Wright verspielt gegen Ross Smith eine haushohe Führung
Wer einen Blick auf die Viertelfinalisten der European Darts Championship 2022 wirft, wird feststellen, dass mit Peter Wright nur noch ein einziger ehemaliger Turniersieger im Rennen war. Sechs der acht heute angetrendenden Spieler haben bislang sogar noch überhaupt keinen Major-Titel gewonnen. Eröffnet wurde der letzte Turniertag in der Dortmunder Westfalenhalle von den beiden Niederländern Danny Noppert und Dirk van Duijvenbode. Danach trafen Luke Humphries und Michael Smith sowie Chris Dobey und Dave Chisnall aufeinander. Das letzte Halbfinalticket wurde schließlich zwischen Peter Wright und Ross Smith ausgefochten. Gespielt wurde unverändert zu gestern über die Distanz „Best of 19 Legs“.
Niederländisches Duell geht klar an van Duijvenbode
Nachdem Danny Noppert bereits gestern mit Vincent van der Voort einen Niederländer aus dem Weg geräumt hatte, musste er nun gegen den nächsten Landsmann antreten: Dirk van Duijvenbode wartete auf den UK Open-Champion. Im ersten Leg des Tages setzte van Duijvenbode drei Breakdarts in den Sand, sodass er sich für sein erstes Erfolgserlebnis noch ein wenig gedulden musste. Unmittelbar danach gelang dem „Titan“ dann auch das erste Break. Noppert schlug per 14-Darter sofort zurück, profitierte dann erneut von zwei Patzern seines Konkurrenten und nahm einen knappen 3:2-Vorsprung mit in die erste Unterbrechung.
Im Anschluss daran schaltete van Duijvenbode mindestens einen Gang höher, zudem präsentierte er sich jetzt deutlich sicherer auf den Doppelfeldern. Mit 14, 11 und 16 Darts sicherte er sich zügig drei Legs hintereinander. Van Duijvenbode blieb weiter am Drücker und holte sich durch ein 93er-Finish via 19, Doppel-19 und Doppel-18 ein weiteres Break. Noppert blieb in dieser Phase nur die Zuschauerrolle. Im zehnten Durchgang vergab er zudem eine Chance, um den Lauf seinen Gegners zu stoppen. So holte sich van Duijvenbode auch das fünfte Leg dieser Session und führte folglich mit 7:3. Auch nach der zweiten Pause lief das Spiel nur in eine Richtung. „The Freeze“ jagte erst vier Darts am Doppelring vorbei, wenige Minuten später musste er einen 12-Darter des Gegners über sich ergehen lassen. Das einzige ihm jetzt noch fehlende Leg tütete van Duijvenbode, ohne weitere Zeit zu verlieren, mit einem starken 11-Darter ein. Das erste Viertelfinale entschied van Duijvenbode klar und deutlich mit 10:3 für sich, dabei spielte er einen Average jenseits von 104 Punkten.
Michael Smith präsentiert sich in Dortmund weiter in guter Form
Im bislang besten Spiels des Turniers hatte Michael Smith gestern gegen den hochtalentierten Josh Rock gewonnen. Auf diese starke Leistung wollte der „Bully Boy“ nun gegen die Nummer eins der European Tour Luke Humphries aufbauen. Beide Profis erlebten einen guten Start und verteidigten ihren jeweils ersten Anwurf mühelos. Danach setzte Humphries die erste Duftmarke: ein 92er-Finish über 20 und zweimal Doppel-18 brachte ihm das Break ein. Smith verpasste die direkte Antwort, weil er drei Darts über seine favorisierte Doppel-20 gejagt hatte. Umso wichtiger aus seiner Sicht war daher das 135er-Bullfinish, mit dem der „Bully Boy“ seinen Rückstand pünktlich zur Pause auf 2:3 verringerte.
Durch ein 74er-Finish hielt Humphries seinen Gegner einige Minuten später auf Abstand, Smith blieb ihm mit einem 13-Darter zunächst auf den Fersen. Wie zuvor auch zog Humphries durch das gewonnene achte Leg wieder davon, diesmal gelang „Cool Hand Luke“ durch ein 79er-Finish im Anschluss daran aber auch ein Break. Smith hatte die passende Antwort parat, er konterte per 13-Darter und blieb mit dem 4:6 in Reichweite. Die ersten drei Legs nach der Unterbrechung wurden allesamt mit dem Anwurf gewonnen, sodass Humphries wiederum knapp vorne lag. Nun leistete sich der Weltranglistenneunte jedoch einen seltenen Patzer: zwei seiner Pfeile verfehlten die anvisierten Doppelfelder. Smith nutzte das zu seinen Gunsten, stellte durch das erzielte Break auf 7:7 und holte zum Endspurt aus. Durch einen 14-Darter gewann der Weltranglistenvierte ein drittes Leg nacheinander, mit einem noch stärkeren 12-Darter ging er den vorletzten Schritt. Einen besonderen Moment hatte sich Smith bis ganz zum Schluss aufgehoben: das 148er-Finish beendete diese Partie. Michael Smith zog nach dem 10:7-Erfolg in die Vorschlussrunde ein.
Nach dem 5:5 zieht Dobey davon
Danach marschierten Chris Dobey und Dave Chisnall auf die Bühne der Westfalenhalle – für beide ging es darum, erstmals das Halbfinale der Europameisterschaft zu erreichen. „Hollywood“ legte fulminant los, mit 13 und 12 Darts sicherte er sich in Windeseile die ersten beiden Legs. Nach einem 14-Darter durfte auch Chisnall erstmals jubeln, Dobey produzierte allerdings das sofortige Rebreak und zog wieder davon. Die Antwort von „Chizzy“ konnte sich aber sehen lassen: er begeisterte die Zuschauer mit einem 167er-Finish und verkürzte auf 2:3. Nach der Pause ließ Chisnall nicht locker. Er machte nacheinander 72 sowie 110 Punkte aus und hatte die Partie damit vorerst gedreht. Mit zwei Fehlwürfen auf der Doppel-20 stoppte sich „Chizzy“ anschließend aber selbst. Dobey bedankte sich mit dem Break und legte einen starken 11-Darter hinterher, danach unterliefen ihm aber gleich vier Fehlwürfe auf die Doppel. Chisnall rettete seinen eigenen Anwurf auf der Doppel-19 und nahm ein 5:5 mit in die zweite Pause.
Dobey kehrte hervorragend auf die Bühne zurück. Durch einen 13- sowie einen 11-Darter verschaffte er sich wiederum einen Vorsprung, den Chisnall mit einem 14-Darter reduzierte. Von diesem Break gegen sich ließ sich Dobey nicht aus dem Konzept bringen, er antwortete ohne zu Zögern mit einem 12-Darter. Anschließend überstand Dobey einen brenzligen Moment unbeschadet: Chisnall hatte ein 161er-Checkout nur knapp verpasst. „Hollywood“ war selbst per 14-Darter erfolgreich und damit nur noch ein einziges Leg von der Ziellinie entfernt. „Chizzy“ überlebte den ersten Matchdart und brachte noch ein Leg auf seine Seite, was aber keine weiteren Auswirkungen auf den Ausgang der Begegnung hatte. Mit einem starken 11-Darter machte Dobey den Deckel drauf, beim 10:7-Sieg überzeugte er mit einem Average von fast 105 Punkten.
Abgeschlossen wurde die Runde der letzten Acht mit dem Duell zwischen Peter Wright und Ross Smith. Um auch nach dem Turnier noch die Nummer eins der Welt zu bleiben, musste Wright diese Partie für sich entscheiden. Der amtierende Weltmeister erlebte den eindeutig besseren Start ins Match, unter anderem mit einem 13-Darter sammelte er die ersten drei Legs ein. Erst danach erarbeitete sich Smith den ersten Versuch auf Doppel, sein Pfeil landete jedoch neben der Doppel-18. Nachdem Wright wenig später zwei eigene Chancen zum 5:0 vergeben hatte, war Smith mit einem 66er-Finish erfolgreich. Nach der ersten Pause knüpfte Ross Smith an sein erstes Erfolgserlebnis an. Er holte sich auch die beiden darauffolgenden Legs und verkürzte bis auf 3:4. Wright spürte, dass er nun gefordert war, und legte in den folgenden Minuten einen Zahn zu. Er stellte zunächst den vorherigen Abstand wieder her und zeigte danach mit einem 14- sowie einem 12-Darter sein Können – zur zweiten Pause befand sich Wright scheinbar komfortabel mit 7:3 in Front.
Wenige Minuten später kam Wright dem Sieg noch ein Stück näher, gegen den 13-Darter konnte sein Gegner nichts ausrichten. Im nächsten Leg spielte sich eine im Rückblick auf dieses Match zentrale Szene ab: Wright setzte sechs Darts zur potenziell endgültigen Vorentscheidung an den anvisierten Doppelfeldern vorbei. Der „Smudger“ rettete sein Anwurfleg auf der Doppel-20, spielte im Anschluss daran zwei 15-Darter nacheinander und lag plötzlich nur noch mit 6:8 hinten. Bei Wright lief kaum noch etwas zusammen, er verfehlte jetzt drei weitere Doppelfelder und ermöglichte Smith das nächste Break. Der Engländer war nun klar im Aufwind, machte kurz darauf 94 Punkte auf dem Bullseye aus und hatte zum 8:8 ausgeglichen. Mit einem 13-Darter ging Smith den vorletzten Schritt, der in der Doppel-8 verwandelte dritte Matchdart vollendete schließlich das Comeback. Ross Smith drehte den 3:8-Rückstand in den 10:8-Sieg und erreichte durch die unfassbare Aufholjagd zum ersten Mal in seiner Karriere das Halbfinale bei einem Major-Turnier. Durch die Pleite verliert Wright seine Position als Weltranglistenerster wieder an Gerwyn Price. Außerdem steht bereits fest: die European Darts Championship werden einen Premierensieger erleben.