Was Dart-Superstar Phil Taylor von Michael Schumacher lernt
Dart-Superstar Phil Taylor im Interview mit sportschau.de
"Wie ein Elfmeter in der 90. Minute"
Von Christian Hornung
So kann der Superstar der Szene unmöglich abtreten. Bei der Dart-Weltmeisterschaft im Vorjahr war für den 15-maligen Titelträger Phil Taylor (51) schon im Viertelfinale Schluss. Das stachelt seinen ohnehin extremen Ehrgeiz noch mehr an, es vom 16. Dezember an der zumeist jüngeren Konkurrenz nochmal zu zeigen. Im sportschau.de-Interview erklärt er seinen Sport.
sportschau.de: Mr. Taylor, ist Dart überhaupt Sport?
Taylor: "Oh ja! Selbstverständlich."
Warum denn?
Taylor: "Du kämpfst gegen Gegner, manchmal über Stunden. Du musst in jeder Sekunde voll konzentriert sein. Es ist viel Psychologie dabei, auch täglich stundenlanges Training. Man muss körperlich fit sein und in höchsten Drucksituationen die Nerven behalten können - wie beim Elfmeter in der 90. Minute."
Wäre Dart auch etwas für Olympia? 2012 in London wäre doch ideal gewesen, so populär, wie das Spiel in Ihrem Land ist.
Taylor: "Das wäre wirklich überragend gewesen. Aber es müssen ja auch immer Sportarten gestrichen werden, wenn neue dazukommen, das ist das Problem. Grundsätzlich sage ich natürlich: Dart gehört zu Olympia."
Sie sprachen von Fitness. Wir wollen nicht unhöflich sein, aber viele Vertreter Ihrer Sportart haben ein paar Pfunde zu viel auf den Rippen ...
Taylor: " ...haben Sie etwa gerade mich angeschaut (lacht)? Sie haben schon recht, aber es ist nicht gesagt, dass Asketen bessere Dartspieler wären. Bei uns sind andere Dinge gefragt: die Hand-Auge-Koordination, wie gesagt eine hohe Konzentrationsfähigkeit, aber natürlich auch eine gute Kondition. Deshalb achte ich sehr auf Ernährung. Ganz besonders vor und bei Wettkämpfen, da habe ich sogar mal mit Eurem Michael Schumacher drüber gesprochen und einiges von ihm übernommen."
Was denn?
Taylor: "Es geht darum, so zu essen, dass man über Stunden das höchste Level im Kopf halten kann - und nicht plötzlich die Konzentration absackt. Wenn du anfängst, Kekse zu futtern oder sogar ein Bier zu trinken, geht es mental schnell abwärts. Aber ich werde meine Geheimnisse nicht im Detail verraten, meine Konkurrenten lesen Eure Interviews doch sicher auch."
Sie haben letztes Jahr im WM-Viertelfinale gegen Mark Webster verloren. Neben ihm sind auch der amtierende Weltmeister Adrian Lewis, James Wade oder Raymond van Barneveld stark einzuschätzen. Wer ist Ihr härtester Gegner?
Taylor: "Das bin ganz allein ich selbst."
Wie meinen Sie das?
Taylor: "Es liegt einfach an mir selbt, alles abzurufen. Okay, Adrian hat die WM gewonnen, aber der erste Titel ist einfach. Aber ab dann wollen dich alle schlagen, du musste es immer und immer wieder bestätigen. Ich habe 15 Mal gewonnen, dann geht auch ein 16. Mal. Wenn ich auf Top-Level bin, ist der Gegner egal, dann kann ich den Wettkampf so genießen, dass mir auch der ganze Lärm nichts ausmacht. Im Gegenteil, wenn es gut läuft, liebe ich die Gesänge der Massen (er singt): Es gibt nur einen Phil Taylor ..."
Beim Golf oder Tennis wird für absolute Stille gesorgt. Kann man es trainieren, gegen den Lärm resistent zu sein?
Taylor: "Ich hab einiges probiert, die Stereoanlage mit Heavy Metal aufgedreht oder den Fernseher auf volle Lautstärke. Ich hatte sogar mal einen Mentaltrainer, den habe ich nach zwei Sitzungen wieder gefeuert. Der wusste gar nicht, dass es beim Dart laut ist. Fakt ist: Sobald es nicht richtig läuft und du an deinem Spiel zweifelst, ist der Lärm die Hölle, dann zieht er dich noch mehr runter. Aber wenn es läuft, liebe ich ihn."
Wie wichtig ist das Material?
Taylor: "Ich will nirgendwo ein Prozent verschenken, deshalb beschäftige ich für meine Pfeile Forscher aus der Luft- und Raumfahrt-Technik."
Was treibt Sie an? Die Sucht nach Erfolgen? Ihre riesige Fan-Gemeinde? Das Geld?
Taylor: "Ich habe keinerlei Motivationsprobleme. Es macht mir Riesenspaß, gegen die Jungs zu kämpfen. Ich bin nie satt, auch nach 15 WM-Titeln nicht. Mein Vater hat mir beigebracht, dass es auch nach einem großen Erfolg immer weitergeht, ich blicke sofort wieder nach vorne."
Klingt, als könnten Sie Ihre vielen Siege gar nicht richtig genießen.
Taylor: "Da muss ich Ihnen leider vollkommen recht geben. Nach meinem ersten WM-Erfolg war ich sogar regelrecht traurig. Ich dachte, wie sollst du das jetzt noch toppen? Verrückt, ne? Aber so bleibe ich immer heiß."
Was war Ihr größter Sieg?
Taylor: "Das war ein kleines regionales Turnier, im Jahr 1986. Mein erster Erfolg überhaupt, die Derbyshire Open. Da gab es 500 Pfund Preisgeld, ich konnte das nicht glauben, es war so viel Geld für mich! 50-Pfund-Noten hatte ich vorher nie in der Hand gehabt."
Heute sind Sie vielfacher Millionär. Wie lange wollen Sie noch spielen?
Taylor: "Vier Jahre auf jeden Fall noch. Meine Sponsorenverträge laufen, bis ich 55 bin. Und dann mal schaun."
Wie erholen Sie sich?
Taylor: "In meinem Haus auf Teneriffa, mit meinen vier Kindern und drei Enkeln. Da kann ich auch mal einen Kaffe trinken, ohne gleich von jedem erkannt zu werden."
Haben Sie schonmal in der Kneipe mit einem Hobbyspieler um Geld gezockt?
Taylor: "Nein, das würde ich auch nie tun, das wäre ziemlich unfair. Hat sich aber auch noch keiner gefunden, der mir eine Wette anbieten wollte."
Unter den Top-50 der Welt sind keine Deutschen, immerhin sind bei der WM aber mit Jyhan Artut und Kevin Münch zwei Spieler dabei. Was fehlt den Deutschen zum großen Durchbruch?
Taylor: "Auf jeden Fall die Erfahrung und sicher auch die Sponsoren, die sie zum Karrierestart durch alle Turniere begleiten. Das Rumreisen ist sehr teuer, aber man muss dranbleiben und trainieren, spielen, trainieren, spielen. Aber ein paar gute Jungs habt Ihr, mal sehen, was sie bei der WM erreichen. Es wäre top für den Dartsport in Deutschland, wenn sie gut abschneiden. Ich drücke Euren Jungs die Daumen."
Quelle:
http://www.sportschau.de/sp/weitere/new ... erview.jsp