engländer. So hinkte er (metaphorisch und buchstäblich) dem Abstand hinterher, schaffte trotzdem den Anschluss zum 7:8. Der Niederländer baute seinen Vorsprung auf 9:7 aus, Wade humpelte hintendrein zum 8:9.
Dem einen schmerzt der Fuß, beim anderen wird der Arm immer schwerer
Leg 18: Gian van Veen zeigte abermals Probleme mit den Triple-Feldern. Zum ersten Mal seit Beginn des Turniers konnte man feststellen, „The Giant“ kann richtig wütend werden. Mit eindeutigen Reaktionen registrierte der Youngster, dass die Distanz doch ungewohnt lang war, um auf dem arrivierten Weltklasse-Level durchzuhalten, es der Erfahrung etablierter Gegner gleichzutun und so wurde auch der Arm immer schwerer. Beim Routinier James Wade waren freilich keinerlei Fragen offen, wie er mit den Umständen eines Major-Halbfinales umgehen würde. Und so räumte er konsequent erst Leg 19 ab und auch wenn er im zwanzigsten Durchgang fünf Matchdarts benötigte, schlussendlich sogar die Doppel-2 checken musste, hatte man nicht das Gefühl, der Engländer wäre nicht in der Lage gewesen, nötigenfalls auch noch eine Schippe drauf zu legen. Das war jedoch nicht notwendig und so zog er mit 11:9 relativ sicher ins Finale ein.
Nach ganz kurzer Pause gleich das Finale: Peter Wright gegen James Wade