World Cup of Darts 2024: “No Scotland, No Party” – England als Party Crasher
Und schon ging es weiter mit den Halbfinals, John Part hatte am Abend deutlich gemacht, dass er die Qualität der Achtelfinals weit mehr mochte, als die der Viertelfinals. Zunächst trat Belgien gegen Österreich an, d.h. Dimitri Van den Bergh und Kim Huybrechts gegen Mensur Suljovic und Rowby-John Rodriguez. Es war nie hundertprozentig voraussehbar, wie hochklassig ein Match werden würde, aber dass es in diesem Fall ein unterhaltsames Spiel würde, das war so gut wie gesichert.
Mensur Suljovic war derjenige, der oben auf der Bühne am schnellsten in seinen Tunnel verschwand, er drehte sich von „Freund und Feind“ ab, wollte sich von nichts und niemandem aus der Konzentration bringen lassen. Man sah ihm an, wie wichtig ihm dieses Spiel war. Noch ein letztes Mal vor dem Finale galt der Best-of-15-Legs Modus, und dann startete das Match. Belgien hatte das Ausbullen gewonnen, servierte sich im ersten Durchgang die 180 als Set-up-Shot, das 1:0 war kein Problem. Auch wenn das „Shanghai Finish“ knapp misslang, zog Österreich im zweiten Durchgang nach, sowohl mit der 180 als auch mit dem Leggewinn, 1:1. Belgien war zu diesem Zeitpunkt solide im Schwung, im dritten Durchgang genügten den Spielern aus Antwerpen 14 Würfe, um das 2:1 zu sichern. Österreich tat sich hingegen schwer, Triple-Felder zu finden, das macht sich in einem Halbfinale gar nicht gut. Belgien hatte das Momentum weiterhin auf seiner Seite, Beleg dafür war das High Finish, 109 (T20, 17, D16) im vierten Durchgang, somit stand es 3:1. Dann schafften die Österreicher irgendwie die Kehrtwendung des Geschehens, zwischenzeitlich war auch Rowby-John Rodriguez besser ins Spiel gekommen, bis dahin war es vor allem Mensur Suljovic gewesen, der die österreichischen Hoffnungen am Leben hielt. Mit dem 96er-Checkout im fünften Durchgang schaffte Österreich das Break und verkürzte auf 2:3. Das sechste Leg begannen die Österreicher mit dem Maximum, es war ein solides Fundament, auf das sich aufbauen ließ, daraus resultierte der Ausgleich, 3:3. Durchgang Sieben markierte den endgültigen Wendepunkt. Belgien hatte einen hervorragenden Set-up-Shot (177) präsentiert und sich 16 Punkte Rest gelassen. Dann schafften es Dimitri Van den Bergh und Kim Huybrechts nicht, mit neun Würfen(!) diese Restsumme, die nicht einmal einen höheren Schwierigkeitsgrad aufwies, zu löschen. Auch die Österreicher glänzten nicht gerade, beim Eliminieren von 40 verbliebenen Punkten. Doch letzten Endes traf Mensur Suljovic die Double-20 und sicherte den kuriosen Leggewinn, 4:3. Damit war Österreich zum ersten Mal in diesem Match in Führung gegangen, das Momentum definitiv gekippt und das Pendel schlug nun Richtung Alpenland aus. Im achten Durchgang beide Teams mit einem Maximum, den Belgiern half das wenig, Österreich checkte die 78 aus und ging 5:3 in Führung. Man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Belgien einfach nichts mehr auf die Reihe brachte. Hingegen wurde das Spiel gegenüber immer stabiler, die Beständigkeit zahlte sich aus und Österreich baute im neunten Durchgang den Vorsprung auf 6:3 aus. Rodriguez heizte das Publikum an, Van den Bergh und Huybrechts schmollten, tja, und Mensur Suljovic blieb einfach im Tunnel. Im zehnten Durchgang löschte Österreich mit der vorletzten Aufnahme 19, 25 und das Bullseye, die 94 erwies sich als optimale Vorbereitung und stellte den Restbetrag von 32 Punkten. Die Double-16 war bei der nächsten Aufnahme mit einem Dart weggewischt, damit stand auch das 7:3 fest. Man sah den Belgiern die Ratlosigkeit an, der Köcher war geleert, sie hatten nichts mehr entgegenzusetzen – wie konnten sie die Österreicher jetzt noch stoppen? Die Antwort konnte nicht lauten: Indem sie im elften Durchgang versuchen, 32 Restpunkte mit 16 und Double-16 zu löschen. No Score! Dass die Belgier hier das falsche Doppel trafen, bedeutete das endgültige Aus. 8:3 – nach fünf Leggewinnen in Folge, zogen überglückliche Österreicher ins Finale ein, Mensur Suljovic hatte mit seiner Prognose, die er bereits zum Auftakt des Turniers abgelegt hatte, und die da lautete, dass sie im Finale spielen würden, recht behalten.
Frankfurt im Party Modus
Das zweite Halbfinale bestritten England (Luke Humphries und Michael Smith) und Schottland (Peter Wright und Gary und Anderson). Es war klar, wem die Experten statistisch gesehen die formelle Favoritenrolle zugestanden, aber ebenso deutlich kristallisierte sich heraus, wer die Rolle des Publikumsfavoriten innehatte. Die Menge skandierte immer wieder: „No Scotland, No Party“. Peter Wright war entzückt und machte Gary Anderson, der gedanklich schon im Spielablauf zu sein schien, darauf aufmerksam, dass sie gerade von der Menge abgefeiert wurden. Klar, die Unterstützung tat in jedem Fall wohl!
England hatte den ersten Anwurf und präsentierte mit 20, Triple-18, Triple-18 den Set-up-Shot (128), den ein selbstsicheres Team demonstriert, das bereit ist, um den Titel zu kämpfen. Auch in der anschließenden Aufnahme offenbarte England keinerlei Mühe, um die Double-8 zu eliminieren und 1:0 in Führung zu gehen. Schottland war jedoch ebenfalls mit der Ambition angetreten, ein Wort um Sieg und Einzug ins Finale mitzureden, den zweiten Durchgang beanspruchten sie jedenfalls souverän für sich, 1:1. Im dritten Durchgang verpassten die Schotten einen Breakdart, solche einzigartigen Gelegenheiten darf man natürlich gegen einen derart hochklassigen Gegner nicht auslassen. England bestrafte das umgehend und ging 2:1 in Führung. Im vierten Durchgang lieferten Luke Humphries und Michael Smith Aufnahmen von 100 – 140 – 180 – 81, das war ein ansehnlicher 12-Darter zum Break und zum 3:1. Wright/Anderson antworteten im fünften Durchgang mit: 97 – 180 – 140 – 84, auch das summierte sich zu einem 12-Darter und vor allem war es das Re-Break, 2:3. England scherte sich nicht viel um Legverluste und landete im sechsten Durchgang einfach das nächste Re-Break, 4:2.
Zur Irritation führte ein kurzer Zwischenfall inmitten des Matches: irgendwann gab es ein kleines Scharmützel zwischen Gary Anderson und Caller Kirk Bevins. Der Schiedsrichter hatte beanstandet, dass Gary Anderson bereits während des Wurfs seines dritten Darts übers Oche gelatscht sei. Gary Anderson, der sich ungern einen Maulkorb umhängen lässt, regte sich dementsprechend auf, forderte den Video Assistant Referee und war auch im Nachgang kaum zu beruhigen.
Luke Humphries und Michael Smith war das Ganze reichlich Schnuppe, sie ließen sich nicht aus der Ruhe bringen und checkten derweil Durchgang Sieben zum 5:2 aus. Peter Wright und Gary Anderson begannen das achte Leg mit sechs perfekten Darts, ließen dem die 117 folgen und schlossen mit der 24 ab. Dieser grandiose 11-Darter bescherte den Schotten das 3:5. Das war jedoch nur ein kurzzeitiges Aufflackern aller schottischen Hoffnungen, im neunten Durchgang waren die Engländer wieder am Zuge, daraus resultierte das 6:3. Die Schotten kämpften und wollten sich noch nicht geschlagen geben. Im zehnten Leg bäumten sie sich ein weiteres Mal auf, wenn auch mit gediegener Mühe und allem Kampfgeist, letztendlich sicherten sie sich das 4:6. Die Engländer verstanden dies als Aufforderung, einen weiteren Gang nach oben zu schalten. Im elften Durchgang packten sie Aufnahmen von 84 – 180 – 140 – 97 gelöschten Punkten aus, das ergab einen weiteren 12-Darter, der ihnen zum 7:4 verhalf. Schottland in diesem Durchgang noch mit der 210 vor Augen, die Überlegenheit der Gegner war unübersehbar. Im zwölften Leg lieferte Schottland bereits seine siebte(!) 180 in diesem Halbfinale ab, bei England war es die vierte. Aber die relativ eng beieinanderliegenden Averages (England um die 96, Schottland knapp über 94) machten nicht den Unterschied, in erster Linie zählte das Timing und vor allem die Doppel-Quote. Und da war England weit vorne, zum Schluss wäre ihnen beinah noch das 128er-Finish gelungen, doch der Wurf aufs Bullseye misslang. Das tat dem Checkout keinen Abbruch, die 25 waren mit der nächsten Aufnahme Geschichte. England somit überlegener 8:4 Sieger, the Party was over!
Luke Humphries und Michael Smith ließen im Anschluss keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie bereit waren, nun auch den letzten Schritt zu gehen, aber auch Mensur Suljovic und Rowby-John Rodriguez hatten sich vorher diesbezüglich zuversichtlich gezeigt. Gleich im Anschluss das Finale: England gegen Österreich.